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Deutscher Bundestag 18/11400 Unterrichtung

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Drucksache <strong>18</strong>/<strong>11400</strong><br />

– 30 –<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />

rekonstruiert werden. Andere Dokumente belegen die<br />

Zusammenarbeit mit dem polnischen Geheimdienst seit<br />

den 50er-Jahren und namentlich in den 80er-Jahren, als<br />

die oppositionellen Kräfte in Polen erstarkten. Schließlich<br />

konnten Unterlagen rekonstruiert werden, die bei<br />

der Zusammenarbeit des MfS mit den Geheimpolizeien<br />

aus einer Vielzahl weiterer Ostblock-Staaten entstanden<br />

(Albanien, Bulgarien, Kuba, Laos, Mongolei, Rumänien,<br />

Sowjetunion, Vietnam, Ungarn).<br />

Weitere Rekonstruktionen betrafen im Berichtszeitraum<br />

beispielsweise Schriftgut zur Überwachung des Bezirkskrankenhauses<br />

in Frankfurt (Oder), u. a. in Form von<br />

IM-Akten, und aus der MfS-Kreisdienststelle in Luckau<br />

(BV Cottbus): Dort konnten mehrere Arbeitskarteien<br />

wiederhergestellt werden, darunter wesentliche Teile der<br />

sogenannten Vorverdichtungs-, Such- und Hinweiskartei<br />

(VSH). Diese Karteikarten können mittlerweile in die Beauskunftung<br />

von Anfragen und Anträgen einbezogen werden.<br />

3.7.2 Virtuelle Rekonstruktion<br />

Das Pilotverfahren zur virtuellen Rekonstruktion zerrissener<br />

Stasi-Unterlagen war vom Deutschen <strong>Bundestag</strong> initiiert<br />

worden, um die Inhalte solcher zerrissenen Stasi-Unterlagen<br />

zugänglich machen zu können, die durch manuelle<br />

Rekonstruktion nicht wiederhergestellt werden könnten<br />

(siehe vorigen Abschnitt). Dazu war das Fraunhofer-Institut<br />

für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik<br />

(IPK) in Berlin mit der Entwicklung eines IT-Systems beauftragt<br />

worden, dessen Kernstück eine spezielle Software<br />

zur virtuellen Rekonstruktion digitaler Schnipselbilder<br />

darstellt (siehe Zwölfter Tätigkeitsbericht, S. 32 f.).<br />

Im Herbst 2013 hatte das Fraunhofer IPK nachgewiesen,<br />

dass der sogenannte „ePuzzler“, also die Rekonstruktionssoftware,<br />

prinzipiell funktioniert. Seitdem wurden<br />

23 Säcke mit zerrissenem Material automatisiert zusammengesetzt<br />

und dem BStU in Form digitaler Daten sowie<br />

als Papierausdruck (rund 90 600 Seiten) übergeben; davon<br />

sind inzwischen 15 Säcke mit rund 47 400 Seiten erschlossen.<br />

Im Berichtszeitraum konnten u. a. 2 000 Seiten einer vermutlich<br />

fast kompletten Spitzelakte eines hochkarätigen<br />

DDR-Juristen rekonstruiert werden, zu dem bislang nur<br />

eine Karteikarte im Archiv des BStU existierte. Das Zusammenspiel<br />

der virtuellen und der manuellen Rekonstruktion<br />

wird an der Akte eines promovierten Historikers<br />

deutlich, der in den 70er- und 80er-Jahren ein wichtiger<br />

Zuträger der Hauptabteilung XX des MfS war. Im<br />

Stasi-Unterlagen-Archiv befanden sich noch etwa 1 300<br />

Seiten aus dessen Akte. Im Laufe der vergangenen Jahre<br />

konnten weitere 1 600 Seiten per Hand gepuzzelt werden;<br />

durch die virtuelle Rekonstruktion kamen nun noch mehr<br />

als 1 300 Seiten hinzu, die durch das manuelle Verfahren<br />

nicht hätten wiederhergestellt werden können.<br />

Mit der derzeitigen Scantechnologie sieht sich das Fraunhofer<br />

