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Die Kameliendame - GarboForever.com

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len? Bedenke das, Armand, und verschone mich mit solch einfältigem<br />

Geschwätz! Du wirst von dem Mädchen lassen, dein Vater bittet<br />

dich inständig darum.“<br />

Ich antwortete nichts.<br />

„Armand“, fuhr mein Vater fort, „im Namen deiner ehrwürdigen<br />

Mutter, verzichte auf dieses Leben, das du schneller vergessen<br />

wirst, als du glaubst, und an das dich eine unselige Verblendung<br />

fesselt. Du bist vierundzwanzig Jahre alt, denke an die Zukunft!<br />

Noch einen Schritt weiter, und du kannst den betretenen Weg nicht<br />

mehr verlassen und wirst dein Leben lang nur mit Reue an deine<br />

Jugend zurückdenken. Reise mit mir ab, bleibe ein paar Monate bei<br />

deiner Schwester! In unserm stillen, traulichen Familienkreise wirst<br />

du deinem Fieber bald genesen. Unterdessen wird sich deine Geliebte<br />

trösten, sie wird einen anderen Geliebten annehmen, und<br />

wenn du einst siehst, um wessen willen du die Zuneigung deines<br />

Vaters beinahe verscherzt hättest, so wirst du gestehen, dass ich<br />

wohl getan habe, dich abzuholen, und du wirst mir dafür danken.<br />

Nicht wahr, Armand, du gehst mit mir?“<br />

Ich sah ein, dass die Worte meines Vaters auf das ganze weibliche<br />

Geschlecht passten, aber ich war überzeugt, dass er in Bezug<br />

auf Margarete Unrecht hatte. Doch er sprach die letzten Worte in<br />

einem so sanften, bittenden Tone, dass ich keine Antwort wagte.<br />

„Nun? ...“, fragte er mit bewegter Stimme.<br />

„Ich kann Ihnen nichts versprechen, Vater“, antwortete ich endlich;<br />

„was Sie von nur verlangen, übersteigt meine Kräfte. Glauben<br />

Sie mir“, fuhr ich fort, als ich seine Ungeduld bemerkte, „Sie sehen<br />

die Folgen dieses Verhältnisses in einem zu trüben Lichte. Margarete<br />

entspricht keineswegs dem Begriffe, den Sie sich von ihr machen.<br />

<strong>Die</strong>se Lebe, weit entfernt, mich auf Abwege zu führen, ist im Gegenteil<br />

fähig, die edelsten Gefühle in mir zu wecken. <strong>Die</strong> liebe hat<br />

immer einen veredelnden Einfluss, von welchem Weibe sie auch<br />

eingeflößt werden mag. Wenn Ihnen Margarete persönlich bekannt<br />

wäre, so würden Sie einsehen, dass mein Verhältnis zu ihr nicht die<br />

mindeste Gefahr bietet. Sie steht den edelsten Frauen an Edelmut<br />

nicht nach; sie ist so uneigennützig, wie andere habsüchtig sind.“<br />

„Trägt aber kein Bedenken, dein ganzes Vermögen anzunehmen,<br />

denn du musst nicht vergessen, dass die von deiner Mutter herkommenden<br />

sechzigtausend Frank, die du ihr abtreten willst, dein<br />

ganzes Vermögen ausmachen.“<br />

<strong>Die</strong>se Schlussrede und die damit verbundene Drohung hatte mein<br />

Vater wahrscheinlich aufgespart, um mir noch einen empfindlichen<br />

Streich zu versetzen.<br />

Vor seinen Drohungen hielt ich tapferer stand als vor seinen Bitten.<br />

„Wer hat Ihnen gesagt, dass ich ihr diese Summe abtreten will?“,<br />

fragte ich.<br />

„Mein Notar. Glaubst du denn, ein ehrlicher Mann wurde die<br />

Urkunde, die du von ihm verlangst, ausgefertigt haben, ohne mich<br />

davon in Kenntnis zu setzen? Du sollst dich zu Gunsten eines Mädchens<br />

nicht ruinieren, und um dich daran zu hindern, bin ich nach<br />

Paris gekommen. Deine Mutter hat dir diese Rente vermacht, um<br />

die beruhigende Überzeugung mit uns Grab zu nehmen, dass du anständig<br />

leben kannst, und nicht, um dich in den Stand zu setzen, gegen<br />

deine Mätresse freigebig zu sein.“<br />

„Ich schwöre Ihnen, Vater, dass Margarete von dieser Schenkung<br />

nichts weiß.“<br />

„Warum machtest du denn die Schenkung?“<br />

„Weil Margarete, die von Ihnen verschmäht wird und die ich<br />

verlassen soll, mir ihre ganze Habe opfert, um bei mir zu leben.“<br />

„Und du nimmst dieses Opfer an? Du gibst zu, dass eine feile<br />

Dirne dir etwas opfert? ... Doch genug hiervon. Du wirst von dem<br />

Mädchen lassen. Soeben habe ich dich darum gebeten, jetzt befehle<br />

ich es dir. Ich will meine Familie nicht auf solche Art besudeln lassen.<br />

Packe deine Sachen ein und rüste dich zur Abreise!“<br />

„Verzeihen Sie mir, Vater“, erwiderte ich, „aber ich werde nicht<br />

abreisen.“<br />

„Warum nicht?“<br />

„Weil ich schon das Alter erreicht habe, in dem man nicht einfach<br />

jedem Befehl gehorcht.“<br />

Mein Vater erblasste bei dieser Antwort.

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