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Berliner Zeitung 13.04.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 87 · 1 3./14. April 2019 11<br />

·························································································································································································································································································<br />

Berlin<br />

Internetnutzung<br />

täglich in Stunden<br />

nach Alter<br />

14-19 Jahre<br />

14-29 Jahre<br />

30-49 Jahre<br />

50-69 Jahre<br />

2:03<br />

ab 70 Jahren<br />

0:37<br />

4:18<br />

5:44<br />

5:53<br />

Internetnutzung<br />

täglich in Stunden<br />

Gesamt<br />

Frauen<br />

Männer<br />

2:59<br />

3:16<br />

3:35<br />

Nutzungsdauern konkreter Tätigkeiten täglich in Minuten<br />

nach Alter in Jahren: 14-19 14-29 30-49 50-69<br />

Sendungen in Mediatheken/<br />

YouTube gesehen<br />

9 9 8 3<br />

Filme/Videos bei Netflix, Maxdome,<br />

Amazon usw. gesehen<br />

Filme/Videos bei YouTube,<br />

MyVideo etc. gesehen<br />

Videos bei Facebook/<br />

Nachrichtenportalen gesehen<br />

Podcasts oder Radiosendungen<br />

zeitversetzt gehört<br />

Musik bei Spotify/YouTube gehört<br />

Artikel/Berichte digital im<br />

Internet gelesen<br />

Chatten, E-Mail, Messenger,<br />

WhatsApp<br />

etwas im Internet erledigt/eingekauft<br />

Onlinespiele gespielt<br />

kurz im Internet informiert,<br />

schnelle Suche<br />

im Internet gesurft<br />

57 44 21 4<br />

33 26 6 1<br />

9 7 2 1<br />

1 2 12 4<br />

68 67 17 3<br />

49 52 39 19<br />

125 152 118 57<br />

2 10 12 10<br />

34 28 21 10<br />

36 58 69 31<br />

18 20 17 10<br />

Besitz Internetelektronik<br />

in Prozent<br />

Computer/Laptop<br />

Tablet (z. B. iPad)<br />

Handy/Smartphone<br />

23<br />

29<br />

44<br />

7<br />

10 10<br />

2 5 7 7 7<br />

51<br />

31<br />

21<br />

14 14<br />

Regelmäßig<br />

im Internet<br />

täglich<br />

in Minuten 82<br />

45<br />

2017<br />

2018<br />

6 7 8 9 10 11 12 13<br />

Alter in Jahren<br />

71<br />

82<br />

51<br />

90<br />

59<br />

20 23<br />

93<br />

BLZ/GALANTY; QUELLE: ARD-ZDF-ONLINESTUDIE, KINDER-MEDIEN-STUDIE<br />

Berlin ist<br />

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„Die Gefahr der Sucht“<br />

