LÄUFT. Juli/August 2018
LÄUFT. ist das Magazin von laufen.de. Und das sind die Themen dieser Ausgabe: So macht Laufen glücklich – wir lüften das Geheimnis des Runner's High. Ein neues Leben als Läuferin – wie Antje Wensel trotz einer schlimmen Fettstoffwechselstörung durch Namibias Wüste gelaufen ist. Perfekt regenerieren, schneller laufen – wir erklären, warum zu jedem Training auch die entsprechende Erholung gehört.
LÄUFT. ist das Magazin von laufen.de. Und das sind die Themen dieser Ausgabe: So macht Laufen glücklich – wir lüften das Geheimnis des Runner's High. Ein neues Leben als Läuferin – wie Antje Wensel trotz einer schlimmen Fettstoffwechselstörung durch Namibias Wüste gelaufen ist. Perfekt regenerieren, schneller laufen – wir erklären, warum zu jedem Training auch die entsprechende Erholung gehört.
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LAUFENDE<br />
ZEIT-<br />
REISE<br />
—<br />
› SERIE: TRAINING VON DEN 80ERN BIS HEUTE ‹<br />
Text: Frank Steinseifer | Fotos: Frank Steinseifer, Imago<br />
↦ Japan ist so etwas wie die zweite<br />
Heimat für Katrin Dörre-Heinig.<br />
Anfang <strong>2018</strong> war die 56-Jährige<br />
mal wieder dort. Nicht im Urlaub,<br />
sondern unterwegs in spezieller<br />
Mission des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.<br />
„Mit Blick auf<br />
die Olympischen Spiele von Tokio<br />
2020 haben wir uns nach einem<br />
geeigneten Standort für ein Höhentrainingslager<br />
in Miyazaki umgesehen.<br />
Wir wollen uns frühzeitig ein<br />
Bild machen, welche Bedingungen<br />
unsere Läufer in zwei Jahren vor<br />
Ort haben werden“, erklärt die<br />
DLV-Bundestrainerin für den Marathonlauf<br />
der Männer und Frauen.<br />
„Immer schön, wenn ich mal wieder<br />
dort bin. Da kennen mich noch sehr<br />
viele von früher.“ Kein Wunder, 17<br />
Marathonläufe absolvierte sie im<br />
„Land der aufgehenden Sonne“, allein<br />
in Tokio ging sie achtmal, in Osaka<br />
sechsmal an den Start und feierte<br />
allein bei diesen beiden Läufen sieben<br />
Siege. Ihren wohl größten Erfolg feierte<br />
sie aber 1988, als sie in Seoul bei<br />
den Olympischen Spielen Bronze gewann.<br />
Damit ist sie die bislang einzige<br />
deutsche Marathonläuferin mit einer<br />
Olympiamedaille. Ihre Bestzeit lief sie<br />
jedoch erst rund zehn Jahre nach dem<br />
Mauerfall 1999 in Hamburg (2:24:35<br />
h). Eine Reihe von Verletzungen<br />
stoppte Anfang dieses Jahrtausends<br />
ihre einmalige Laufbahn.<br />
Als wir uns treffen, ist Katrin Dörre-Heinig<br />
zu Besuch bei ihrer Tochter<br />
Katharina im Frankfurter Süden. Immer<br />
wieder, wenn es die Zeit zulässt,<br />
treffen sich Mutter und Tochter: zum<br />
Klönen, zum Gedankenaustausch,<br />
aber auch zur Trainings- und Wettkampfplanung<br />
und manchmal auch<br />
zu einem lockeren Dauerlauf. Das<br />
Verhältnis zwischen den beiden war<br />
nicht immer einfach. „Manchmal muss<br />
ich sie als Trainerin hart kritisieren,<br />
das tut mir dann richtig weh. Sie ist<br />
ja nicht nur meine Sportlerin, sie ist<br />
ja vor allem auch meine Tochter“, gibt<br />
die Bundestrainerin und Mutter in<br />
einer Person ein Stück ihres Innenlebens<br />
preis. Katharina ergänzt: „Wir<br />
versuchen aber, so gut es geht, das Familiäre<br />
und das Sportliche zu trennen.<br />
Ich habe sehr großes Vertrauen in sie,<br />
sie gibt mir bei Wettkämpfen Halt und<br />
Zuversicht.“<br />
Presseanfragen, Interviewwünsche<br />
und Fotoshootings kennen die zwei<br />
Topläuferinnen zur Genüge, eine Homestory<br />
und dann auch noch der Blick<br />
in die sonst verschlossenen Trainingsaufzeichnungen,<br />
das gab es zuvor<br />
noch nicht. Für <strong>LÄUFT</strong>. machten die<br />
Bundestrainerin und ihre Tochter,<br />
eine der derzeit hoffnungsvollsten<br />
deutschen Marathonläuferinnen, eine<br />
Ausnahme. Während Mutter Katrin<br />
von ihrer Dienstreise in Japan erzählt,<br />
blättert sie in alten Trainingsunterlagen,<br />
manche Seiten vergilbt, mit<br />
dem Staatswappen der Deutschen<br />
Demokratischen Republik auf dem<br />
Deckblatt.<br />
TRAINING IN DER DDR<br />
„Wir haben zu DDR-Zeiten schon im<br />
Schülerbereich viel härter trainiert<br />
als heute. Drei, vier Tage hintereinander<br />
mit sehr hoher Intensität. Aus<br />
heutiger Sicht vielleicht zu hart“,<br />
räumt sie ein, um gleich zu revidieren:<br />
„Zu hart? Keine Ahnung. Ich war ja<br />
in den Jahren danach erfolgreich und<br />
nur das zählte.“ Training in der Ära<br />
der DDR im Vergleich zu heute – geht<br />
das überhaupt? Katrin Dörre-Heinig<br />
ist sich sicher: „Das geht eigentlich<br />
gar nicht. Wir sind in einem Sportsystem<br />
groß geworden, die Zeit ist mit<br />
heute nicht mehr vergleichbar. Dem<br />
Sport und dem Erfolg wurde alles<br />
untergeordnet. Alles war bis ins Detail<br />
geregelt. Als Sportler musste man sich<br />
um nichts mehr kümmern.“<br />
Ausgebreitet auf dem Esszimmertisch<br />
liegen Trainingsaufzeichnungen aus<br />
zwei Jahrzehnten. Die Erinnerungen<br />
an Japan, an die Marathonrennen in<br />
einem Land, in dem der Wettkampf<br />
über die 42,195 Kilometer so eine<br />
große Bedeutung hat, sind plötzlich<br />
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