Die Kameliendame - GarboForever.com
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zu leben. Ich liebte in dir nicht sowohl etwas, was schon da war, als<br />
vielmehr etwas, was ich noch erwartetet. Du nimmst diese Rolle<br />
nicht an, du weisest sie als deiner unwürdig zurück, du bist ein ganz<br />
gewöhnlicher Bewunderer meiner Reize. Mache es wie die anderen,<br />
finde dich mit mir ab, und reden wir nicht mehr davon.“<br />
Margarete, durch dieses lange Bekenntnis erschöpft, lehnte sich<br />
im Sofa zurück und drückte ihr Taschentuch auf den Mund, um einen<br />
leichten Hustenanfall zu ersticken.<br />
„Verzeih mir“, stammelte ich; „ich habe das alles eingesehen,<br />
aber ich wollte es von dir selbst hören, meine geliebte Margarete.<br />
Vergessen wir das Vergangene und erinnern wir uns nur, dass wir<br />
füreinander geschaffen sind und das wir uns heben ... Margarete“,<br />
fuhr ich fort, indem ich sie in meine Arme schloss, „mache mit mir,<br />
was du willst, ich bin dein Sklave; aber um des Himmels willen zerreiße<br />
meinen Brief und lass mich morgen nicht abreisen; es würde<br />
mir das Leben kosten.“<br />
Margarete zog meinen Brief aus dem Busen, gab ihn mir und<br />
sagte mit unaussprechlich zauberischem Lächeln: „Ich habe ihn<br />
schon mitgebracht.“<br />
Ich zerriss den Brief und bedeckte Margaretens Hände mit glühenden<br />
Küssen.<br />
In diesem Augenblick trat Prudence ein.<br />
„Wissen Sie wohl, Prudence, was er von mit verlangt?“, fragte<br />
Margarete.<br />
„Dass Sie ihm verzeihen sollen.“<br />
„Ganz richtig.“<br />
„Sie verzeihen ihm?“<br />
„Ich muss wohl; aber er verlangt noch etwas anderes ...“<br />
„Was denn?“<br />
„Er will mit uns soupieren.“<br />
„Und Sie willigen ein?“<br />
„Was sagen Sie dazu?“<br />
„Ich sage, dass ihr zwei Kinder seid, denen das Herz mit dem<br />
Kopf davonläuft; aber ich sage auch, dass ich großen Hunger habe<br />
und mich daher seiner Bitte anschließe.“<br />
„Gut, gut, ich gewähre sie“, sagte Margarete. „Wir drei haben in<br />
meinem Wagen Platz ... Hier nimm meinen Schlüssel“, setzte sie,<br />
sich zu mir wendend, hinzu. „Nanine wird schon schlafen, du öffnest<br />
die Tür und ... wirst in Zukunft trachten, den Schlüssel nicht<br />
mehr zu verlieren.“<br />
Ich küsste Margarete zum Ersticken.<br />
In diesem Augenblick trat Josef ein.<br />
„Gnädiger Herr“, sagte er mit selbstgefälliger Miene, „die Reisekoffer<br />
sind gepackt.“<br />
„Schon vollständig gepackt?"<br />
„Ja, es ist alles bereit.“<br />
„Nun, so packe nur wieder aus! Ich reise nicht.“