Die Kameliendame - GarboForever.com
Die Kameliendame - GarboForever.com
Die Kameliendame - GarboForever.com
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Was sagen Sie, lieber Vater?“, rief ich voll Freuden.<br />
„Ich sage, lieber junge, dass man in deinem Alter immer eine<br />
Geliebte zu haben pflegt und dass es mir nach den neuen Erkundigungen,<br />
die ich eingezogen, lieber ist, wenn Fräulein Gautier deine<br />
Geliebte bleibt, als wenn du dir eine andere wählst. Man hat mir<br />
versichert, dass sie mehr Herz und Gefühl besitzt, als man sonst bei<br />
Mädchen dieser Art findet.“<br />
„Lieber, guter Vater! Wie glücklich machen Sie mich!“, rief ich<br />
aus.<br />
Wir sprachen noch eine Weile, dann setzten wir uns zu Tisch.<br />
Mein Vater war die Güte und Freundlichkeit selbst.<br />
Ich sehnte mich nach Bougival zurück, um Margarete von seiner<br />
veränderten Stimmung zu erzählen. Mein Vater bemerkte, dass ich<br />
die Pendüle fast beständig im Auge hatte. „Du siehst nach der Uhr“,<br />
sagte er zu mir; „die Zeit dauert dir zu lange bei mir. O ihr jungen<br />
Leute, ihr seid immer breit, aufrichtige Zuneigung einem zweifelhaften<br />
Gefühle zu opfern!“<br />
„Sagen Sie das nicht, Vater! Margarete liebt mich ebenfalls aufrichtig,<br />
das weiß ich gewiss.“<br />
Mein Vater gab keine Antwort; er schien weder zu zweifeln noch<br />
zu glauben.<br />
Er wollte durchaus, dass ich den ganzen Abend bei ihm bleiben<br />
und erst am folgenden Tage nach Bougival zurückfahren sollte. Aber<br />
ich erzählte ihm, dass Margarete beim Abschied leidend gewesen<br />
sei, und bat ihn um Erlaubnis, frühzeitig wieder abzureisen. Ich<br />
versprach ihm, am folgenden Tage wiederzukommen.<br />
Das Wetter war schön; er erbot sich, mich bis zum Bahnhof zu<br />
begleiten. Noch nie war ich so glücklich gewesen wie an jenem Abend.<br />
<strong>Die</strong> Zukunft schien mir, so wie ich sie seit langer Zeit zu sehen<br />
gewünscht hatte, und ich liebte meinen Vater, wie ich ihn noch<br />
nie geliebt hatte.<br />
In dem Augenblick, wo ich in den Wagen steigen wollte, suchte<br />
er mich noch einmal zum Bleiben zu überreden. Ich schlug es ihm<br />
ab.<br />
„Du liebst sie also wirklich?“, fragte er.<br />
„Zum Rasendwerden“, erwiderte ich.<br />
„Nun, so geh.“<br />
Und er strich mit der Hand über die Stirn, als ob er einen Gedanken<br />
verscheuchen wollte. Dann schien er mir noch etwas sagen zu<br />
wollen, aber er drückte mir die Hand, wandte sich schnell ab und<br />
rief mir zu:<br />
„Auf morgen also!“