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WILDE STAEMME VON MALÄKA.<br />
Das Mädchen, welches dem Hang Tüa in Djohol geboren worden war, blieb dort bis zum<br />
heirathsfähigen Alter. Nach alter Blandass-Sitte wurde sie zum Batin auf ein Jahr gemacht; danach<br />
heirathete sie einen Mann aus MSnangkabau. Aus der Zeit, wo dieses Kind Bätin war, stammt — so<br />
sagen die Örang „Blandass" — der Titel Pangku Pönghülu. ')<br />
Lange Zeit verläuft so die Geschichte der Orang „Blandass", der Bedüanda, oder, wie die Örang<br />
„Blandass" selbst sie nennen „Söminar".<br />
Der Pgnghülu von Inah (einem kleinen, fast unabhängigen Gebiet von Djohol) gelangte in den<br />
Besitz eines hölzernen Hackbretts ^) auf welchem die Fledermäuse von Pülo Pendjaring eingeschnitten<br />
waren und eines Löffels von aher „Blandass"-Form ') aus dem Schädel eines dieser Fledermäuse. *)<br />
Die Örang-„Blandass" hatten zu jener Zeit keine festen Grenzen, wie jetzt bestehen. Diese sind<br />
aus späterer Zeit und rühren erst von den Malaien her.<br />
Der letztgeborene Sohn des „Hang Tüa" wurde Bätin des Süngei-Üdjong-Gebietes, und seitdem<br />
sehen die Örang „Blandass" alles Gebiet, was heut zu Süngei-Odjong, Klang (Selangor), Djohol und<br />
<strong>Malaka</strong> gehört, als ihr eigentliches Vaterland an.<br />
Nachdem „Hang Tüa" und sein Geschlecht ausgestorben war, erhielten die örang „Blandass" nie<br />
wieder einen - Batin, im Sinne der alten einheimischen Bätins, welcher ordnungsmässig in Uebereinstimmung<br />
mit der alten „Blandass"-Sitte gewählt worden wäre. Wenn eine Anzahl Örang „Blandass"<br />
eine neue Ansiedelung gründen wollte, so wählte man sich einen Bätin: einen Haupt-ßätin, der den<br />
neuen bestätigt hätte, gab es nicht und dadurch verringerte sich die Macht der Bätin's und ihrer<br />
Beamten so, dass zuletzt jeder Mann der Gemeinde ihnen fast gleich stand.<br />
Von anderer Seite her< aber erstand eine überwiegende Macht den Malaien durch die Bedüanda. *)<br />
Die Bödüanda erlangten reissend schnell eine Uebermacht über die Örang „Blandass".<br />
Als die Malaien in grösseren Massen kamen, um Land zu suchen, besprachen sie sich bloss mit<br />
dem Häuptling der Bedüanda, welcher anfangs noch sich mit dem Bätin der örang „Blandass" verständigte,<br />
bald aber fragte der Häuptling der Bedüanda den „Blandass"-Bätin gar nicht mehr, sondern<br />
gab seinen malaiischen Landsleuten, was sie wünschten, aus eigener Machtbefugniss.<br />
So begann das friedliche „Hinausdrängen" und der ruhige, sorglose, träge „Blandass"-Mann Hess<br />
es ohne Widerstand geschehen, bis schhesslich die ursprünglichen Eigenthümer des Bodens als eine<br />
störende Last auf ihm betrachtet wurden. Die Schicksale beider Völker entwickelten sich nun nebeneinander.<br />
Die Malaien zogen ihre Ansiedlungen eng zusammen, anfangs an den Flüssen, dann, als die<br />
Örang ,, Blandass" die Lichtungen, welche sie gemacht hatten, verliessen — aus Gründen, die keineswegs<br />
mit dem Druck, welchen die Malaien ausübten, zusammenhängen — nahmen sie auch von diesen<br />
Besitz und bildeten ein geschlossenes besiedeltes Gebiet. Nach und nach gelangte alles in ihre Hände.<br />
Die Örang „Blandass" entbehrten das verlorne Land nicht und kümmerten sich<br />
nicht darum; der<br />
Hinterwald blieb ihre Domäne und von der Nähe der Ansiedler entfernt zu leben, wurde ihnen Lebensbedürfniss.<br />
Wenn man glauben will, dass die jetzt lebenden Örang „Blandass" der Rest des alten Volkes ist,<br />
so ist der Bericht der Malaien von Landkauf gänzlich unrichtig. Die alten Örang „Blandass" und<br />
ebenso die gegenwärtigen, welche in ihren Bergen und schwer zugänglichen Wäldern leben, haben nie<br />
einen Zoll breit Land verkauft. Land hatte ja für sie keinen Werth. Die Darstellung der Bedeutung<br />
von Wäris, welche ich allenthalben von den Örang „Blandass" erhielt, ist eine völlig andere als die der<br />
Malaien oder Bedüanda.<br />
Wäris ") ist den örang „Blandass" zufolge einfach der Name für das, was sie jetzt auf malaiisch<br />
„Bangsa" nennen.<br />
Die Örang „Blandass" gebrauchen das Wort „Wäris", um die Rasse, die Nationalität zu<br />
') Vgl, zur Sache: Martin Lister, The Nägri Sembilan, their Origin and Constitution. S. 38. J. Str. Br. As. Soc. 19. 1887.<br />
H. V. Stevens bemerkt zu der Stelle: No Batin would take the office of Penghullu, which is much lower. [Pangku, mal. jav.<br />
vgl. Vreede s. v.]<br />
^) Im Original: Peninchung Däging Kluang [vgl. Mal. Pantjung Däging Kälüang („Abhauen", „Fleisch", Fledermaus).]<br />
') genannt ,Penyoomay".<br />
*) Im Original: These heirlooms were collectively called „Bärang Päsäkär Dito Nenek Jemün Dooloo".<br />
') Im Original steht: Beduandar, Duandar.<br />
^) [Mal. Wäris, Jav. und Sund. Waris heritier, legataire ist arabisches Lehnwort Wäris, Mal. Bangsa, Jav, Wongsa,<br />
Sund. Bat. Bangsa ist das Sanskrit-Lehnwort Vaipäa. Dies zur Berichtigung und Klarstellung des oben Gesagten.]