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Für Roger Kunz wäre<br />
eine Kapitalgewinnsteuer<br />
schädlich für die Wirtschaft:<br />
«Die Kapitalkosten für<br />
die Unternehmen würden<br />
sich erhöhen.»<br />
«Steigende Steuern<br />
verleiden den Leuten»<br />
Im Dezember stimmt das Schweizer Volk über die Einführung einer<br />
Kapitalgewinnsteuer ab. Roger Kunz, Leiter Finance Research, wird ein Nein<br />
in die Urne legen. Dem Bulletin sagt er, warum.<br />
Interview: Christian Pfister, Redaktion Bulletin<br />
CHRISTIAN PFISTER Warum sind Sie dafür, dass<br />
Börsengewinne von Privatpersonen steuerfrei<br />
bleiben?<br />
ROGER KUNZ Das sind im Wesentlichen drei<br />
Gründe: Eine Kapitalgewinnsteuer würde<br />
die allgemeine Steuerlast weiter erhöhen.<br />
Zudem ist die steuerliche Belastung des<br />
Vermögens in der Schweiz im internationalen<br />
Vergleich bereits sehr hoch. Schliesslich<br />
steht der zu erwartende Ertrag in keinem<br />
Verhältnis zum Erhebungsaufwand.<br />
C.P. Wie viel Geld würde denn dem Fiskus<br />
an Mehreinnahmen zufliessen?<br />
R.K. Da alle Kantone, die eine Kapitalgewinnsteuer<br />
kannten, diese abgeschafft<br />
haben, kann es nicht sehr viel sein. Der<br />
Bundesrat schätzte das Ertragspotenzial auf<br />
brutto 100 bis 400, eine Studie der Uni Basel<br />
auf 200 bis 300 Millionen Franken. Bei<br />
diesen Durchschnittszahlen ist allerdings zu<br />
berücksichtigen, dass sie wie die Börse sehr<br />
grossen Schwankungen unterliegen.<br />
C.P. Wären die Behörden in der Lage, diese<br />
Zusatzsteuer einzufordern?<br />
R.K. Es wäre mit einem sehr grossen<br />
administrativen Aufwand verbunden. Insbesondere<br />
müssten die Steuerpflichtigen<br />
noch mehr Belege aufbewahren, um in der<br />
Steuererklärung detaillierte Angaben über<br />
ihre Wertschriftentransaktionen machen zu<br />
können, die von den Steuerbehörden zu<br />
kontrollieren wären.<br />
C.P. Würde sich die Arbeit lohnen?<br />
R.K. Wenn ich die wenig ergiebigen<br />
und stark schwankenden Erträge dem<br />
Erhebungsaufwand und der weiter eingeschränkten<br />
Privatsphäre gegenüberstelle,<br />
ist die Anwort für mich klar nein.<br />
C.P. Die meisten ausländischen Staaten<br />
kennen eine Kapitalgewinnsteuer. Liegen<br />
diese alle falsch?<br />
R.K. Tatsächlich kennen die meisten<br />
Länder eine solche Steuer. Dabei werden<br />
aber Kapitalgewinne meist nur unter eng<br />
definierten Voraussetzungen besteuert. In<br />
Deutschland werden zum Beispiel die Gewinne<br />
nur besteuert, wenn sie innerhalb<br />
eines Jahres realisiert werden oder wenn<br />
Foto: Eva-Maria Züllig<br />
46 Credit Suisse Bulletin 5|<strong>01</strong>