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Berliner Zeitung 13.04.2019

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B2 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 87 · 1 3./14. April 2019<br />

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Reise<br />

VonDirk Engelhardt<br />

Goethe und Schiller lebten<br />

hier, Luther, Wilhelm und<br />

Alexander von Humboldt,<br />

Fichte, Schelling, Jean<br />

Paul, August Wilhelm und Friedrich<br />

von Schlegel, Ludwig Tieck, Novalis,<br />

Henrik Steffens und Hegel kamen zu<br />

Besuch: Weimar ist ein Hort deutscher<br />

Kultur. Rund drei Millionen<br />

Besucher lassen sich zur Zeit pro<br />

Jahr auf eine Reise in die deutsche<br />

Klassik ein. Und werden nicht enttäuscht:<br />

die alten Bauten wurden<br />

sorgsam restauriert, Plätze wirken<br />

mit dem alten Kopfsteinpflaster anheimelnd,<br />

und der Markt sorgt für<br />

lebendiges Kleinstadtflair. Im Park<br />

an der Ilm, wo man voneiner Anhöhe<br />

auf Goethes Gartenhaus blicken<br />

kann, stauen sich oft die gut besuchten<br />

Gruppen der Stadtführungen.<br />

Ein Ort der Erinnerung<br />

Wiege der Klassik und des Bauhauses<br />

Die Kulturstadt Weimar strotzt an jeder Ecke vor Kultur und deutscher Geschichte –Tipps für einen Erstbesuch<br />

