Jeder Handgriff sitzt: Thomas Zollhöfer befestigt den Unterboden (oben). «War ich schnell genug?» Nick Heidfeld nach dem ersten Training (unten). Fotos: Pia Zanetti 64 Credit Suisse Bulletin 5|<strong>01</strong>
SPONSORING Formel 1. Heidfeld trocken: «Die Eau Rouge bereitet mir keine schlaflosen Nächte.» Die Worte des Jungstars klingen abgebrüht. Doch Nick ist kein Grünschnabel im Rennsport. Schon seit 20 Jahren ist er mit dem Speed per Du. «Als ich viereinhalb Jahre alt war, setzte mich mein motorsportbegeisterter Vater auf eine Motocross-Maschine», erzählt «Quick Nick», wie ihn seine Freunde getauft haben. «Mit acht Jahren durfte ich dann erstmals mit dem Kart auf dem Nürburgring fahren. Es machte mir gleich zu Beginn ungeheuer Spass.» Es folgte die übliche rennfahrerische «Ochsentour»: Formel Ford 1600, Formel 3, Formel 3000 – in jeder dieser Kategorien gewann der Wunderknabe die Meisterschaft – und schliesslich die Formel 1. Freitag: Freies Training 10:30 Uhr: In der Sauber-Box heulen die Motoren auf und sorgen für einen Lärmpegel wie auf einem Flughafen. In dreissig Minuten beginnt das erste freie Training. Etwa dreissig Mann drängen sich in der Box und unterziehen die beiden aufgebockten Wagen den letzten Tests. Was wie ein ungeordneter Menschenknäuel aussieht, ist in Wahrheit ein hochspezialisiertes Ensemble mit klarer Rollenverteilung. Pro Wagen gibt es ein Team von rund einem Dutzend Mann. Und von denen ist für jeden Bestandteil des Wagens wiederum eine Person verantwortlich: Karosserie, Reifen, Bremsen, Kupplung, Getriebe, Benzin, Elektronik. 10:50 Uhr: Noch zehn Minuten bis zum freien Training. Die beiden Sauber-Piloten erscheinen in der Box. Nun geht alles sehr schnell: die Kopfhörer in die Ohren geschoben, den weissen Kopfschutz übergestülpt, den Helm aufgesetzt, Handschuhe angezogen und im Auto Platz genommen. Jemand legt dem Fahrer die Gurten an, ein anderer montiert das Lenkrad. Die Mechaniker entfernen die Heizdecken, welche die Reifen stets umhüllen – sie sorgen für eine Reifentemperatur von 80 Grad und damit für eine optimale Bodenhaftung. Ein Sauber-Mann führt die Welle des Startermotors ins Getriebe ein und startet damit den Motor. Sekunden später fährt Nick Heidfeld hinaus und biegt in die Boxengasse ein. Eine Minute darauf folgt Kimi Räikkönen. 11:<strong>05</strong> Uhr: Nicks Wagen taucht wieder in der Boxengasse auf. Drei Mechaniker schieben das Auto in die Box zurück, Fotografen strömen herein. Installationsrunde heisst diese erste Runde, bei der die Crew überprüft, ob alles am Wagen in Ordnung ist. Auf dem Monitor, den man vor dem Cockpit aufgesetzt hat, verfolgt Nick seine Rundenzeiten, danach die Runden der Konkurrenten. Mit seinem Renningenieur diskutiert er kurz, wie sich der Wagen auf der Strecke gehalten hat. Eine knappe Viertelstunde später gehts wieder los, nun aber mit vollem Tempo. Um zwölf ist das Training zu Ende. Die beiden Sauber liegen auf Platz sieben (Räikkönen) und acht (Heidfeld). Renningenieur Rémi Decorzent ist der Herr über den C20-07, das Auto von Nick Heidfeld. Zusammen mit Chef-Mechaniker Urs Kuratle sorgt der Franzose dafür, dass der Wagen ideal auf die Rennstrecke abgestimmt ist. Ein komplexer Prozess: «Jede Veränderung am Motor, an der Aerodynamik oder an den Reifen wirkt sich wieder auf alle andern Elemente aus», sagt Decorzent. Daraus entsteht ein permanentes Spiel von Versuch und Irrtum – unterstützt von modernsten Messverfahren. Mit den Messdaten aus den Computern allein ist es jedoch nicht getan: «Ebenso wichtig ist das Feedback vom Fahrer.» Decorzent ist voll des Lobs über sein «Versuchskaninchen»: «Nick ist sehr akribisch, wenn es um die Weiterentwicklung des Autos geht.» 13:00 Uhr: Beginn des zweiten freien Trainings. Nach 20 Minuten setzt ein Platzregen ein. Die Teams beeilen sich, um die Regenreifen zu montieren. Zehn Minuten später scheint wieder die Sonne. Die Piste trocknet allmählich ab, sodass die Mechaniker nach einer halben Stunde die «Intermediates» montieren – Reifen, die nicht ganz so viel Profil haben wie die Regenreifen, jedoch mehr als die Trockenreifen. Nach Trainingsende trifft man auf einen zufriedenen Renningenieur: «In Spa gibt es öfter ein Regenrennen. Nun konnten wir testen, wie gut die Wagen auf der nassen Strecke unterwegs sind.» Samstag: Qualifying 9:00 Uhr: Ein unverändertes Bild in der Sauber-Box. Vor dem Ausgang zur Boxengasse die aufgebockten Wagen. Daneben etwa ein Dutzend Reifensätze. Hinter der Box der Materialraum: Hier lagern die Teile, die bei Bedarf in Windeseile an den Autos ausgewechselt werden können. Acht verschiedene Frontflügel stehen herum, ebenso viele Heckflügel und sieben Ersatzmotoren – ein Formel- 1-Motor hält gerade mal 500 Josef Leberer, Konditionstrainer und Physiotherapeut «Nick Heidfeld ist wie alle Spitzenfahrer: extrem ehrgeizig.» Credit Suisse Bulletin 5|<strong>01</strong> 65