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Dorfbuch Schwarzenberg

Dorbuch 750 Jahre Schwarzenberg

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Anhang | Alltag im Dorf<br />

Alltag im Dorf<br />

von Lehrer Peter Schmidt<br />

Die nachfolgenden Geschichten habe ich bei den Unterlagen von Lehrer Schmidt gefunden. Ursprünglich<br />

sollten sie aus Platzmangel nicht in diesem Buch erscheinen. Als uns aber aus drucktechnischen<br />

Gründen, kurzfristig noch einige leere Seiten zur Verfügung standen, habe ich seine<br />

Ausführungen, mit möglichst wenigen Änderungen, für den Druck überarbeitet. Ich denke, sie<br />

gewähren noch einmal einen Einblick in das dörfliche Leben von <strong>Schwarzenberg</strong>. Zeitlich konnte<br />

ich die Beiträge, bis auf den, über das Unwetter, leider nicht einordnen.<br />

Adolf Seitz<br />

Die Spinnstuben<br />

Spinnstube der Jugend<br />

Spinnen ist eine Betätigung, die bezeichnend<br />

dörflich­bäuerlich ist. Sie ist gleichzeitig tief<br />

verbunden mit unserer Glaubenswelt. Die 8<br />

Nornen sitzen, der Sage nach, am Fuße der<br />

Weltesche und spinnen die Schicksalsfäden,<br />

an denen das Leben des Einzelnen hängen<br />

soll.<br />

Deshalb tragen die Geräte zum Spinnen überall<br />

eine Menge alter Sinnzeichen wie Sechsstern,<br />

Radkreuz, Sonnenwirbel, Pferdekopf<br />

etc.<br />

Nach den alten Sagen mussten die Königstöchter<br />

spinnen, wodurch eine besondere<br />

Wertschätzung dieser Kunst angedeutet werden<br />

sollte. Das Spinnrad gehörte zu den vornehmsten<br />

Stücken einer jeden Aussteuer und<br />

es thronte auf dem Brautwagen an höchster<br />

Stelle. Ein Schrank voll selbst gesponnener<br />

Linnen war der Stolz jeder Hausfrau. Spinnen<br />

können war eine Selbstverständlichkeit, ehe<br />

ein Mädchen heiraten konnte.<br />

Die Spinnstube brachte Burschen und Mädchen<br />

gleichen Alters ohne Unterschied des<br />

Standes zusammen. In größeren Dörfern gab<br />

es mehrere Spinnstuben, getrennt nach Alter<br />

oder auch Ortsteil, in kleinern Orten nur eine.<br />

Auch verheiratete Frauen bildeten oft noch<br />

ihre eigene Spinnstube.<br />

Die eigentliche Bedeutung erhielt die Spinnstube<br />

durch die Pflege der Geselligkeit und<br />

der alten Volksüberlieferungen. Dadurch wurde<br />

sie ein Hort bäuerlichen Brauchtums voll<br />

schönster Romantik. Vor allem erklangen die<br />

schönen, alten Volkslieder beim Schnurren<br />

der Räder, die von den Ahnen überliefert<br />

worden waren.<br />

Zu Großmutters Zeiten kannte man noch die<br />

richtige Spinnstube, die am alten hessischen<br />

Buß­ und Bettag begann und mit dem „fetten<br />

Sonntag“ endete.<br />

„Michel, steck das Licht an, das Gesind muss<br />

zum Spinnen ran“, sagte das alte Sprichwort.<br />

Von nun an sah man täglich, wie die jungen<br />

Mädchen geputzt und bekleidet mit Beiderwandsröcken<br />

mit breiten Falten, Druckschürzen,<br />

weißen Strickjacken, Wollstrümpfen,<br />

Kattuner Jacken, halblang und offen, schöne<br />

Rosentücher umgehängt, das Haar auf dem<br />

Wirbel gedreht, mit dem Spinnrad übermütig<br />

zum Ort der Spinnstube hinhüpften. Als<br />

Schmuck trugen sie eventuell noch Ohrringe,<br />

Halsketten, Broschen und Spitzenhandtücher.<br />

In der Spinnstube wurde nun fleißig gearbeitet,<br />

damit die „Zaspel“ abends am Haken<br />

hängen konnte. Zwischendurch wurde von<br />

den Gastgebern Kaffee spendiert.<br />

Am späten Abend kamen die Burschen dazu,<br />

dann stellte man das Spinnrad beiseite, man<br />

neckte sich, es wurde gescherzt, gesungen<br />

und mit einem Tänzchen schloss der arbeitsreiche<br />

Tag. Nach oft nur wenigen Stunden<br />

Nachtruhe, begann am frühen Morgen die<br />

neue Tagearbeit.<br />

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