Deutscher Bundestag 18/11400 Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />
– 35 –<br />
Drucksache <strong>18</strong>/<strong>11400</strong><br />
Projektmessen, Veranstaltungen und Ausstellungen.<br />
<br />
Behörde des Bundesbeauftragten ein Gesicht. Gerade in<br />
ländlichen Gegenden werden solche Angebote von den<br />
Bürgerinnen und Bürgern gern genutzt, um sich zu informieren<br />
oder einen Antrag auf persönliche Akteneinsicht<br />
zu stellen. Durch die Außenstelle Frankfurt (Oder) wurden<br />
beispielsweise im Jahr 2015 insgesamt elf Informationstage<br />
in verschiedenen Städten des Landes Brandenburg<br />
durchgeführt. Dabei wurden mehr als 800 Anträge<br />
auf Akteneinsicht gestellt. Wo es sich thematisch anbietet,<br />
werden die Beratungstermine mit Bildungsangeboten in<br />
Form eigener Ausstellungen oder von Vorträgen über das<br />
Wirken des MfS ergänzt.<br />
Der BStU und die Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen<br />
unterstützen sich gegenseitig bei Beratungstagen<br />
in den Regionen. Dabei ergänzen sich das Know-how und<br />
die verschiedenen Beratungskompetenzen. Die Zusammenarbeit<br />
der Außenstellen mit den Landesbeauftragten<br />
der ostdeutschen Bundesländer wird insgesamt als sehr<br />
positiv und für beide Seiten gewinnbringend eingeschätzt.<br />
Wie in den vorherigen Jahren wirkten sich auch im Berichtszeitraum<br />
aktuelle Ereignisse mit medialer Berichterstattung<br />
direkt auf die Frequentierung der Bürgerberatung<br />
beim BStU aus. Durch diverse und an Informationsgehalt<br />
<br />
viele Bürgerinnen und Bürger den Eindruck gewonnen,<br />
mit dem Jahr 2019 ende die Möglichkeit der Aufarbeitung<br />
der MfS-Geschichte. In diesem Zusammenhang wurde oft<br />
die Frage nach dem Fortbestehen der Behörde und ihrer<br />
Außenstellen an den bisherigen Standorten gestellt. Die<br />
Bürgerberatung klärt über die aktuellen Gegebenheiten<br />
auf und unterstreicht den breiten politischen Konsens,<br />
dass es einen grundsätzlichen Schlussstrich unter die Aufarbeitung<br />
des MfS als Teil der SED-Diktatur nicht geben<br />
wird.<br />
4.1.4 Anträge naher Angehöriger Vermisster<br />
und Verstorbener<br />
Im Berichtszeitraum nahmen Fragen zum Zugang von<br />
nahen Angehörigen zu den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
zu vermissten oder ver storbenen Personen<br />
einen großen Raum bei der Beratung zur Antragstellung<br />
ein. Wie bereits in Abschnitt 4.1.1 angedeutet, gewann<br />
dieser Bereich der Antragstellung in den letzten Jahren<br />
u. a. aufgrund einer Novellierung des § 15 StUG im Jahr<br />
2011 an Bedeutung (siehe auch Zwölfter Tätigkeitsbericht,<br />
S. 38).<br />
§ 15 StUG regelt das Zugangsrecht naher Angehöriger zu<br />
den MfS-Unterlagen vermisster oder verstorbener Personen.<br />
Dieses Zugangsrecht bildet eine Ausnahme von dem<br />
Grundsatz des Gesetzes, dass jeder Einzelne ausschließlich<br />
Zugang zu den Unterlagen und Informationen des<br />
Staatssicherheitsdienstes erhalten kann, die seine eigene<br />
riger<br />
ist daher an bestimmte Voraussetzungen gebunden,<br />
insbesondere erfordert sie die Glaubhaftmachung eines<br />
Antragszwecks. Nach dem 2011 neu in das Gesetz eingefügten<br />
§ 15 Abs. 1 Satz 2 StUG können nunmehr Ehegatten,<br />
