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Die Kameliendame - GarboForever.com

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„Weil diese Gründe doch nicht im Stande sein würden, eine<br />

nunmehr unmöglich gewordene Annäherung zwischen uns wieder<br />

herbeizuführen, und weil Ihre Entfremdung von Personen, die Ihnen<br />

nahe stehen, vielleicht die Folge davon sein würde.“<br />

„Wer sind diese Personen?“<br />

„Das kann ich Ihnen nicht sagen.“<br />

„Dann lügen Sie.“<br />

Ich sprach diese Worte mit solcher Heftigkeit, dass Margarete<br />

aufstand und auf die Tür zuging.<br />

<strong>Die</strong>sen stummen, beredten Schmerz konnte ich nicht ohne tiefes<br />

Mitleid ansehen, wenn ich in Gedanken dieses blasse, weinende<br />

Mädchen mit jener koketten Schönen verglich, die sich einst im<br />

Theater über mich lustig gemacht hatte. Einen Augenblick glaubte<br />

ich vergessen zu können, was seit meiner Abreise von Bougival<br />

vorgegangen war, und ich sagte zu Margarete, indem ich ihr in den<br />

Weg trat<br />

„Du wirst nicht fortgehen ... Ungeachtet des Kummers, den du<br />

mir bereitet hast, hebe ich dich noch. Ich lasse dich jetzt nicht mehr,<br />

wir wollen fort von hier, wir wollen Paris miteinander verlassen ...“<br />

„Nein, nein“, sagte sie, sich abwendend, „wir würden zu unglücklich<br />

sein; ich kann dich nicht mehr glücklich machen. Verknüpfe<br />

deine Zukunft nicht mehr mit der meinigen, wir beide würden<br />

nur mit zu peinlichen Erinnerungen zu kämpfen haben. Wir haben<br />

einen kurzen Wonnetraum geträumt, und das Erwachen ist nur<br />

allzu schnell gekommen ... Auch die Erinnerung wird bei mir bald<br />

vorüber sein ...“<br />

Margarete stockte, sie hatte ohne Zweifel eine Ahnung ihres nahen<br />

Todes. Sie war leichenblass, und zwei dicke Tränen perlten über<br />

ihre Wangen. Sie wandte sich ab, drückte die Hand auf die Augen<br />

und eilte mit einem in herzzerreißendem Tone gesprochenen<br />

„Lebe wohl!“, aus dem Salon.<br />

Ich starrte ihr eine Weile in einem Zustande halber Betäubung<br />

nach. Dann sprang ich auf und eilte ihr nach, aber sie war schon die<br />

Treppe hinunter, und ihr Wagen rollte davon.<br />

<strong>Die</strong> Einsamkeit, in der sie mich zurückließ, war mir schrecklich.<br />

Ich war in einem schwer zu beschreibenden Gemütszustand. Mein<br />

Selbstgefühl kämpfte mit meiner eben erwachten Liebe. In der<br />

Nacht schloss ich kein Auge.<br />

Am folgenden Morgen um zehn Uhr eilte ich zu Margarete.<br />

„<strong>Die</strong> gnädige Frau ist um sechs Uhr nach England abgereist“,<br />

antwortete mir der Hausmeister.<br />

Nun fesselte mich nichts mehr an Paris, weder Hass noch liebe.<br />

Ich war durch alle diese Erschütterungen erschöpft. Einer meiner<br />

Freunde war im Begriff, eine Reise nach dem Orient anzutreten. Ich<br />

ging sofort nach C*** und gab meinem Vater den Wunsch zu erkennen,<br />

die Reise mitzumachen. Mein Vater willigte sogleich ein,<br />

er gab mir Wechsel und Empfehlungsschreiben, und acht oder zehn<br />

Tage später schiffte ich mich in Marseille ein.<br />

In Alexandrien erfuhr ich durch einen Gesandtschafts-Attaché,<br />

den ich zuweilen bei Margarete gesehen hatte, von der Krankheit<br />

des armen Mädchens.<br />

Ich schrieb ihr sodann den Brief <strong>Die</strong> Antwort, die Ihnen bekannt<br />

ist, erhielt ich in Toulon.<br />

Ich reiste sogleich ab, das Übrige wissen Sie.<br />

Jetzt haben Sie nur noch die Blätter zu lesen, die mir Julie<br />

Duprat übergeben hat und die eine notwendige Ergänzung meiner<br />

Erzählung sind.

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