Die Kameliendame - GarboForever.com
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„Margarete Gautier.“<br />
„Sie scheint sehr verändert zu sein, denn ich habe sie nicht erkannt“,<br />
sagte ich mit einer Bewegung, die Sie sogleich begreifen<br />
werden.<br />
„Sie ist krank gewesen“, erwiderte Eugen; „das arme Mädchen<br />
wird wohl nicht mehr lange leben.“<br />
<strong>Die</strong>se Worte sind mir so lebhaft im Gedächtnis, als ob ich sie<br />
gestern gehört hätte.<br />
Sie müssen wissen, lieber Freund, dass der Anblick dieses Mädchens<br />
damals – es ist länger als zwei Jahre her – jedes Mal einen<br />
eigentümlichen Eindruck auf mich machte.<br />
Ohne dass ich mir die Ursache zu erklären wusste, erblasste ich,<br />
und mein Herz schlug heftig. Ich halte es für eine Vorherbestimmung,<br />
für einen Wink des Schicksals, das mich zu Margaretens Geliebten<br />
erkor, für eine Ahnung, dass sie in meinem Leben eine Rolle<br />
spielen sollte, wie ich in ihrem Leben eine Rolle spielen sollte.<br />
Der tiefe Eindruck, den sie auf mich machte, war keineswegs eine<br />
Täuschung; mehrere meiner Bekannten waren Zeugen davon,<br />
und sie lachten mich aus, als sie sahen, wer diesen eigentümlichen<br />
Eindruck hervorbrachte.<br />
Zum ersten Male hatte ich sie auf dem Börsenplatz, vor Susses<br />
berühmtem Modegeschäft gesehen. Eine offene Kalesche hielt vor<br />
der Tür und eine weiß gekleidete Dame stieg aus. Ihr Eintritt in das<br />
Gewölbe war ein wahrer Triumph, alle Anwesenden gaben ihre<br />
Bewunderung durch ein Gemurmel zu erkennen. Ich stand wie festgewurzelt,<br />
bis sie wieder aus dem Laden kam. Ich sah durch das<br />
Fenster, wie sie war, und fürchtete, sie werde die Ursache meines<br />
Eintritts erraten und sich dadurch beleidigt fühlen. Ich konnte<br />
gleichwohl nicht hoffen, dass ich sie wiedersehen würde.<br />
Sie war elegant gekleidet; sie trug ein Musselinkleid mit Volants,<br />
ein Flortuch, einen feinen Strohhut ohne Blumen und ein Armband<br />
mit Diamanten.<br />
Wenn ich mich entsinne, wie sie damals aussah und wie ich sie<br />
jetzt mit Ihnen wiedergesehen habe, so werde ich von einem Schauer<br />
befallen.<br />
Sie stieg wieder in den Wagen und fuhr davon. Einer der Ladendiener<br />
blieb in der Tür stehen und schaute der eleganten Käuferin<br />
nach. Ich trat auf ihn zu und ersuchte ihn, mir den Namen der schönen<br />
Unbekannten zu sagen.<br />
„Es ist Fräulein Margarete Gautier“, antwortete er.<br />
Ich getraute mich nicht, ihn nach ihrer Wohnung zu fragen und<br />
entfernte mich.<br />
<strong>Die</strong> Rückerinnerung an diese Erscheinung – denn eine solche<br />
war es wirklich – kam mir nicht aus dem Sinn, wie manche andere<br />
derartige Erscheinungen, und ich suchte überall die herrliche weiße<br />
Dame.<br />
Einige Tage darauf fand in der Komischen Oper eine große Vorstellung<br />
statt. <strong>Die</strong> erste Person, die ich in der Parterreloge bemerkte,<br />
war Margarete Gautier.<br />
Mein Begleiter kannte sie auch, denn er sagte zu mir, auf sie deutend:<br />
„Sehen Sie das schöne Mädchen dort in der Parterreloge?“<br />
In diesem Augenblick bemerkte ihn Margarete, die ihre Lorgnette<br />
nach unserer Seite gerichtet hatte. Sie lächelte ihm zu und gab<br />
ihm einen kaum bemerkbaren Wink, zu ihr zu kommen.<br />
„Ich will ihr guten Abend sagen“, sagte er zu mir, „ich komme<br />
gleich wieder.“<br />
Ich konnte mich nicht enthalten auszurufen: „Wie glücklich sind<br />
Sie!“<br />
„Warum?“<br />
„Dass Sie dieses schöne Mädchen besuchen dürfen.“<br />
„Sind Sie etwa in sie verliebt?“<br />
„Nein“, sagte ich errötend, denn ich wusste in der Tat nicht, woran<br />
ich war; „aber ich möchte Sie gern kennen lernen.“<br />
„So kommen Sie doch mit, ich will Sie ihr vorstellen.“<br />
„Fragen Sie bitte erst um Erlaubnis.“<br />
„Ah! Parbleu, man hat nicht nötig, so viele Komplimente zu machen.<br />
Kommen Sie nur.“