Die Kameliendame - GarboForever.com
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mern Sie sich nicht. Ich finde es in der Tat spaßhaft, dass Sie den<br />
Empfindlichen spielen. Sie haben das schönste Mädchen von Paris<br />
zur Geliebten, Sie werden in fürstlichen Prunkgemächern empfangen,<br />
ohne dass Ihnen alle diese Herrlichkeit einen Sou kostet ... und<br />
Sie sind nicht zufrieden. Zum Teufel! Nehmen Sie doch Vernunft<br />
an.“<br />
„Sie haben Recht“, erwiderte ich, „aber ich kann nicht anders;<br />
der Gedanke, dass dieser Mann Margaretens Geliebter ist, macht<br />
mir schreckliche Qual.“<br />
„Wer sagt Ihnen denn, dass er noch ihr Geliebter ist?“, versetzte<br />
Prudence. „Er ist ein Mann, auf den sie Rücksichten zu nehmen hat.<br />
Seit zwei Tagen hat sie ihn nicht vorgelassen. <strong>Die</strong>sen Morgen ist er<br />
gekommen, sie hat nicht umhin können, die Loge, die er ihr brachte,<br />
anzunehmen und sich von ihm begleiten zu lassen. Er begleitet sie<br />
nach Hause und wird sich bald wieder entfernen, denn Sie warten ja<br />
hier. <strong>Die</strong>s alles scheint mir sehr natürlich. Übrigens lassen Sie sich<br />
doch die Besuche des Herzogs gefallen ...“<br />
„Ja, der Herzog ist ein alter Mann und ich bin überzeugt, dass<br />
Margarete nicht seine Geliebte ist. Man kann sich auch ein Verhältnis<br />
gefallen lassen, ohne dass daraus folgt, dass man zwei Verhältnisse<br />
beziehen lassen müsse. <strong>Die</strong>se Nachsicht gleicht zu sehr einer<br />
Berechnung und bringt den Mann, der selbst aus liebe darein willigt,<br />
in eine Klasse mit denen, die aus dieser Nachsicht ein Gewerbe<br />
machen und aus diesem Gewerbe Nutzen zu ziehen suchen.“<br />
„O wie weit sind Sie zurück, lieber Freund!“, rief Prudence. „<strong>Die</strong><br />
vornehmsten, elegantesten, reichsten Männer tun aus freien Stücken<br />
ohne Scham und ohne Reue, was ich Ihnen rate! So etwas kommt<br />
täglich vor. Wie könnten sonst auch die Femmes entretenues in Paris<br />
einen solchen Aufwand treiben, wenn sie nicht drei oder vier<br />
Verehrer auf einmal hätten? Kein Einkommen, wie beträchtlich es<br />
auch sei, kann die Ausgaben einer Modedame wie Margarete allein<br />
bestreiten. Eine Rente von fünfhunderttausend Frank ist bedeutend<br />
in Frankreich, aber selbst eine solche Rente würde nicht ausreichen.<br />
Wer nämlich ein solches Einkommen besitzt, macht ein großes<br />
Haus, hält Pferde, Wagen, zahlreiche <strong>Die</strong>nerschaft, gibt Bälle und<br />
Diners, macht Wettrennen und Jagden mit; gewöhnlich ist er verhei-<br />
ratet, hat Kinder, verliert große Summen im Spiel, geht auf Reisen,<br />
was weiß ich? <strong>Die</strong>ses Leben ist dergestalt mit seiner ganzen Existenz<br />
verknüpft, dass er es nicht aufgeben kann, ohne für ruiniert<br />
gehalten zu werden und ohne öffentliches Ärgernis zu geben. Es ist<br />
sehr viel, wenn er jährlich vierzig- bis fünfzigtausend Frank geben<br />
kann. Das Fehlende muss daher durch andere Verehrer ersetzt werden.<br />
Margarete ist noch besser daran; sie ist durch ein Wunder des<br />
Himmels mit einem sehr reichen alten Kavalier bekannt geworden,<br />
dessen Frau und Tochter tot sind, der nur Neffen hat, die selbst<br />
reich sind, und der ihr alles gibt, was sie wünscht, ohne etwas dafür<br />
zu verlangen; aber sie kann nicht mehr als sechzig- bis siebzigtausend<br />
Frank jährlich von ihm fordern, und wie groß auch sein Vermögen<br />
und seine Zuneigung zu ihr ist, so würde er es ihr gewiss abschlagen,<br />
wenn sie größere Summen beanspruchte.<br />
Alle die jungen Leute, die in Paris mit zwanzig- bis dreißigtausend<br />
Frank leben und sich in dem Kreise, in dem sie sich bewegen,<br />
sehr einschränken müssen, wissen sehr gut, dass gefeierte Schönheiten,<br />
wie Margarete, die N*** oder die D***, für Wohnung und<br />
<strong>Die</strong>nerschaft mehr bedürfen, als sie ihnen geben können. Sie sagen<br />
nicht, dass sie es wissen, sie geben sich das Ansehen, als ob sie<br />
nichts bemerken, und wenn sie eines solchen Verhältnisses überdrüssig<br />
sind, so ziehen sie sich zurück. Wenn sie so eitel sind, alles<br />
bestreiten zu wollen, so richten sie sich zu Grunde, lassen hunderttausend<br />
Frank Schulden in Paris zurück und können sich dann in<br />
Afrika totschießen. Glauben Sie etwa, die Schöne werde es Ihnen<br />
Dank wissen? Nicht im Mindesten. Im Gegenteil, sie behauptet<br />
noch, sie habe Ihnen ihre Stellung geopfert und mit Ihnen die Zeit<br />
vertrödelt.<br />
Sie finden diese Verhältnisse schmachvoll, nicht wahr? Aber sie<br />
kommen sehr oft vor. Sie sind ein liebenswürdiger junger Mann,<br />
und ich bin Ihnen von Herzen gut; ich lebe seit zwanzig Jahren unter<br />
den gefeiertsten Modemädchen, ich weiß, was sie sind und was<br />
sie wert sind, und es würde mir leid tun, wenn Sie die Kaprice, die<br />
ein hübsches Mädchen für Sie hat, ernst nehmen wollten.“<br />
„Angenommen aber auch“, fuhr Prudence fort, „Margarete hebe<br />
Sie wirklich zärtlich genug, um auf den Grafen und den Herzog zu