Kinder, Enkelkinder, Eltern und Geschwister Zugang<br />
zu den Unterlagen Vermisster oder Verstorbener erhalten,<br />
wenn sie sonstige berechtigte Interessen glaubhaft machen,<br />
die in Zusammenhang mit dem Aufarbeitungszweck<br />
des StUG stehen. Dabei muss der Antrag die Aufklärung<br />
und Aufarbeitung möglicher staatlicher Maßnahmen und<br />
Einwirkungen auf die vermisste oder verstorbene Person<br />
zum Gegenstand haben. Hierfür bedarf es der Darlegung<br />
entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte. Durch den<br />
Aktenzugang dürfen keine überwiegenden schutzwürdigen<br />
Interessen des Vermissten oder Verstorbenen oder<br />
anderer Personen beeinträchtigt werden. Informationen,<br />
die den Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbe-<br />
<br />
postmortalen Persönlichkeitsrechtsschutzes vom Aktenzugang<br />
nicht umfasst. Jeder Antragsteller hat nach StUG<br />
die Möglichkeit zu verfügen, dass die zu ihm angelegten<br />
Unterlagen bzw. Teile dieser Unterlagen nach seinem Tod<br />
Familienangehörigen nicht zugänglich gemacht werden<br />
sollen. Liegt ein solcher entgegenstehender Wille vor, ist<br />
eine Akteneinsicht naher Angehöriger zum Verstorbenen<br />
nicht bzw. nur eingeschränkt möglich. Im Übrigen sei darauf<br />
verwiesen, dass der nahe Angehörige nicht an die Stelle<br />
des Vermissten oder Verstorbenen tritt, sondern eigene<br />
Zugangsrechte nach § 15 StUG wahrnimmt. Auskunft<br />
wird jeweils nur entsprechend dem geltend gemachten<br />
Antragszweck erteilt.<br />
Viele Menschen, deren Angehörige verstorben sind, begehren<br />
Zugang zu deren Unterlagen. Hier bedarf es oft<br />
einer eingehenden Beratung. Denn je umfassender die<br />
Beratung der Antragsteller zu den rechtlichen Möglichkeiten<br />
vorab erfolgt, desto präziser können sie ihren Antrag<br />
formulieren. Viele Angehörige haben Schwierigkeiten,<br />
die notwendigen Nachweise, zum Beispiel zum Verstorbenen-<br />
bzw. Vermisstenstatus oder zum Verwandtschafts-<br />
rechtigten<br />
Interesses richtig zu interpretieren. Die Prüfung<br />
der Zulässigkeit dieses Antragszwecks erweist sich in der<br />
ren<br />
mit Unverständnis, weil sie den Eindruck haben, von<br />
ihnen werde der Vortrag von Umständen verlangt, die<br />
<br />
dieser Frage hatte sich auch ein Antragsteller an den Petitionsausschuss<br />
des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es gewandt. Er<br />
hatte gefordert, das berechtigte Interesse aus dem StUG<br />
zu streichen und den Aktenzugang für nahe Angehörige<br />
Vermisster oder Verstorbener nicht an eine Begründung zu<br />
knüpfen. Der Petitionsausschuss hat dies abgelehnt. Die<br />
bestehende Regelung berücksichtige ausgewogen das berechtigte<br />
Auskunftsinteresse naher Angehöriger und den<br />
postmortalen Persönlichkeitsschutz, der sich aus der Menschenwürde<br />
nach Artikel 1 des Grundgesetzes ergebe.<br />
Im Einzelfall schwierig zu entscheiden sind auch Anträge<br />
auf Auskunft zu vermissten nahen Angehörigen. Hier<br />
ist der Vermisstenstatuts vom Antragsteller glaubhaft zu<br />
machen. Es reicht dabei nicht aus, dass der Aufenthaltsort<br />
des Angehörigen über längere Zeit nicht bekannt ist. Viel-<br />
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