Goethe und Schiller sind allgegenwärtig in Weimar,nicht nur als Statuen.<br />

Wie mag Weimar wohl zu Goethes<br />

Zeiten ausgesehen haben?<br />

1775 kam er in Weimar an, damals<br />

hatte das Städtchen nur 6000 Einwohner<br />

und war recht hässlich. Das<br />

Schloss war gerade abgebrannt,<br />

Handel und Industrie darbten.<br />

1776 schenkte Herzog Carl August<br />

Goethe ein Häuschen mit Garten.<br />

Um das Grün kümmerte sich<br />

hauptsächlich Goethes Frau Christiane.<br />

Heute kann man das Häuschen<br />

für 6,50 Euro besichtigen. Allerdings<br />

ist nicht mehr die gesamte<br />

Originaleinrichtung vorhanden.<br />

DasHaus zogberühmte Besucher<br />

an: Richard Wagner, Hans Christian<br />

Andersen, Franz Kafka, Hector Berlioz,<br />

Samuel Beckett und Thomas<br />

Mann genossen einst den Ausblick<br />

in den Park. Im grünen Raum hängen<br />

Porträts von Goethes Eltern aus<br />

Frankfurt. Ihnen widmete er die Zeilen:<br />

„Vom Vater hab ich die Statur.<br />

Des Lebens ernstes Führen. Von<br />

Mütterchen die Frohnatur.Und Lust<br />

zu fabulieren.“<br />

Kernpunkt eines Weimar-Besuchs<br />

ist die Besichtigung von Goethes<br />

Wohnhaus am Frauenplan<br />

(12 Euro). Hier fällt vor allem die<br />

weitläufige Treppenanlage auf, die<br />

Goethe einbauen ließ, und die mit<br />

sehr flachen Stufen einen herrschaftlichen<br />

Eindruck macht. Hier<br />

wohnte Goethe nahezu 50Jahre –<br />

bis zuseinem Tod1832. Kurz nach<br />

seiner Rückkehr von seiner zweiten<br />

Italienreise lernte er Christiane Vulpius<br />

kennen, mit der er 18 Jahre in<br />

wilder Ehe lebte, was den Weimar<br />

Bürgern einiges an Tratsch bot. Vulpius<br />

war 16 Jahre jünger als Goethe<br />

und arbeitete ineiner Manufaktur<br />

für Kunstblumen.<br />

Goethes Wirkungsstätte war das<br />

Stadttheater,das 1791 erbaut wurde.<br />

Unter seiner Intendanz bis<br />

1817 wurden in diesem Theater<br />

4806 Vorstellungen gegeben! Es hat<br />

eine wechselvolle Geschichte: während<br />

der Weimarer Republik diente<br />

es als Tagungsort für die Nationalversammlung.<br />

1939 ließ Hitler es für<br />

800000 Reichsmark zum führenden<br />

Theater Deutschlands umbauen. Im<br />

IMAGO/KARINA HESSLAND<br />

Zweiten Weltkrieg wurde es zerstört<br />

und als erstes deutsches Theater<br />

1948 wieder aufgebaut.Während der<br />

DDR-Zeit war das Nationaltheater<br />

Aufführungsortvon Klassikern.<br />

Dass DDR-Architektur in Weimar<br />

–scheinbar –fehlt, hat einen<br />

ganz simplen Grund: die zwischen<br />

1945 und 1990 entstandenen Bauten<br />

fügen sich fast nahtlos indas<br />

historisch gewachsene Stadtbild<br />

und sind erst auf den zweiten Blick<br />

erkennbar.InWeimar hatten die Architekten<br />

zudieser Zeit einen hohen<br />

gestalterischen Anspruch. Sogar<br />

am Rathausplatz sind Bauten<br />

dieser Zeit auszumachen.<br />

Historische Gebäude<br />

Hochinteressant die Geschichte<br />

des Hotels „Elephant“ am Marktplatz:<br />

Im Haus befindet sich das<br />

einzige Restaurant in Weimar, das<br />

einen Michelin-Stern vorweisen<br />

kann: das Anna Amalia. Das Haus<br />

geht auf das Jahr 1669 zurück, damals<br />

war es Wirtshaus. Imspäteren<br />

Logierhaus „Elephant“ trafen sich<br />

Künstler wie Goethe, Herder und<br />

Wieland. Hitler ließ es abreißen<br />

und neu erbauen. Dabei legte er<br />

Wert auf einen Balkon zum Marktplatz,<br />

wo er Reden halten konnte.<br />

Empfehlenswert ist ein Rundgang,<br />

den Studenten der Bauhaus-<br />

Universität jeden Dienstag, Freitag<br />

und Samstag um 14 Uhr anbieten<br />

(6 Euro). Hier erfährt man alles<br />

über das Staatliche Bauhaus.Eszog<br />

Namen wie Lyonel Feininger, Johannes<br />

Itten, Wassily Kandinsky<br />

und Paul Klee an. Die Hochschulbauten<br />

in Weimar entwarf Henry<br />

van deVelde.<br />

2019, zum 100-jährigen Jubiläum<br />

des Bauhauses,wirdWeimar ein weiteres<br />

Museum erhalten, das Bauhaus<br />

Museum.„Dafür sollte die Mensa am<br />

Park, ein architektonisches Zeugnis<br />

der DDR-Moderne, abgerissen werden“,<br />

erzählt Student Alessandro<br />

Rintallo.Proteste vonStudenten und<br />

Denkmalpflegern verhinderten den<br />

Abriss, das Museum wird nun am<br />

Weimarhallenpark gegenüber dem<br />

ehemaligen Gauforum gebaut.<br />

Mehr Infos unter:<br />

www.weimar.de/tourismus<br />

ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG<br />

REISE-REGION SPREEWALD<br />

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DIE SEELE BAUMELN LASSEN, TRADITIONELLE BRÄUCHE KENNENLERNEN UND REGIONALE SPEISEN GENIESSEN. DER SPREEWALD IST IMMER EINE REISE WERT<br />

