Die Kameliendame - GarboForever.com
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„Es ist wahr“, sagte er aufstehend und mit starken Schritten im<br />
Zimmer auf und ab gehend, „ich langweile Sie. Entschuldigen Sie<br />
mich, ich habe nicht bedacht, dass Ihnen an meinem Schmerze nur<br />
wenig hegen kann und dass ich Sie schon lange mit einer Angelegenheit<br />
beschäftige, die gar kein Interesse für Sie haben kann.“<br />
„Sie missdeuten den Sinn meiner Worte“, erwiderte ich; „ich<br />
stehe Ihnen ganz zu <strong>Die</strong>nsten und bedaure nur, dass ich nicht im<br />
Stande bin, Ihren Kummer zu mildern. Wenn der Umgang teilnehmender<br />
Freunde, unter die Sie auch mich zählen dürfen, Sie zu zerstreuen<br />
vermag und wenn ich Ihnen in irgendetwas nützlich sein<br />
kann, so kann ich Sie im Voraus meiner wärmsten Zuneigung und<br />
größten Bereitwilligkeit versichern.“<br />
„Verzeihen Sie mir“, sagte er, „der Schmerz steigert die Empfindlichkeit.<br />
Lassen Sie mich noch einige Minuten bleiben, damit<br />
die neugierigen Schwätzer mich nicht angaffen. Sie haben mir<br />
durch die Zurückgabe dieses Buches eine große Freude gemacht;<br />
ich weiß in der Tat nicht, wie ich meine Schuld abtragen soll.“<br />
„Dadurch, dass Sie mir etwas von Ihrer Freundin schenken“,<br />
erwiderte ich, „und dass Sie mir die Ursache Ihres Schmerzes<br />
sagen. Es ist ein Trost, wenn man seinen Kummer mitteilt.“<br />
„Sie haben Recht; aber heute besitze ich noch nicht Fassung genug,<br />
ich würde Ihnen nur Worte ohne Zusammenhang sagen. Ein<br />
andermal werde ich Ihnen alles erzählen, und Sie werden sehen, ob<br />
ich Ursache habe, das arme Mädchen zu bedauern ... Und nun“,<br />
setzte er hinzu, indem er sich noch einmal die Augen trocknete und<br />
vor den Spiegel trat, „sagen Sie mir, dass Sie mich nicht zu abgeschmackt<br />
finden, und erlauben Sie mir, wieder zu kommen.“<br />
Armand hatte mich in dieser ersten Unterredung so sehr für sich<br />
eingenommen, dass ich ihn hätte küssen mögen. Es schien mir, als<br />
ob ich ihn wie einen Bruder liebte.<br />
Er fing an, wieder weich zu werden. Er sah, dass ich es bemerkte,<br />
und wendete sich ab.<br />
„Mut, Mut!“, rief ich ihm zu.<br />
„Leben Sie wohl!“, sagte er, mir die Hand reichend.<br />
Er unterdrückte seine Tränen und eilte zum Zimmer hinaus.<br />
Ich hob den Fenstervorhang auf und sah ihn in den vor dem Hause<br />
haltenden Wagen steigen; aber kaum saß er darin, so drückte er<br />
das Taschentuch auf das Gesicht.