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Unternehmensführung – Titelthema<br />
INTERVIEW III<br />
„Frauen for<strong>de</strong>rn zu wenig“<br />
Petra Le<strong>de</strong>n<strong>de</strong>cker, Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>s Verbands <strong>de</strong>utscher Unternehmerinnen (VdU), über das Defi zit von<br />
weiblichen Führungskräften, sich selbstbewusst zu präsentieren. DIE GESPRÄCHE FÜHRTE DR. ULRIKE FELGER.<br />
Frau Le<strong>de</strong>n<strong>de</strong>cker, in welchen Momenten<br />
benei<strong>de</strong>n Unternehmerinnen<br />
ihre männlichen Kollegen – und wo gehen<br />
sie lieber ihren eigenen Weg?<br />
Le<strong>de</strong>n<strong>de</strong>cker: Wir sind froh, Unternehmerinnen<br />
zu sein, und müssen nieman<strong>de</strong>m<br />
nacheifern. Frauen wer<strong>de</strong>n<br />
weiterhin ihre Entscheidungen klug abschätzen<br />
und nicht nur <strong>de</strong>n kurzfristigen<br />
Effekt o<strong>de</strong>r Gewinn sehen. Ich habe die<br />
Erfahrung gemacht, dass Männer ihre<br />
Ansprüche häufi g besser geltend machen<br />
als Frauen, und dafür ihre Netzwerke<br />
nutzen. Frauen sind im Allgemeinen<br />
zu wenig for<strong>de</strong>rnd. Sie haben keine<br />
schlechteren Geschäftsi<strong>de</strong>en als Männer,<br />
nur haben sie es oftmals nicht gelernt,<br />
sich selbstbewusst zu präsentieren. Der<br />
VdU bietet zum Beispiel eine Plattform,<br />
um dies zu än<strong>de</strong>rn und sich gegenseitig<br />
zu vernetzen.<br />
Welche Rolle spielt für Unternehmerinnen<br />
die Kultur ihres Unternehmens?<br />
Während ihr Bru<strong>de</strong>r eher spontan Dinge angeht, beschäftigt<br />
sie sich in <strong>de</strong>r Tiefe mit einer Sache und <strong>de</strong>nkt gründlich über<br />
Nebeneffekte und Auswirkungen nach. O<strong>de</strong>r, wie Vöpel-Weber<br />
es auf <strong>de</strong>n Punkt bringt: „Ich lese erst die Gebrauchsanweisung,<br />
bevor ich anfange, etwas zusammenzubauen.“ Der<br />
Preis dieser Besonnenheit ist offenbar zuweilen eine Sprachlosigkeit,<br />
die die Unternehmerinnen im ersten Moment vor<br />
einer Entscheidung befällt – und die dann <strong>de</strong>n Wunsch aufkommen<br />
lässt, in männlicher Manier Dinge einfach forsch<br />
anzugehen.<br />
Dr. Barbara Stiegler, Leiterin <strong>de</strong>s Arbeitsbereichs Frauen-<br />
und Geschlechterforschung bei <strong>de</strong>r Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
in Bonn, sieht die <strong>de</strong>utsche Gesellschaft mit Männern und<br />
Frauen häufi g unterschiedlich umgehen. Pauschalaussagen<br />
zum Wesen <strong>de</strong>r Unternehmerin empfi n<strong>de</strong>t sie daher als kritisch:<br />
„Die Frage nach <strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Geschlechter<br />
stereotypisiert Männer ebenso wie Frauen, das wird keinem<br />
gerecht und verfestigt das, worunter viele Unternehmerinnen<br />
lei<strong>de</strong>n, nämlich ihre primäre Wahrnehmung als Frau.“<br />
Auch Prof. Sonja Bischoff, Professorin für Betriebswirtschaft<br />
an <strong>de</strong>r Universität Hamburg, die sich seit vielen Jahren mit<br />
Le<strong>de</strong>n<strong>de</strong>cker: Eine gute Firmenkultur –<br />
