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Die Kameliendame - GarboForever.com

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werde mehr bedürfen, als ich hatte, so nahm ich in Paris eine gleiche<br />

Summe auf, wie die früher geborgte, die ich sehr pünktlich zurückgezahlt<br />

hatte.<br />

Ich befand mich daher wieder im Besitze von zehntausend Frank,<br />

ohne meinen jährlichen Zuschuss zu rechnen.<br />

Das Vergnügen, das Margarete an der Bewirtung ihrer Freundinnen<br />

fand, verschwand jedoch vor den Ausgaben, die dieses Vergnügen<br />

verursachte, und besonders vor der Notwendigkeit, mich zuweilen<br />

um Geld anzusprechen oder vielmehr ansprechen zu lassen. Der<br />

Herzog, der dieses Haus gemietet hatte, um Margarete Ruhe und<br />

Erholung zu verschaffen, erschien nicht mehr. Er fürchtete immer,<br />

eine zahlreiche lustige Gesellschaft, von der er nicht gesehen werden<br />

wollte, anzutreffen. <strong>Die</strong> Ursache dieser Zurückhaltung war folgende.<br />

Er war eines Tages gekommen, um mit Margarete allein zu<br />

speisen, und zu der Stunde, wo er sich zum Diner zu setzen gedachte,<br />

hatte er fünfzehn Personen beim Frühstück gefunden, das schon<br />

fünf Stunden gedauert hatte und noch nicht beendet war. Als er, ohne<br />

etwas zu ahnen, die Tür des Speisezimmers geöffnet hatte, war<br />

er durch ein allgemeines Gelächter empfangen worden, und er hatte<br />

vor der unziemlichen Lustigkeit der Gäste schnell die Tür wieder<br />

geschlossen.<br />

Margarete war vom Tische aufgestanden. Sie hatte den Herzog in<br />

dem Nebenzimmer eingeholt und sich alle Mühe gegeben, den alten<br />

Kavalier zu beschwichtigen. <strong>Die</strong>ser aber, in seiner Eigenliebe verletzt,<br />

hatte dem armen Mädchen mit einiger Härte vorgeworfen,<br />

dass sie ihm nicht einmal in ihrer Wohnung Achtung beschaffen<br />

könne, und hatte ihr geradezu erklärt, dass er es müde sei, ihre Torheiten<br />

zu bezahlen. Darauf hatte er sich sehr zornig entfernt.<br />

Seit jenem Tage hatte man nichts mehr von ihm gehört. Margarete<br />

mochte immerhin ihren bisherigen Gästen die Tür verschließen<br />

und ihre Lebensweise ändern: Der Herzog schien keine neue Annäherung<br />

zu beabsichtigen. Ich hatte dabei den Vorteil, dass mir meine<br />

Geliebte nun ganz angehörte und dass mein Traum sich endlich<br />

verwirklichte. Margarete konnte nicht mehr ohne mich leben. Ohne<br />

sich um die Folgen zu kümmern, sprach sie ganz frei und offen von<br />

unserem Verhältnis. Wir waren einander oft unentbehrlich gewor-<br />

den, dass ich ihr Haus nicht mehr verließ. <strong>Die</strong> <strong>Die</strong>ner betrachteten<br />

mich als ihren wirklichen Herrn.<br />

Prudence hatte Margarete allerdings Vorstellungen gemacht. Aber<br />

diese hatte ihrer Ratgeberin geantwortet, sie hebe mich, es sei<br />

ihr unmöglich, sich von mir zu trennen, und sie werde unter keine<br />

Bedingung auf das Glück verzichten, beständig bei mir zu sein. Sie<br />

hatte mit einer sehr merklichen Beziehung hinzugesetzt, wer dies<br />

nicht billige, möge immerhin seine Besuche einstellen.<br />

<strong>Die</strong>s hatte ich eines Tages gehört, als Prudence mit der Nachricht<br />

gekommen war, dass sie Margarete etwas sehr Wichtiges mitzuteilen<br />

hätte, und ich an der Tür des Zimmers, in dem sich beide befanden,<br />

gehorcht hatte.<br />

Einige Zeit nachher kam Prudence wieder. Ich war im Garten, als<br />

sie ankam, und sie sah mich nicht. Aus der Befangenheit, mit welcher<br />

Margarete sie empfing, schloss ich, dass wieder eine ähnliche<br />

Unterredung wie die von mir behorchte stattfinden werde.<br />

Der Wunsch, alles zu wissen, was meine Geliebte anging, trieb<br />

mich zu dem Entschlusse, das Gespräch wieder zu belauschen.<br />

<strong>Die</strong> beiden Freundinnen begaben sich in ein Boudoir, an dessen<br />

Tür ich mich auf die Lauer stellte.<br />

„Nun, wie ist’s?“, fragte Margarete.<br />

„Ich habe den Herzog gesehen.“<br />

„Was hat er gesagt?“<br />

„<strong>Die</strong> erste Szene“, sagte er, „wolle er Ihnen gern verzeihen, aber<br />

er habe erfahren, dass Sie ganz frei und offen mit einem jungen<br />

Manne namens Armand Duval lebten, und das könne er Ihnen nicht<br />

vergeben. Margarete möge sich von ihm lossagen, setzte er hinzu,<br />

und wie früher werde ich ihr alles geben, was sie verlangt; wenn<br />

nicht, so hat sie durchaus nichts mehr von mir zu erwarten.“<br />

„Was haben Sie darauf geantwortet?“<br />

„Dass ich Ihnen seine Antwort mitteilen würde, und ich habe<br />

ihm versprochen, Ihnen vernünftige Vorstellungen zu machen. Bedenken<br />

sie wohl die Stellung, die Sie verlieren und die Ihnen Armand<br />

nie wieder geben kann. Er liebt Sie so innig, wie nur ein<br />

Mann lieben kann, aber er hat nicht Vermögen genug, um alle Ihre<br />

Bedürfnisse zu befriedigen und früher oder später müssen Sie ihn

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