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Kilometer. Im Nebenraum<br />
befindet sich das elektronische<br />
Nervenzentrum: Auf acht<br />
Bildschirmen flimmern konstant<br />
die aktuellen Daten aus<br />
den beiden Wagen. Alles<br />
steht bereit für das dritte und<br />
letzte freie Training. Doch<br />
Nebel verzögert den Start, weil<br />
der Rettungshelikopter nicht<br />
fliegen kann. Erst um elf solls<br />
losgehen.<br />
11:27 Uhr: Aufregung macht<br />
sich breit im Sauber-Lager.<br />
Noch vor der Hälfte des Trainings<br />
fahren beide Autos an<br />
die Box zurück. Das Problem<br />
muss gravierend sein, denn<br />
Stück um Stück nehmen die<br />
Mechaniker die Autos auseinander.<br />
Der ganze hintere Teil<br />
des Autos, die Getriebe-Einheit,<br />
wird demontiert und eine<br />
neue herangerollt. «Defekt<br />
an beiden Getrieben», tönt es<br />
durch die Werkstatt.<br />
11:45 Uhr: Noch eine Viertelstunde<br />
bis zum Ende des<br />
Trainings – zu wenig, um die<br />
Autos wieder startklar zu<br />
machen. Nick Heidfeld steigt<br />
aus dem Cockpit seines<br />
amputierten Wagens. Die<br />
Sauber-Leute haben wertvolle<br />
Minuten verloren, in denen<br />
sie die definitive Abstimmung<br />
der Wagen nochmals hätten<br />
testen können. Stattdessen<br />
scheint eine gute Stunde vor<br />
dem Qualifying die ganze<br />
Arbeit der letzten Tage vernichtet.<br />
Teamchef Peter<br />
Sauber erscheint und geht<br />
wortlos an den Mechanikern<br />
vorbei, die Stirne in Falten<br />
gelegt.<br />
13:00 Uhr: Start zum Qualifying.<br />
Vordergründig ist die Welt<br />
wieder in Ordnung. Eben hat<br />
es aufgehört zu regnen, und<br />
die Rennwagen stehen makellos<br />
auf ihren Plätzen. Zwölf<br />
Runden dürfen im Qualifying<br />
gefahren werden, das ergibt<br />
meistens vier Outings mit<br />
je drei Runden. Die Zeit entscheidet<br />
über den Startplatz<br />
im morgigen Rennen. Nach<br />
dem verpatzten Training von<br />
heute Morgen ist die Spannung<br />
bei Sauber noch gestiegen.<br />
Obwohl man nur eine<br />
Stunde zur Verfügung hat,<br />
schickt vorläufig noch kein<br />
Team seine Fahrer auf die<br />
Piste. Alle hoffen darauf, dass<br />
die Strecke trocknet und<br />
dadurch schneller wird.<br />
13:10 Uhr: Die Sonne kommt<br />
raus. Doch das Pokerspiel<br />
geht weiter. Immer noch keine<br />
Autos auf der Rennstrecke.<br />
13:27 Uhr: Nick startet zum<br />
ersten Versuch, mit Regenreifen.<br />
Neun Minuten später<br />
ist er wieder in der Box, mit<br />
dampfenden Rädern. Die<br />
Strecke wird von Runde zu<br />
Runde schneller, Heidfelds<br />
Zeit wird laufend unterboten.<br />
13:41 Uhr: Heidfeld startet zu<br />
einem neuen Versuch, diesmal<br />
mit Intermediates. Die Rundenzeiten<br />
sind nicht schlecht,<br />
Platz 9 im Zwischenklassement.<br />
Doch nach wie vor<br />
werden die Zeiten der Gegner<br />
immer besser.<br />
13:55 Uhr: Nick fährt seine<br />
letzte, entscheidende Serie.<br />
Rémi Decorzent, Renningenieur von Nick Heidfelds Auto<br />
«Ein Getriebeproblem: Und plötzlich<br />
ist die Rennvorbereitung im Eimer.»<br />
Er ist schnell unterwegs und<br />
fährt auf den hervorragenden<br />
sechsten Rang.<br />
13:58 Uhr: Die Freude währt<br />
nur kurz. «Heidfeld und Räikkönen<br />
out», heisst es auf dem<br />
Bildschirm. Wieder das Getriebe.<br />
Nun, in den allerletzten<br />
Minuten, purzeln auf dem<br />
Computer die Rundenzeiten.<br />
Ohnmächtig verfolgen die<br />
Sauber-Leute, wie ihre Fahrer<br />
einen Rang um den andern<br />
verlieren, weil die andern<br />
Teams ihre allerletzte Runde<br />
mit Trockenreifen fahren. Am<br />
Schluss reicht es noch für die<br />
Startplätze 12 (Kimi) und 14<br />
(Nick).<br />
Bei Sauber beginnt ein<br />
Kampf gegen die Zeit. Bis<br />
zum morgigen Rennen muss<br />
der Fehler herausgefunden<br />
und behoben sein. «Wir tappen<br />
noch völlig im Dunkeln»,<br />
meint Peter Sauber. Das<br />
Problem sei noch nie aufgetreten.<br />
«Doch in der Formel 1<br />
muss man mit allem rechnen:<br />
Das Material wird bis zum<br />
Limit abgespeckt, um zusätzliche<br />
Hundertstelsekunden zu<br />
gewinnen. Da kann es schnell<br />
zu Defekten kommen.»<br />
15:00 Uhr: Im Motorhome probiert<br />
Nick Heidfeld, Abstand<br />
vom verpatzten Qualifying zu<br />
finden. Mit Rückschlägen hat<br />
er gelernt umzugehen. Letztes<br />
Jahr, als er noch beim Prost-<br />
Team unter Vertrag war,<br />
hagelte es Pleiten, Pech und<br />
Pannen. Mit Vorschusslorbeeren<br />
in seine erste Formel-1-<br />
Saison gestartet, fuhr das<br />
junge Talent kein einziges Mal<br />
unter die ersten sechs und<br />
stand Ende Saison ohne WM-<br />
Punkte da. Der Wechsel zu<br />
Sauber auf diese Saison hin<br />
brachte die Wende. Sowohl<br />
Nick als auch sein jüngerer<br />
Teamkollege Kimi Räikkönen<br />
fuhren regelmässig in die<br />
Punkte und hievten die vorher<br />
nicht immer erfolgsverwöhnte<br />
Schweizer Equipe auf Rang<br />
vier in der Konstrukteurswertung<br />
– gleich hinter den<br />
«Grossen» Ferrari, McLaren-<br />
Mercedes und BMW-Williams.<br />
Im GP von Brasilien von Anfang<br />
April fuhr «Quick Nick»<br />
gar aufs Podest.<br />
Sonntag: Rennen<br />
10:00 Uhr: Die Stimmung im<br />
Sauber-Lager ist bitter-süss:<br />
Süss, weil die gestrigen Probleme<br />
sich im «Warm-up»,<br />
dem letzten Test vor dem<br />
Rennen, wie Morgennebel<br />
aufgelöst haben und die Fahrer<br />
mit den Rängen 3 (Kimi)<br />
und 9 (Nick) hervorragende<br />
Zeiten hingelegt haben.<br />
Bitter, weil man nun sieht,<br />
was gestern dringelegen<br />
Credit Suisse<br />
Bulletin 5|<strong>01</strong><br />
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