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Credit Suisse bulletin, 2001/05

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ECONOMICS & FINANCE<br />

FINANCIAL<br />

SERVICES<br />

Die Anschläge in Amerika haben Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft. Neben den<br />

unmittelbar betroffenen Versicherungen und Fluggesellschaften wird vor allem die<br />

Investitionsgüterbranche unter der Unsicherheit leiden. Martin Daepp, Economic Research & Consulting<br />

Foto: Eva-Maria Züllig<br />

Seit den Terroranschlägen vom 11. September<br />

20<strong>01</strong> in den USA nimmt eine breite<br />

Öffentlichkeit die Welt anders wahr als<br />

zuvor. Die Schockwelle, welche die Ereignisse<br />

ausgelöst haben, breitet sich seither<br />

global auf die einzelnen Volkswirtschaften<br />

aus. Und die Art und Weise wie die Krise<br />

politisch und militärisch bewältigt wird,<br />

dürfte die Weltkonjunktur in den nächsten<br />

Monaten massgeblich mitprägen.<br />

In welchem Grad die einzelnen Branchen<br />

weltweit und auch in der Schweiz in<br />

Mitleidenschaft gezogen werden, ist noch<br />

kaum zu bestimmen. Sicher ist jedoch,<br />

dass die einzelnen Sektoren unterschiedlich<br />

stark betroffen sind. Dies lässt sich<br />

zeigen, indem die direkten und indirekten<br />

Effekte der Schocks mit ihren unterschiedlichen<br />

Wirkungen auf die jeweiligen<br />

Branchen heruntergebrochen werden.<br />

Daraus ergibt sich ein Bild, das den<br />

Betroffenheitsgrad der Schweizer Wirtschaftszweige<br />

aufzeigt.<br />

Zahlungsströme sind nicht kollabiert<br />

Mit dem Anschlag auf das World Trade<br />

Center (WTC) war von Anfang an klar,<br />

dass der Finanzsektor stark getroffen war.<br />

Das WTC stellte – zumindest symbolisch –<br />

das Herz der Finanzindustrie dar. Dennoch<br />

ist es zu keinem Infarkt der globalen Zahlungsströme<br />

gekommen. Die Geschäftsbanken<br />

konnten dabei auf die Unterstützung<br />

der Zentralbanken zählen, die ihrer<br />

Aufgabe nachgekommen sind und für<br />

die nötige Liquidität zur Überbrückung<br />

gesorgt haben.<br />

Die Versicherungsgesellschaften gehören<br />

durch die wirksam gewordenen Ansprüche<br />

im Sach-, Lebens- und Rückversicherungsgeschäft<br />

zu den am stärksten<br />

betroffenen Branchen. Die grösste Rückversicherungsgesellschaft<br />

der Welt, die<br />

Münchner Rück, schätzt ihre Verpflichtungen<br />

auf 3 Milliarden Franken, und die<br />

Nummer zwei, die Swiss Re, veranschlagt<br />

diese auf 2 Milliarden Franken. Durch die<br />

veränderte Weltlage werden die Versicherer<br />

ihre Risikoeinschätzung überprüfen.<br />

Dies kann zu höheren Versicherungsprämien<br />

führen.<br />

Zu den Branchen, die am stärksten<br />

unter Druck geraten, gehören auch die<br />

Fluggesellschaften. Sie mussten in den<br />

ersten Tagen nach der Krise ein Flugverbot<br />

verkraften und sehen sich seither mit<br />

einem schwachen Passagieraufkommen<br />

konfrontiert. Die Krise trifft eine Branche,<br />

die global mit Überkapazitäten und einer<br />

unbefriedigenden Profitabilität zu kämpfen<br />

hat. Vor diesem Hintergrund haben nun<br />

einige Airlines drastische Abbaumassnahmen<br />

angekündigt. In vielen Ländern<br />

ist die Diskussion um staatliche Finanzspritzen<br />

angelaufen, die die negativen<br />

Effekte der Terroranschläge auf die Fluggesellschaften<br />

abfedern sollen.<br />

Mit dem gewachsenen Sicherheitsbedürfnis<br />

stehen die Anbieter von Sicherheitseinrichtungen<br />

und -diensten sowie<br />

Videoüberwachungen einer steigenden<br />

Nachfrage gegenüber.<br />

Wichtiger als diese direkten Auswirkungen<br />

sind für die meisten Schweizer<br />

Branchen jedoch indirekte Effekte, die<br />

sich über verschiedene Übertragungsmechanismen<br />

in den Geschäftsbüchern<br />

niederschlagen. Dazu zählen namentlich<br />

stimmungsbedingte Verhaltensänderungen<br />

bei den Konsumenten und den Investoren<br />

sowie Wechselkurs-, Zins- und<br />

Preiseffekte.<br />

STIMMUNGSLAGE BEEINFLUSST INVESTITIONSENTSCHEIDE<br />

Das Investitionskalkül eines Unternehmens basiert auf zwei Grössen: den<br />

zukünftigen erwarteten Gewinnen aus der Investition und einem Kapitalisierungssatz,<br />

welcher sich aus den Opportunitätskosten für das gebundene<br />

Kapital und einer Risikoprämie zusammensetzt.<br />

Stimmungen kommen hier gleich doppelt zum Tragen. Zum einen gehen sie<br />

in die Gewinnerwartungen ein. Je pessimistischer die Nachfrage eingeschätzt<br />

wird, desto geringer fallen die Gewinne aus. Infolgedessen schätzen die<br />

potenziellen Investoren weniger Projekte profitabel ein und realisieren entsprechend<br />

weniger Investitionsvorhaben. Zum andern fliessen Erwartungen<br />

auch in den Kapitalisierungssatz ein. Schätzen die Investoren nämlich die Zeiten<br />

unsicherer ein, so kalkulieren sie mit einer höheren Risikoprämie. Auch<br />

dies hat zur Folge, dass weniger Projekte als profitabel eingestuft werden und<br />

entsprechend weniger investiert wird.<br />

Die politische Grosswetterlage, die durch eine grosse Unsicherheit geprägt<br />

ist, stellt ein weiteres Argument für eine Verschlechterung des Investitionsklimas<br />

dar. Ein rational denkender Investor wird in diesem Fall den Investitionsentscheid<br />

möglichst lang aufschieben, bis sich die Unsicherheit verringert hat.<br />

Lediglich die tieferen Zinsen begünstigen die Investitionstätigkeit, weil dadurch<br />

die Opportunitätskosten für das eingesetzte Kapital sinken und zusätzliche<br />

Investitionsprojekte profitabel werden. Allerdings dürfte dieser Effekt die<br />

negativen Einflüsse auf die Ausrüstungsinvestitionen nicht kompensieren.<br />

Credit Suisse<br />

Bulletin 5|<strong>01</strong><br />

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