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Credit Suisse bulletin, 2001/05

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Kilometer. Im Nebenraum<br />

befindet sich das elektronische<br />

Nervenzentrum: Auf acht<br />

Bildschirmen flimmern konstant<br />

die aktuellen Daten aus<br />

den beiden Wagen. Alles<br />

steht bereit für das dritte und<br />

letzte freie Training. Doch<br />

Nebel verzögert den Start, weil<br />

der Rettungshelikopter nicht<br />

fliegen kann. Erst um elf solls<br />

losgehen.<br />

11:27 Uhr: Aufregung macht<br />

sich breit im Sauber-Lager.<br />

Noch vor der Hälfte des Trainings<br />

fahren beide Autos an<br />

die Box zurück. Das Problem<br />

muss gravierend sein, denn<br />

Stück um Stück nehmen die<br />

Mechaniker die Autos auseinander.<br />

Der ganze hintere Teil<br />

des Autos, die Getriebe-Einheit,<br />

wird demontiert und eine<br />

neue herangerollt. «Defekt<br />

an beiden Getrieben», tönt es<br />

durch die Werkstatt.<br />

11:45 Uhr: Noch eine Viertelstunde<br />

bis zum Ende des<br />

Trainings – zu wenig, um die<br />

Autos wieder startklar zu<br />

machen. Nick Heidfeld steigt<br />

aus dem Cockpit seines<br />

amputierten Wagens. Die<br />

Sauber-Leute haben wertvolle<br />

Minuten verloren, in denen<br />

sie die definitive Abstimmung<br />

der Wagen nochmals hätten<br />

testen können. Stattdessen<br />

scheint eine gute Stunde vor<br />

dem Qualifying die ganze<br />

Arbeit der letzten Tage vernichtet.<br />

Teamchef Peter<br />

Sauber erscheint und geht<br />

wortlos an den Mechanikern<br />

vorbei, die Stirne in Falten<br />

gelegt.<br />

13:00 Uhr: Start zum Qualifying.<br />

Vordergründig ist die Welt<br />

wieder in Ordnung. Eben hat<br />

es aufgehört zu regnen, und<br />

die Rennwagen stehen makellos<br />

auf ihren Plätzen. Zwölf<br />

Runden dürfen im Qualifying<br />

gefahren werden, das ergibt<br />

meistens vier Outings mit<br />

je drei Runden. Die Zeit entscheidet<br />

über den Startplatz<br />

im morgigen Rennen. Nach<br />

dem verpatzten Training von<br />

heute Morgen ist die Spannung<br />

bei Sauber noch gestiegen.<br />

Obwohl man nur eine<br />

Stunde zur Verfügung hat,<br />

schickt vorläufig noch kein<br />

Team seine Fahrer auf die<br />

Piste. Alle hoffen darauf, dass<br />

die Strecke trocknet und<br />

dadurch schneller wird.<br />

13:10 Uhr: Die Sonne kommt<br />

raus. Doch das Pokerspiel<br />

geht weiter. Immer noch keine<br />

Autos auf der Rennstrecke.<br />

13:27 Uhr: Nick startet zum<br />

ersten Versuch, mit Regenreifen.<br />

Neun Minuten später<br />

ist er wieder in der Box, mit<br />

dampfenden Rädern. Die<br />

Strecke wird von Runde zu<br />

Runde schneller, Heidfelds<br />

Zeit wird laufend unterboten.<br />

13:41 Uhr: Heidfeld startet zu<br />

einem neuen Versuch, diesmal<br />

mit Intermediates. Die Rundenzeiten<br />

sind nicht schlecht,<br />

Platz 9 im Zwischenklassement.<br />

Doch nach wie vor<br />

werden die Zeiten der Gegner<br />

immer besser.<br />

13:55 Uhr: Nick fährt seine<br />

letzte, entscheidende Serie.<br />

Rémi Decorzent, Renningenieur von Nick Heidfelds Auto<br />

«Ein Getriebeproblem: Und plötzlich<br />

ist die Rennvorbereitung im Eimer.»<br />

Er ist schnell unterwegs und<br />

fährt auf den hervorragenden<br />

sechsten Rang.<br />

13:58 Uhr: Die Freude währt<br />

nur kurz. «Heidfeld und Räikkönen<br />

out», heisst es auf dem<br />

Bildschirm. Wieder das Getriebe.<br />

Nun, in den allerletzten<br />

Minuten, purzeln auf dem<br />

Computer die Rundenzeiten.<br />

Ohnmächtig verfolgen die<br />

Sauber-Leute, wie ihre Fahrer<br />

einen Rang um den andern<br />

verlieren, weil die andern<br />

Teams ihre allerletzte Runde<br />

mit Trockenreifen fahren. Am<br />

Schluss reicht es noch für die<br />

Startplätze 12 (Kimi) und 14<br />

(Nick).<br />

Bei Sauber beginnt ein<br />

Kampf gegen die Zeit. Bis<br />

zum morgigen Rennen muss<br />

der Fehler herausgefunden<br />

und behoben sein. «Wir tappen<br />

noch völlig im Dunkeln»,<br />

meint Peter Sauber. Das<br />

Problem sei noch nie aufgetreten.<br />

«Doch in der Formel 1<br />

muss man mit allem rechnen:<br />

Das Material wird bis zum<br />

Limit abgespeckt, um zusätzliche<br />

Hundertstelsekunden zu<br />

gewinnen. Da kann es schnell<br />

zu Defekten kommen.»<br />

15:00 Uhr: Im Motorhome probiert<br />

Nick Heidfeld, Abstand<br />

vom verpatzten Qualifying zu<br />

finden. Mit Rückschlägen hat<br />

er gelernt umzugehen. Letztes<br />

Jahr, als er noch beim Prost-<br />

Team unter Vertrag war,<br />

hagelte es Pleiten, Pech und<br />

Pannen. Mit Vorschusslorbeeren<br />

in seine erste Formel-1-<br />

Saison gestartet, fuhr das<br />

junge Talent kein einziges Mal<br />

unter die ersten sechs und<br />

stand Ende Saison ohne WM-<br />

Punkte da. Der Wechsel zu<br />

Sauber auf diese Saison hin<br />

brachte die Wende. Sowohl<br />

Nick als auch sein jüngerer<br />

Teamkollege Kimi Räikkönen<br />

fuhren regelmässig in die<br />

Punkte und hievten die vorher<br />

nicht immer erfolgsverwöhnte<br />

Schweizer Equipe auf Rang<br />

vier in der Konstrukteurswertung<br />

– gleich hinter den<br />

«Grossen» Ferrari, McLaren-<br />

Mercedes und BMW-Williams.<br />

Im GP von Brasilien von Anfang<br />

April fuhr «Quick Nick»<br />

gar aufs Podest.<br />

Sonntag: Rennen<br />

10:00 Uhr: Die Stimmung im<br />

Sauber-Lager ist bitter-süss:<br />

Süss, weil die gestrigen Probleme<br />

sich im «Warm-up»,<br />

dem letzten Test vor dem<br />

Rennen, wie Morgennebel<br />

aufgelöst haben und die Fahrer<br />

mit den Rängen 3 (Kimi)<br />

und 9 (Nick) hervorragende<br />

Zeiten hingelegt haben.<br />

Bitter, weil man nun sieht,<br />

was gestern dringelegen<br />

Credit Suisse<br />

Bulletin 5|<strong>01</strong><br />

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