und damit <strong>de</strong>r Austausch mit seinen Beschäftigten<br />
– sowie die Corporate Social<br />
Responsibility sind Unternehmerinnen<br />
wichtig. Kommunikation spielt dabei eine<br />
große Rolle, das „offene Ohr“ für die Belange<br />
und Probleme, aber auch für neue<br />
I<strong>de</strong>en und effi zientere Lösungen. Das<br />
heißt, die Leistung muss erbracht wer<strong>de</strong>n,<br />
aber es muss auch das Miteinan<strong>de</strong>r<br />
stimmen. Die grundsätzlichen Werte eines<br />
Betriebs gelten für Unternehmerinnen wie<br />
Unternehmer. Ohne Zuverlässigkeit und gegenseitiges<br />
Vertrauen, aber auch Pfl ichtbewusstsein<br />
und Teamfähigkeit, funktioniert<br />
keine Firma.<br />
Wäre die jüngste Wirtschaftskrise mit mehr<br />
Frauen an <strong>de</strong>n Spitzen von Banken und Unternehmen<br />
glimpfl icher abgegangen?<br />
Le<strong>de</strong>n<strong>de</strong>cker: Davon bin ich zutiefst überzeugt.<br />
Sie hätten <strong>de</strong>m entfesselten männlichen<br />
Spiel- und Risikotrieb Einhalt gebieten<br />
können. Das Zockerunwesen in <strong>de</strong>r<br />
Finanzbranche hätte kaum diese Ausmaße<br />
angenommen. Untersuchungen aus <strong>de</strong>n<br />
USA belegen einen Zusammenhang zwischen<br />
<strong>de</strong>r Besetzung von Managementposten<br />
durch Frauen und <strong>de</strong>r fi nanziellen<br />
sowie organisatorischen Leistungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens. So erzielten die Firmen<br />
mit <strong>de</strong>n meisten Frauen im Vorstand eine<br />
um bis zu 53 Prozent höhere Eigenkapitalrendite.<br />
<strong>de</strong>m Thema Führung unter geschlechtsspezifi schen Aspekten<br />
befasst, fi n<strong>de</strong>t es für Frauen nicht nützlich, Unterschie<strong>de</strong> so herauszustellen.<br />
Ihr Argument: „Die Stereotypen in <strong>de</strong>n Köpfen<br />
lassen die Wirklichkeit entstehen, weil Frauen intuitiv dazu<br />
neigen, unausgesprochene Rollenerwartungen zu erfüllen.“<br />
Immerhin: Laut Gen<strong>de</strong>r-Forscherin Stiegler haben Spitzenfrauen<br />
vielleicht einen Vorteil gegenüber vielen Männern: „Ihnen<br />
stehen Führungsweisen und Haltungen zur Verfügung,<br />
die mit <strong>de</strong>m traditionellen Frauenbild übereinstimmen, aber<br />
auch solche, die mit <strong>de</strong>m traditionellen Männerbild verbun<strong>de</strong>n<br />
sind, <strong>de</strong>nn sie sind als Frau in einer eher für Männer typischen<br />
Position.“<br />
Geht es um das Thema Kommunikation, räumen sogar strikte<br />
Gegner einer geschlechtsspezifi schen Unterscheidung von<br />
Führungsverhalten gewisse Muster ein. „Im Innovationsprozess<br />
ist Kommunikation ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Thema, da haben<br />
Frauen eher einen Vorteil, <strong>de</strong>nn gera<strong>de</strong> in technischen<br />
Bereichen bekommen Männer die Zähne nicht auseinan<strong>de</strong>r“,<br />
sagt Beraterin Anja Förster aus Hei<strong>de</strong>lberg, die Innovationsgeschehen<br />
grundsätzlich losgelöst von einer Geschlechterdiskussion<br />
sehen will. Förster beobachtet, dass in sehr etablierten<br />
30 ProFirma 12 2010<br />
Foto: privat