DerSpreewald –ein idyllisches Naturparadies in Großstadtnähe<br />

Knapp 100 Kilometer südöstlich<br />

vergessen und die Ruhe der Natur ge-<br />

von Berlin befndet sich eine in<br />

nießen. Einfach mal keine eingehenden<br />

Mitteleuropa einzigartige Land-<br />

E-Mails beantworten oder den neuesten<br />

schaft –der Spreewald. Nach der letzten<br />

Status auf Social Media Plattformen<br />

Eiszeit teilte sich hier die Spree in ein<br />

fein gegliedertes Netz von Fließen, die<br />

ändern – das ist die perfekte digitale<br />

Entgiftung (auch Digital Detox genannt).<br />

sich einst durch dichten Urwald schlän-<br />

Wellness wird im Spreewald großgegelten.Heute<br />

ist der Spreewald eine vom<br />

Menschen geprägte und dennoch naturnahe<br />

Auenlandschaft. Hier leben noch<br />

Tier- und Pflanzenarten, die andernorts<br />

bedroht oder bereits ausgestorben sind,<br />

wie beispielsweise die Wassernuss, das<br />

Knabenkraut oder einige Sonnentauarten.<br />

Um diese Landschaft zu schützen<br />

und zu bewahren, wurde der Spreewald<br />

1990 zum Biosphärenreservat erklärt,<br />

1991 erhielt erden UNESCO-Status. In<br />

dieser Naturoase lassen sich der Alltag<br />

schrieben. Ob in der Spreewald Therme<br />

oder in einem der zahlreichen Wellness-<br />

Hotels, zum Entspannen und Seele baumeln<br />

lassen gibt es viele Möglichkeiten.<br />

Wie ein Magnet zieht der Spreewald<br />

jährlich bis zu drei Millionen Besucher<br />

an, ob für einen Tagesausflug,ein verlängertes<br />

Wochenende oder den mehrwöchigen<br />

Urlaub –Erholung ist garantiert.<br />

Etwa ganz klassisch bei einer der zahlreichen<br />

traditionellen Kahnfahrten mit den<br />

berühmten Spreewälder Gurken oder ei-<br />

SPREEWÄLDER<br />

SAGENNACHT<br />

8., 9. und 10. JUNI<br />

Pfingsten 2019<br />

BurgimSpreewald<br />

www.sagennacht.de<br />

nem Kaffegedeck. Während man auf den<br />

weit verzweigten Kanälen zu malerischen<br />

Spreewalddörfern, friedlichen Auen und<br />

imposanten Wäldern gestakt wird, geben<br />

die Kahnfährmänner gern spannende<br />

Geschichten zu Sehenswürdigkeiten, Traditionen<br />

und Bräuchen der Region preis.<br />

Aber es geht natürlich auch mit ein<br />

wenig mehr Eigeninitiative. Der Spreewald<br />

bietet eine Vielzahl an Wander-,<br />

Rad- und Kanurouten für alle, die die<br />

Region lieber auf eigene Faust erkunden<br />

wollen. Durch die geringe Steigung<br />

der Region sind die zwischen fünf und<br />

25 km langen Wanderwege für jedermann<br />

bequem zu schaffen.<br />

Auch bei den Kanutouren ist das Angebot<br />

groß. Dazu ein Tipp: Ob gemütlich<br />

mit der ganzen Familie oder sportlich mit<br />

TICKETS<br />

sichern<br />

Freunden –das Durchfahren von handbetriebenen<br />

Schleusen und romantischen<br />

Brücken ist ein ganz besonderes Erlebnis.<br />

Beachten sollte man hier allerdings<br />

die hohe Nachfrage. Will man selbst die<br />

Paddel in die Hand nehmen, ist es ratsam,<br />

im Voraus zu buchen.<br />

Einzigartig im Spreewald ist auch<br />

die sorbische Kultur. Eingewandert im<br />

8. Jahrhundert aus dem heutigen Polen,<br />

gelangten die sorbischen Stämme<br />

der Milzener und Lusitzer im 10. und<br />

11. Jahrhundert unter deutsche Herrschaft.<br />

Seit dieser Zeit betreiben sorbischstämmige<br />

–auch Wenden genannt –<br />

und deutschstämmige Spreewälder<br />

gemeinsam die Urbarmachung und den<br />

Aufbau der Region. Die traditionelleSpreewaldtracht<br />

ist im Straßenbild heute meist<br />

nur noch zu festlichten Anlässen zu sehen.<br />

Doch sorbische Bräuche werden im<br />

Spreewald rege gepflegt. So gehört etwa<br />

die sorbische Fastnacht zu den größten<br />

Festen in der Lausitz. Mit ihr werden böse<br />

Geister und Dämonen vertrieben und die<br />

lange Winterzeit verabschiedet. Zu den<br />

Osterbräuchen zählen u.a.das von den<br />

Sorben/Wenden praktizierte Verzieren<br />

der Ostereier mit Ornamenten und Techniken<br />

oder auch das Osterwasser, dem<br />

eine heilende und verjüngende Wirkung<br />

nachgesagt wird. Dabei wird mit Sonnenaufgang<br />

am Ostersonntag das Osterwasser<br />

aus einem Bach geschöpft und nach<br />

Hause getragen. Wichtig dabei: Während<br />

des Transports darf weder gesprochen<br />

noch Wasser verschüttet werden. Auf<br />

diese Weise sollen die Reinheit und die<br />

Wirkung des Wassers bewahrt weden.<br />

Auch das Wendische Osterreiten, bei<br />

dem die Auferstehung Christi verkündet<br />

wird, ist inzwischen bis über den Spreewald<br />

hinaus bekannt. Heute leben rund<br />

60000 Sorben inder Lausitz, die sorbischen<br />

Dialekte spricht fast nur noch die<br />

ältere Generation. Allerdings bleibt das<br />

Slawische in den Familien-, Orts-, Flur- und<br />

Fließnamen weiterhin lebendig. (mj)<br />

Beim Kahnfahren lässt sich die idyllische Landschaftbesondersgut genießen. GETTYIMAGES/JUPITERIMAGES

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