Deutscher Bundestag 18/11400 Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />
– 55 –<br />
Drucksache <strong>18</strong>/<strong>11400</strong><br />
<br />
werden.<br />
SED und MfS<br />
Im Rahmen eines neuen Forschungsprojektes wird das<br />
Verhältnis von SED und MfS untersucht. Zwar war das<br />
MfS formal eine staatliche Institution, die aber de facto<br />
jeder staatlichen Kontrolle entzogen war. Es geht um die<br />
Frage, inwiefern die Staatssicherheit ein Instrument der<br />
<br />
Stasi als einen Teil des SED-Parteiapparates anzusehen.<br />
In dieser Perspektive jedenfalls stellen sich manche Fragen<br />
in der „Beziehungsgeschichte“ anders, als wenn man<br />
von zwei Institutionen und ihrer Beziehung zueinander<br />
ausgeht. Weniger deutlich ist bislang in der Forschung<br />
konturiert worden, wie sich die gemeinsame Arbeit von<br />
SED und Stasi konkret realisierte. Und wenn dies geschah,<br />
dann ist diese Perspektive fast ausschließlich auf die zentrale<br />
Ebene (MfS-Leitung, SED-Politbüro, Apparat des<br />
Zentralkomitees der SED, insbesondere „Abteilung Sicherheit“)<br />
gerichtet worden. Im Zentrum dieses Projekts<br />
hingegen stehen untere Hierarchieebenen. Es wird gefragt<br />
nach Kompetenzen und Kompetenzstreitigkeiten, gemeinsamen<br />
und gegensätzlichen Interessen, nach Befehls-,<br />
Anleitungs- und Unterstellungsstrukturen sowie danach,<br />
in welchen gesellschaftlichen Räumen das MfS nicht anwesend<br />
war. Prinzipiell wird dabei von der These eines<br />
reaktiven Instruments ausgegangen, das nur in Ausnahmefällen<br />
operativ-prophylaktisch tätig wurde. Das Ziel der<br />
Studie besteht darin, das konkrete Wirken des MfS als Teil<br />
des SED-Apparates herauszuarbeiten und dabei zugleich<br />
die These zu prüfen, dass die Stasi Teil des SED-Apparates<br />
war.<br />
Sicherheitsstrukturen in der DDR – Zusammenarbeit<br />
und Kommunikation zwischen Ministerium<br />
für Staatssicherheit, Ministerium des Innern und<br />
regionalen Strukturen der Volkspolizei<br />
Das Projekt untersucht, wie sich im Laufe der DDR-Geschichte<br />
die konkrete Zusammenarbeit, aber auch das<br />
Kompetenzgebaren der verschiedenen Sicherheitsinstitutionen<br />
der Volkspolizei und des MfS in der DDR entwickelten<br />
und wie sie regional funktionierten. Das setzt zum<br />
einen die Untersuchung der kommunikativen Strukturen<br />
voraus und richtet zum anderen den Blick auf weitere<br />
Kontroll- und Überwachungsinstanzen in der DDR. Es<br />
soll zudem geklärt werden, wie stark der jeweilige Anteil<br />
der Sicherheitsinstanzen an der Verfolgung war und wie<br />
das „politisch-operative Zusammenwirken“ gestaltet wurde.<br />
Dabei wird herausgearbeitet, ob es sich in der Zusammenarbeit<br />
eher um ein Miteinander, Nebeneinander oder<br />
Konkurrenz handelte. Hierzu sollen die Schwerpunkte in<br />
der Zusammenarbeit von Volkspolizei und MfS (wie die<br />
Überschneidungen bei bestimmten Deliktgruppen, Amtshilfe<br />
z. B. bei „Zuführungen“, die gemeinsame Nutzung<br />
von Speichern, aber auch der Austausch von Informationen<br />
und Personal) bezogen auf das Alltagshandeln der beiden<br />
Institutionen ausgewertet werden.<br />
Vernichtete Unterlagen<br />
Ziel des Projektes ist es zu klären, welche Akten im Bestand<br />
des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. des Amtes<br />
für Nationale Sicherheit in den Jahren 1950–1989 unter<br />
welchen Bedingungen vernichtet worden sind, sowohl im<br />
quantitativen als auch im qualitativen Sinne. Eine Analyse<br />
der Kassationen, die diesen gesamten Zeitraum berücksichtigt,<br />
ist deshalb notwendig, weil nur so zwischen den<br />
„wilden Vernichtungen“ ab November 1989 und der übli-<br />
<br />
Vernichtungen“ in ihrem Ausmaß und ihrer Zielrichtung<br />
zu erfassen sind: Es ist zu fragen, was von dem ab Herbst<br />
1989 vernichteten Schriftgut unter gewöhnlichen Verhältnissen<br />
vom MfS tatsächlich archiviert worden wäre und<br />
in welchen Fällen es sich bei dem vernichteten Papier um<br />
weitgehend irrelevantes Material (Vordrucke) oder in hoher<br />
Stückzahl vorliegende Dokumente (Schulungsmaterial<br />
u. Ä.) handelte. Die Ergebnisse werden in Form eines Gutachtens<br />
vorgelegt. Eine Publikation ist geplant.<br />
5.3.2 ZAIG-Edition und -Analyse/Das MfS<br />
<br />
In dem von Daniela Münkel geleiteten Forschungsbereich<br />
werden die geheimen Berichte der Zentralen Auswertungs-<br />
und Informationsgruppe (ZAIG) des MfS herausgegeben<br />
und ausgewertet. Ein weiterer Schwerpunkt der<br />
Forschungstätigkeit liegt auf der Konfrontation der Geheimdienste<br />
in Ost und West.<br />
Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte<br />
an die SED-Führung<br />
Die Edition der geheimen Berichte, die die Zentrale Auswertungs-<br />
und Informationsgruppe (ZAIG) des MfS zur<br />
Information der Partei- und Staatsführung seit dem Juniaufstand<br />
1953 bis zum Dezember 1989 verfasst hat, wurde<br />
im Berichtszeitraum fortgesetzt (zur Konzeption siehe<br />
u. a. Elfter Tätigkeitsbericht, S. 74). In der Bearbeitung<br />
<br />
<br />
Westarbeit<br />
Das Forschungsprojekt „Geheimdienstkonfrontation im<br />
Kalten Krieg. MfS contra BND“ untersucht die Rolle<br />
der Staatssicherheit in der Konfrontation mit der „Organisation<br />
Gehlen“ bzw. dem Bundesnachrichtendienst im<br />
<br />
Projekts erstreckt sich von 1950 bis 1961 und erfasst<br />
damit die Hochphase des Geheimdienstkrieges in den<br />
50er-Jahren bis zur Zäsur des Mauerbaus im Jahr 1961.<br />
Ziel des Projektes ist, die deutsch-deutsche Geheimdienstkonfrontation<br />
als gesellschaftsgeschichtliches Problem-<br />
<br />
Parallelgeschichte der beiden deutschen Staaten einzubetten.<br />
Nachdem die erste Studie 2016 erschienen ist (siehe<br />
Abschnitt 5.2.17), konnte im Berichtszeitraum auch eine<br />
gen<br />
den BND in den 50er-Jahren erstellt werden, die 2017<br />
publiziert wird. Die Kooperation mit der UHK ermöglicht