Eltern<br />

Norman Heise,<br />

Elternvertreter<br />

PRIVAT<br />

Als die französische Regierung vor<br />

einigen Monaten ein generelles<br />

Handyverbot für Schulen verhängte,<br />

sah der <strong>Berliner</strong> Landeselternausschuss<br />

dies äußerst kritisch. „Ein generelles<br />

Verbot von Smartphones an<br />

Schulen und im Unterricht lehnen<br />

wir ab“, sagt Heise,Vorsitzender des<br />

Landeselternausschusses.<br />

Berlins Schulen seien vom Prinzip<br />

her eigenverantwortlich und sollten<br />

mit allen Beteiligten sinnvolle<br />

und praxisnahe Regelungen treffen.<br />

Mit Smartphones komme<br />

morgens die moderne<br />

Technik in die Schule. Die<br />

Schüler seien technisch<br />

oft viel besser ausgestattet<br />

als die Schulen. Und das<br />

sollte man durchaus nutzen,<br />

meint der Elternvertreter.<br />

„Wer als Schüler im<br />

Kunstunterricht ein Werk<br />

erstellt und dabei gern<br />

Musik hören möchte, soll<br />

das meinetwegen auch<br />

tun können“, sagt der Vater zweier<br />

Kinder. Natürlich nur ohne andere<br />

zu stören. „Wer bei Unterrichtsausfall,<br />

in der Pause oder während Freistunden<br />

das Smartphone nutzen<br />

möchte,soll es tun können.“ Besorgniserregend<br />

findet der 41-jährige<br />

Heise es allerdings, dass die Handy-<br />

Nutzer immer jünger werden. Das<br />

belegen auch einschlägige Studien.<br />

„Hier müssen wir aufpassen“, sagte<br />

er.Esbestehe die Gefahr,dass bereits<br />

Kinder viel zu viel spielten, dass sie<br />

süchtig danach würden und sich sozial<br />

abkapseln. Eltern können<br />

Handypausen vereinbaren, im Gespräch<br />

sollte das Smartphone beiseite<br />

gelegt werden. Heise findet es<br />

auch in Ordnung, wenn Eltern sich<br />

die Chatverläufe im Handy der Kinder<br />

anschauen. „Zumindest bei<br />

Grundschulkindern sollte das drin<br />

sein“, meint er. Später in der Pubertät<br />

könnten sich Eltern das nicht<br />

mehr erlauben, weil die Kinder größer<br />

seien und auf ihre Privatsphäre<br />

achten. Cybermobbing und Beschimpfungen<br />

im Internet<br />

finden aber heute<br />

schon in der Grundschule<br />

statt. Auf jüngere<br />

Kinder könnten Eltern<br />

noch besonders gut einwirken<br />

und Grenzen setzen.<br />

Generell sollten sich<br />

Eltern und Schule einig<br />

sein, wie sie auf Cybermobbing<br />

reagieren und<br />

wie sie es präventiv angehen<br />

wollen, fordertHeise.<br />

„Eltern dürfen nicht erwarten,<br />

dass sie ihr Kind mit dem<br />

Smartphone und allen Risiken und<br />

Nebenwirkungen ausstatten – und<br />

die Schule den Schülern dann den<br />

angemessenen Umgang damit beibringt“,<br />

sagt der Marzahner.<br />

Zumal viele soziale Netzwerke<br />

wie WhatsApp erst für Jugendliche<br />

ab 16 Jahren zugelassen sind, die Eltern<br />

ihren Kindern den Gebrauch<br />

aber meist viel früher erlauben. Heises<br />

Credo: „Die Regeln, die in der<br />

analogen Welt gelten, müssen genauso<br />

in der digitalen Welt gelten.“<br />

„Kinder belügen Eltern“<br />

Klaus Seifried, langjähriger Schulpsychologe,<br />

belegt den Kulturwandel,<br />

der mit der Digitalisierung<br />

einhergeht, mit Zahlen aus einer<br />

Studie der DAK. Nur14Prozent aller<br />

12- bis 17-Jährigen verbringt weniger<br />

als eine Stunde täglich am Smartphone<br />

oder Computer, alle anderen<br />

mehr, ein Viertel sogar mehr als vier<br />

Stunden. „Der Blick zum Smartphone<br />

gehört zum Alltag, auch der<br />

Erwachsenen“, sagt er. „Diese Zeit<br />

fehlt für andere Dinge: Gespräche,<br />

Pausen, Nachdenken, Entspannen.“<br />

Und die neueste<br />

JIM-Studie aus dem Jahr<br />

2018 zeigt, dass 97 Prozent<br />

der Jugendlichen ein Smartphone<br />

besitzen. Viele Kinder<br />

und Jugendliche entwickeln<br />

deshalb eine besondere<br />

Kompetenz im Umgang<br />

mit digitalen Geräten<br />

und Informationen. „Deshalb<br />

ist es wichtig, diese<br />

Kompetenzen im Unterricht<br />

zu nutzen und fortzuentwickeln“,<br />

fordert Seifried, der auch im<br />

Berufsverband Deutscher Psychologinnen<br />

und Psychologen aktiv ist. Er<br />

sagt: „Medienkompetenz, Informationen<br />

über Möglichkeiten und Gefahren<br />

sozialer Medien, die Nutzungsmöglichkeiten<br />

von digitalen<br />

Medien, aber auch Computersucht<br />

und weitere Aspekte sollten stärker<br />

in Schulen unterrichtet werden.“<br />

Untereinander kommunizieren<br />

Jugendliche laut DAK-Studie am<br />

liebsten über WhatsApp (66 Prozent),<br />

Instagram (14 Prozent) oder<br />

Psychologe<br />

