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Die Kameliendame - GarboForever.com

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einziger Wunsch ist deine Liebe, und du wirst mich auch ohne Pferde<br />

und Wagen, ohne Kaschmirschals und Diamanten ebenso zärtlich<br />

heben.“<br />

<strong>Die</strong>s alles sagte sie in einem so natürlichen Tone, dass mir die<br />

Tränen in die Augen traten, als ich sie anhörte.<br />

„Aber, teuerste Margarete“, antwortete ich, indem ich ihr zärtlich<br />

die Hände drückte, „du wusstest wohl, dass ich dieses Opfer früher<br />

oder später erfahren und nicht zugeben würde.“<br />

„Warum nicht?“<br />

„Weil ich nicht will, dass dich deine Lebe zu mir auch nur eines<br />

Juwels beraube. Auch ich will nicht, dass du in einem Augenblicke<br />

der Verlegenheit oder des Überdrusses dem Gedanken Raum gibst,<br />

in einem anderen Verhältnisse würdest du glücklicher sein, und dass<br />

du auch nur eine Minute deine Liebe zu mir bereust. In einigen Tagen<br />

wirst du deine Pferde, deine Diamanten und Kaschmirschals<br />

zurückerhalten. Sie sind dir so unentbehrlich wie die Lebenslust. Es<br />

ist vielleicht lächerlich, aber ich liebe dich mehr, wenn du von Luxus<br />

umgeben, als wenn du in einfachen Verhältnissen lebst.“<br />

„Du liebst mich als nicht mehr?“<br />

„Närrin!“<br />

„Wenn du mich liebtest, so würdest du mir erlauben, dich nach<br />

meiner Weise zu heben; aber du willst in mir immer nur noch eine<br />

Fille entretenue sehen, für die solcher Aufwand ein Bedürfnis geworden<br />

ist und deren Liebkosungen du noch immer bezahlen zu<br />

müssen glaubst. Du schämst dich, Beweise meiner Liebe anzunehmen.<br />

Du gibst dich unwillkürlich dem Gedanken hin, dass du mich<br />

einst verlassen wirst, und willst dein Zartgefühl vor dem Argwohn<br />

sichern. Du hast Recht, lieber Armand, aber ich hatte es nicht<br />

erwartet.“<br />

Margarete wollte aufstehen; ich hielt sie zurück und sagte zu ihr:<br />

„Ich will dich glücklich sehen und du sollst mir nichts vorzuwerfen<br />

haben.“<br />

„Wie leicht vergisst man doch die Vergangenheit, wenn man seine<br />

Hoffnung auf die Zukunft setzt“, erwiderte Margarete. „Ich hatte<br />

mich der Hoffnung hingegeben, du werdest in mir kein gewöhnliches<br />

Mädchen erblicken, so wie ich in dir keinen anderen ähnlichen<br />

Verehrer zu erkennen glaubte. Ich sagte zu mir selbst: Er wird sich<br />

überzeugen, dass ich ihn liebe, wie ein braves Mädchen ihn lieben<br />

würde, und er wird gegen mich keine abgeschmackte Eigenliebe an<br />

den Tag legen. Ich habe nicht lange zu leben und werde ihm das<br />

Glück meiner letzten Lebensjahre verdanken. In dir fand ich die<br />

Sühne meiner Vergangenheit, die Ruhe nach meinen früheren Lebensstürmen,<br />

und heute bemerke ich, dass sich meine schönen<br />

Träume nie verwirklichen werden.“<br />

„Warum nicht, Margarete? Wer kann uns trennen?“, rief ich.<br />

„Du selbst, denn du willst mir nicht erlauben, deine Stellung zu<br />

begreifen und besitzest die Eitelkeit, mir meine Stellung sichern zu<br />

wollen. Du selbst, denn du willst mit dem Luxus, der mich früher<br />

umgeben, zugleich die zwischen uns liegende moralische Entfernung<br />

beibehalten. Du selbst, denn du hältst meine Zuneigung nicht<br />

für uneigennützig genug, um mit mir das Vermögen, das du besitzest,<br />

zu teilen. Mit diesem Vermögen könnten wir glücklich sein,<br />

aber du willst dich lieber zum Bettler machen, um einem lächerlichen<br />

Vorurteil zu huldigen. Glaubst du denn, dass ich Kutsche und<br />

Juwelen mit deiner liebe vergleiche? Glaubst du, das Glück bestehe<br />

für mich in dem eitlen Prunk, mit dem man sich begnügt, wenn man<br />

nicht hebt, der aber sehr unbedeutend wird, wenn man liebt? Du<br />

wirst meine Schulden bezahlen, dein Vermögen opfern und für<br />

meine Bedürfnisse sorgen! Wie lange wird das alles dauern? Zwei<br />

bis drei Monate, und dann wird es zu spät sein, um das Leben, das<br />

ich dir vorschlage, zu beginnen. Du würdest dann um meinetwillen<br />

jede Bedingung eingehen, und das kann ein Mann von Ehre nicht<br />

tun. Jetzt hingegen hast du acht bis zehntausend Frank Renten, mit<br />

denen wir ruhig und glücklich leben können. Ich werde das Überflüssige<br />

an meiner Habe verkaufen, und mit dem Erlös kann ich mir<br />

eine jährliche Rente von zweitausend Frank verschaffen. Wir mieten<br />

dann eine gemeinschaftliche kleine Wohnung. Den Sommer<br />

bringen wir auf dem Lande zu, aber nicht in einem Hause wie dieses,<br />

sondern in einem Häuschen, das für zwei Personen hinlänglich<br />

Platz bietet. Du bist unabhängig, ich bin frei, wir beide sind jung:<br />

um des Himmels willen, Armand, wirf mich nicht wieder in das Leben<br />

zurück, das ich vormals zu führen gezwungen war!“

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