Deutscher Bundestag 18/11400 Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />
– 37 –<br />
Drucksache <strong>18</strong>/<strong>11400</strong><br />
der Verfahren vielfach vom MfS übernommen wurden.<br />
Für die Landgerichte ist dies neben den vom MfS selbst<br />
angelegten sonstigen personenbezogenen Unterlagen mit<br />
Hinweisen auf Freiheitsentzug oft die einzige Möglichkeit,<br />
einschlägiges Archivmaterial zum Zweck der strafrechtlichen<br />
Rehabilitierung zu erhalten.<br />
Seit Geltung des StrRehaG haben sich die Gerichte mit<br />
rund 102 000 Ersuchen um Mitteilung und Herausgabe an<br />
die Stasi-Unterlagen-Behörde gewandt. Im Zeitraum des<br />
vorliegenden Berichts der Jahre 2015 und 2016 lag die<br />
Eingangszahl bei 1 788 Ersuchen, womit sich der zuletzt<br />
<br />
Anhang 8). Dabei haben die Recherchen zum Zweck der<br />
strafrechtlichen Rehabilitierung in 77 Prozent der Fälle<br />
zent<br />
im vorigen Berichtszeitraum.<br />
4.2.1.2 Wiedergutmachung<br />
Ob Wiedergutmachungsleistungen wegen erlittener rechtsstaatswidriger<br />
Maßnahmen als Folgeansprüche gewährt<br />
werden können, wird von den Rehabilitierungsbehörden<br />
<br />
<br />
körperliche Unversehrtheit, Freizügigkeit, Eigentum oder<br />
Berufsfreiheit stattgefunden und zu persönlichen Nach-<br />
<br />
ständigen<br />
Stelle hin wird beim BStU nach anspruchsbegründenden<br />
Sachverhalten recherchiert; ebenso danach, ob<br />
die Person gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit<br />
und Menschlichkeit verstoßen hat; dies würde einen Anspruch<br />
auf Wiedergutmachung ausschließen (siehe Zwölfter<br />
Tätigkeitsbericht, S. 42 f.).<br />
Die Eingänge an Ersuchen sind gegenüber dem vorhergehenden<br />
Berichtszeitraum um knapp 6 Prozent zurückgegangen<br />
(siehe Anhang 8). Mithilfe der Stasi-Unterlagen<br />
können zu Wiedergutmachungszwecken wie bisher in<br />
etwa einem Drittel der Fälle Sachverhaltsmitteilungen gemacht<br />
werden. Bei 10 Prozent der Ersuchen liegen Gründe<br />
vor, die den Erhalt einer Opferrente ausschließen könnten.<br />
4.2.2 Verwendung für Zwecke der Strafverfolgung<br />
und Gefahrenabwehr<br />
Hintergrund von Ersuchen zu diesem Verwendungszweck<br />
waren vorwiegend in der DDR begangene Tötungsdelikte,<br />
die bisher nicht aufgeklärt werden konnten. Sieben Verfahren<br />
richteten sich gegen noch lebende Beschuldigte<br />
im Rahmen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen. In<br />
einem anderen Fall, in dem ein Pressebericht zu Ermittlungen<br />
wegen des Verdachts der systematischen Tötung<br />
angeblich nicht lebensfähiger frühgeborener Säuglinge in<br />
DDR-Kliniken geführt hatte, konnten in den Stasi-Unterlagen<br />
keine Hinweise zum Sachverhalt gefunden werden.<br />
Zur Gruppe nicht vollständig aufgeklärter Straftaten<br />
gehörte weiterhin ein terroristischer Anschlag aus den<br />
80er-Jahren. Das entsprechende neue Ersuchen führte<br />
durch Recherchen in den MfS-Unterlagen zu einem darin<br />
verwahrten Briefumschlag, den die verdächtige Person<br />
<br />
selbst frankiert hatte. Umschlag und Briefmarke kamen<br />
somit für die Ermittler als Spurenträger in Betracht, um<br />
mithilfe vorhandener Sekretreste unter der Marke einen<br />
Abgleich mit weiterem noch vorhandenem DNA-Material<br />
vornehmen zu können.<br />
Andere Ersuchen wiederum befassten sich beispielsweise<br />
mit geheimdienstlicher Agententätigkeit, schwerer Brandstiftung<br />
und groß angelegtem illegalen Handel mit Betäubungsmitteln.<br />
Einem Straftatverdacht wegen Titelmissbrauchs<br />
konnte in Stasi-Unterlagen nur deshalb<br />
nachgegangen werden, weil der Verdächtigte MfS-Mitarbeiter<br />
war und weil der § 23 StUG (Verwendung von Unterlagen<br />
für Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr)<br />
in seinem Absatz 2 die Verwendung von Unterlagen<br />
dieser Personengruppe erlaubt. Wären es Unterlagen zu<br />
<br />
werden müssen. Weitere Beispiele von rechtspolitischen<br />
<br />
den letzten beiden Tätigkeitsberichten (siehe Elfter Tätigkeitsbericht<br />
S. 52 f. und Zwölfter Tätigkeitsbericht S. 43).<br />
Im Berichtszeitraum gab es wiederum Veranlassung zu<br />
sogenannten Mitteilungen ohne Ersuchen in Strafsachen<br />
nach § 27 StUG. Neben vier Verdachtsfällen von in der<br />
DDR begangenen Tötungsdelikten war einer Staatsanwaltschaft<br />
Mitteilung zu einem Wachmann im Konzentrationslager<br />
Auschwitz zu machen. Diese Unterlagen<br />
waren gelegentlich eines Ersuchens angefallen, bei dem<br />
es um die Recherche nach Gründen für eine sogenannte<br />
Ordensunwürdigkeit geht. Die dabei erlangten Erkenntnisse<br />
durften allerdings zu diesem Verwendungszweck nicht<br />
mitgeteilt werden, da sich die Rechtsgrundlage „Verwendung<br />
in Ordensangelegenheiten“ nach § 20 Abs. 1 Nr. 10<br />
StUG nur auf Unterlagen mit Informationen zu MfS-Mitarbeitern<br />
bezieht. Würden Ordensangelegenheiten auch<br />
zum Katalog der Verwendungszwecke in § 21 StUG gehören,<br />
wäre der Sachverhalt mitteilbar gewesen. Das aufgezeigte<br />
Problem weist somit einen gleichgelagerten gesetzgeberischen<br />
Handlungsbedarf auf wie im vorstehend<br />
geschilderten Fall des § 23 StUG.<br />
Wegen Vorliegens von Anhaltspunkten für eine erhebli-<br />
suchen<br />
Mitteilung gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 StUG zu dem<br />
dokumentierten und damals nicht aufgeklärten Verlust von<br />
scharfen Raketen der Nationalen Volksarmee der DDR in<br />
Peenemünde gemacht.<br />
4.2.3 Ersuchen zur Überprüfung von<br />
Personen<br />
Im Bereich der Personenüberprüfungen sind bei einem<br />
Teil der angefragten Personen die Sachverhalte bereits<br />
durch frühere Überprüfungen bekannt und es gibt keine<br />
neuen Erkenntnisse. Bei erstmals angefragten Personen<br />
<br />
Menschen können aufgrund ihres jüngeren Alters gar nicht<br />
mit dem MfS zusammengearbeitet haben.