SnapChat (neun Prozent). Dabei<br />

spielt die Selbstinszenierung eine<br />

große Rolle –oft auch über bearbeitete<br />

Fotos. Oft setzen sich Kinder<br />

oder Jugendliche dabei gegenseitig<br />

unter Druck.<br />

Seifried sagt: „Das Chatten und<br />

das Spielen wird immer wichtiger,<br />

die Kinder denken überwiegend<br />

daran.“ Sorge bereitet ihm auch die<br />

Spielsucht. Laut DAK-Studie zeigen<br />

immerhin 18 Prozent der Jungen<br />

und neun Prozent der Mädchen Anzeichen<br />

von Suchtverhalten.<br />

„Eltern sollten<br />

sich beraten lassen,<br />

wenn sie solche Anzeichen<br />

bei ihren Kindern<br />

feststellen“, sagt der 68-<br />

Jährige. Sie sollten auf-<br />

Klaus Seifried<br />

ist Psychologe<br />

BLZ/WÄCHTER<br />

merksam werden,<br />

wenn ihre Kinder die<br />

Schule, ihre Hobbys<br />

und soziale Kontakte<br />

vernachlässigen. „Oder<br />

die Schulnoten rapide<br />

schlechter werden.“ Als<br />

langjähriger Schulpsychologe hat er<br />

viele solche Fälle erlebt. Oft waren<br />

diese Schüler zuerst durch Schwänzenaufgefallen.<br />

Negative Erlebnisse und Gefühle<br />

würden Kinder und Jugendliche<br />

heute oft nicht mehr in einem Gespräch<br />

klären, sondern durch das<br />

Spiel kompensieren –umdiese zu<br />

vergessen. Klaus Seifried mahnt Eltern<br />

zur Vorsicht: „Die Kinder belügen<br />

ihreElternund leugnen das zeitliche<br />

Ausmaß des Spielens oder<br />

Chattens.“<br />

„Eine Frage der Dosis“<br />

Smartphones sind an öffentlichen<br />

<strong>Berliner</strong> Schulen nicht direkt Unterrichtsthema.<br />

Im Rahmenlehrplan<br />

für die Sekundarstufe I, also die Klassen<br />

7 bis 10, ist „Smartphone-Gebrauch“<br />

kein eigenständiges Unterrichtsthema,<br />

bestätigte die Bildungsverwaltung<br />

auf Anfrage. Aber<br />

es gebe etliche Themenfelder, die<br />

damit in Zusammenhang stünden.<br />

Im Rahmenlehrplan für das Wahlpflichtfach<br />

Informatik, der auch die<br />

Inhalte des ITG-Unterrichts in der<br />

8. Klasse beschreibt, gibt es<br />

demnach die Themenfelder<br />

„Wechselwirkungen zwischen<br />

Informatiksystemen,<br />

Mensch und Gesellschaft<br />

beurteilen“ und „Kommunizieren<br />

und Kooperieren“.<br />

Über die konkreten Inhalte<br />

und Beispiele entscheidet<br />

die jeweilige Lehrkraft. Dabei<br />

sollten Lehrer mit ihrem<br />

Unterrichtsangebot möglichst<br />

an die Lebenswelt der<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

anknüpfen: Also liege das Thema<br />

„mobile Kommunikation/Smartphone“<br />

sehr nahe.„Es ist wie bei anderen<br />

Themen immer eine Frage der<br />

richtigen Dosis“, sagt Bildungssenatorin<br />

Sandra Scheeres (SPD). „Deshalb<br />

können bei uns die Schulen die<br />

Regeln auch selbst aufstellen, weil<br />

sie die Situation vor Ort am besten<br />

kennen.“ Die Medienbildung ist in<br />

den neuen Rahmenlehrplänen für<br />

Berlin und Brandenburg zudem eines<br />

von etwa 20 Themen, die fachübergreifend<br />

immer wieder behan-<br />

Politik<br />

Senatorin<br />

Scheeres.<br />

delt werden sollen. Wie auch Demokratie-<br />

oder Gesundheitserziehung.<br />

Genutzt wird oft das Unterrichtsmaterial<br />

der Initiative klicksafe.de,<br />

darunter zum Beispiel der Baustein 3<br />

„Was wir lieben: Mobiles Internet,<br />

Kommunikation und Spiele“. Empfohlen<br />

wird dort für 10- bis 13-Jährige<br />

eine verhandelbareInternetnutzungsdauer<br />

von einer Stunde pro<br />

Tag. Mit zunehmendem Alter kann<br />

das auf neun bis zwölf Stunden pro<br />

Woche ausgeweitet werden. Mediengutscheine<br />

können<br />

helfen, das zu kontrollieren.<br />

Auch zwischen<br />

14 und 17 Jahren sollen<br />

Eltern laut Klicksafe.de<br />

noch Nutzungszeiten<br />

absprechen, um exzes-<br />

BLZ/PONIZAK<br />

sivem Onlinekonsum<br />

vorzubeugen. Das sei<br />

aber schwierig zu kontrollieren.<br />

Elternsollten<br />

dennoch prüfen, ob genug<br />

Zeit für Schule,<br />

Ausbildung und Hobbysbleibe.„Wichtig<br />

ist in jedem Fall,<br />

dass sich Schüler im Unterricht mit<br />

den Risiken und Gefahren des Internets<br />

beschäftigen“, sagt Scheeres.<br />

Zum Beispiel mit Cybermobbing<br />

und dem Umgang mit persönlichen<br />

Daten. „Das gehört für mich zwingend<br />

zur digitalen Bildung.“<br />

Derzeit werden die Schulen mit<br />

Breitbandanschlüssen ausgestattet.<br />

Begonnen wirdmit den Oberstufenzentren,<br />

danach sind zunächst die<br />

Neuköllner Schulen dran. Dann soll<br />

dortauch das WLAN funktionieren.

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