Die Kameliendame - GarboForever.com
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nen. Wir gewähren dem einen, was wir dem anderen versagen.<br />
Manche opfern ihr ganzes Vermögen, ohne etwas von uns zu erlangen;<br />
andere hingegen gewinnen uns mit einem Blumenstrauß. Unser<br />
Herz hat keine andere Zerstreuung und keine andere Entschuldigung<br />
als seine Launen. Du hast mich schneller für dich gewonnen,<br />
als dies je einem Manne gelungen ist, das schwöre ich dir. Warum?<br />
Weil du Mitleid mit mir hattest und teilnehmend meine Hand ergriffst,<br />
als ich Blut hustete, weil du das einzige menschliche Wesen<br />
warst, das mich bedauerte. Ich will dir etwas Albernes sagen, aber<br />
es ist vollkommen wahr. Ich hatte einen kleinen Hund, der mich<br />
immer ganz traurig ansah, wenn ich hustete, es war das einzige Geschöpf,<br />
das ich heb hatte. Als er starb, weinte ich mehr als bei dem<br />
Tode meiner Mutter. Sie hatte mich freilich zwölf Jahre lang geschlagen<br />
...<br />
Wenn die Männer wüssten, was sich mit einer Träne, mit einem<br />
teilnehmenden Blick erlangen lässt, so würden sie mehr gebebt<br />
werden, und wir würden nicht so verschwenderisch sein.<br />
Dein Brief hat deine Sache schlecht geführt; er hat dir von meiner<br />
Liebe mehr entzogen als alles, was du hättest tun können. Es<br />
war freilich Eifersucht, aber spöttische, verletzende Eifersucht. Ich<br />
war schon traurig gestimmt, als ich ihn erhielt: Ich hoffte dich um<br />
Mittag zu sehen, mit dir zu frühstücken und in deiner Gesellschaft<br />
einen mich beständigen verfolgenden Gedanken zu verscheuchen -<br />
einen Gedanken, dem ich früher, bevor ich dich kannte, ohne Bedenken<br />
nachhing.<br />
Außerdem“, fuhr Margarete fort, „warst du die einzige Person,<br />
vor der ich frei denken und reden zu können glaubte. Jeder, der sich<br />
uns nähert, hat ein Interesse, dem Sinn unserer geringsten Worte<br />
nachzuspüren, aus unseren unbedeutendsten Handlungen einen<br />
Schluss zu ziehen. Wir haben natürlich keine Freunde. Wir haben<br />
selbstsüchtige Anbeter, die ihr Vermögen nicht für uns, sondern für<br />
ihre Eitelkeit vergeuden.<br />
In die Launen dieser Leute müssen wir uns unbedingt fügen; wir<br />
müssen heiter sein, wenn sie zum Scherzen aufgelegt sind, und Appetit<br />
haben, wenn sie soupieren wollen. Ein Herz dürfen wir nicht<br />
haben, bei Strafe der Verhöhnung und des Verlustes unseres ganzen<br />
Ansehens.<br />
Wir gehören uns selbst nicht mehr an. Wir sind keine Wesen<br />
mehr, sondern Sachen. Wir sind die Ersten in ihrer Eigenliebe, die<br />
Letzten in ihrer Achtung. Wir haben Freundinnen, aber es sind<br />
Freundinnen wie Prudence, vormalige Femmes entretenues, deren<br />
Schönheit ihnen nicht mehr die Mittel zur Befriedigung ihrer kostspieligen<br />
Gefühle bietet. Sie werden dann unsere Freundinnen, aber<br />
vielmehr unsere Tischgenossinnen. Ihre Gemeinschaft geht bis zur<br />
Untertänigkeit, nie bis zur Uneigennützigkeit. Sie geben uns nie einen<br />
anderen Rat, als einen Gewinn bringenden. Es kümmert sie<br />
nicht, ob wir zehn Verehrer mehr haben, wenn nur seidene Kleider<br />
und Schmucksachen für sie abfallen und ihnen einen Platz in unserem<br />
Wagen oder in unserer Loge eingeräumt wird. Sie schmücken<br />
sich mit den Blumensträußen, die wir tags zuvor getragen haben,<br />
und borgen unsere Kaschmirs. Sie erweisen uns nie den geringsten<br />
<strong>Die</strong>nst, ohne sich doppelt so viel, als er wert ist, dafür bezahlen zu<br />
lassen. Du hast es selbst gesehen an dem Abend, wo mir Prudence<br />
sechstausend Frank brachte, die sie für mich von dem Herzog geholt<br />
hatte; sie hat fünfhundert Frank von mir geborgt, die sie mir<br />
wiedergeben oder in Hüten zahlen wird, die ich niemals tragen werde.<br />
Bei meiner oft trüben Stimmung und in meinem stets leidenden<br />
Zustande konnte ich nur ein Glück haben: Einen Mann zu finden,<br />
der edel genug dachte, um mich über mein Leben nicht zur Rede zu<br />
stellen und mich ohne Selbstsucht bebte. <strong>Die</strong>sen Mann hatte ich in<br />
der Person des Herzogs gefunden, aber der Herzog ist ein Greis,<br />
und das Greisenalter bietet weder Schutz noch Trost. Ich glaubte<br />
das Leben, das er mir bereitete, annehmen zu können; aber ich vermochte<br />
die Langeweile nicht zu ertragen, das ruhige, eintönige Leben<br />
wäre mein Tod gewesen. Wenn man einmal umkommen soll, so<br />
kann man sich ebenso gut in die Flammen eines brennenden Hauses<br />
stürzen, als sich mit Kohlendunst ersticken.<br />
Da wurde ich mit dir bekannt: In deinem jugendlich feurigen, gefühlvollen<br />
Wesen glaubte ich mein Ideal gefunden zu haben, und<br />
ich beschloss, mitten in meiner geräuschvollen Gesellschaft nur dir