IPK allerdings nicht in der Lage, die im Pilotprojekt<br />

vereinbarte Menge von 400 Säcken in vertretbarer Zeit<br />

und mit den vorhandenen Mitteln zu bewältigen. Das derzeitige<br />

System ist für einen Massenbetrieb nicht ausreichend.<br />

Der bisher genutzte Scanner erwies sich auch nach<br />

diversen Anpassungen als nicht leistungsstark genug, um<br />

Hunderttausende Schnipsel zu verarbeiten. Darüber hinaus<br />

ist der Automatisierungsgrad der Software deutlich zu<br />

niedrig.<br />

Da insofern der vom Deutschen <strong>Bundestag</strong> gestellte<br />

Forschungsauftrag teils nicht erfüllt war, hat der BStU<br />

zunächst keine weiteren Mittel freigegeben. Der BStU<br />

prüfte die Fortsetzung dieses Vorhabens. Dabei galt es<br />

einerseits, den politischen Auftrag des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />

zu beachten, der durch die Etatisierung von zwei<br />

Millionen Euro im Haushaltsjahr 2015 verdeutlicht wurde,<br />

und andererseits für eine wirtschaftliche Verwendung der<br />

Haushaltsmittel zu sorgen. Das Fraunhofer IPK legte eine<br />

Projektskizze „Pilotsystem 2.0“ vor. Das System enthält<br />

die Entwicklung und den Aufbau einer Scanneranlage für<br />

größere Mengen sowie die Weiterentwicklung der Rekonstruktionssoftware<br />

„ePuzzler“. Nach Vorlage dieser Skizze<br />

erarbeitete der BStU einen Konzeptentwurf zur Weiterführung<br />

der virtuellen Rekonstruktion. Der Entwurf enthält<br />

Berechnungen zu Leistungsfähigkeit und Output des vorgeschlagenen<br />

Folgeprojekts sowie Kostenprognosen für<br />

BStU-eigenes Personal und Räume. Die Bearbeitung aller<br />

noch verbliebenen 15 500 Säcke in einem Massenverfahren<br />

wird in diesem Konzept nicht angestrebt.<br />

Der Konzeptentwurf sieht die Entwicklung eines Scansystems<br />

vor, das rund 50 Säcke im Jahr rekonstruieren<br />

könnte. Um die Leistungsfähigkeit dieses Systems fundiert<br />

einschätzen zu können, sollen zunächst 160 Säcke<br />

rekonstruiert werden, d. h. rund 1 Prozent der Gesamtzahl<br />

aller Säcke mit zerrissenen Unterlagen. Das überarbeitete<br />

Konzept wurde im Beirat beim BStU vorgestellt. Der Beirat<br />

begrüßt den Konzeptentwurf nach seiner Intention und<br />

Dimensionierung und hält ihn für förderungswürdig.<br />

3.8 Kontakte mit anderen Institutionen zu<br />

Archivthemen<br />

Der Berichtszeitraum stand erneut im Zeichen eines regen<br />

fachlichen Austauschs der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

des Stasi-Unterlagen-Archivs mit Kolleginnen<br />

und Kollegen außerhalb der Behörde. Dazu gehört zunächst<br />

die Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem<br />

line-Findmittel<br />

des BStU über die Recherche- und Präsentationsplattform<br />

ARGUS („ARchivGUtSuche“). Aber<br />

auch die Kooperation bei der sich im Bundesarchiv in Ent-<br />

<br />

grierten Archiv verwaltungssoftware BASYS 2 (Bundesarchiv-IT-System)<br />

hat im Berichtszeitraum substanziell<br />

zugenommen, um die Einführung von BASYS 2 im BStU<br />

zügig und technisch nah an der IT-Lösung des Bundesarchivs<br />

zu ermöglichen (siehe Abschnitt 3.3.2.2).<br />

Zu den archivfachlichen Kontakten gehören weiterhin Besuche<br />

der Deutschen Archivtage (2015 in Karlsruhe, 2016<br />

in Koblenz) sowie der Landesarchivtage der ostdeutschen<br />

Bundesländer. An Organisation und Durchführung der

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