Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 87 · 1 3./14. April 2019 B5<br />
· ·<br />
·······················································································································································································································································································<br />
Karriere<br />
Immer mehr<br />
Abiturienten<br />
fallen durch<br />
Lehrer sehen konzeptionelle<br />
Fehler im Kurssystem<br />
VonTheresa Münch<br />
Für immer mehr junge Leute endet<br />
die erste große Prüfung mit<br />
einer handfesten Enttäuschung: In<br />
Deutschland rasseln wieder mehr<br />
Schüler durchs Abitur. Inden vergangenen<br />
neun Jahren ist die Quote<br />
der nicht bestandenen Prüfungen<br />
nahezu stetig gestiegen, wie eine<br />
Auswertung der Deutschen Presse-<br />
Agentur zeigt. Zuletzt scheiterte<br />
etwa einer von26Prüflingen. Experten<br />
kritisieren, dass Schüler schlechte<br />
Leistungen vordem Abitur zu einfach<br />
ausgleichen könnten –inder<br />
Prüfung dann aber nichtmehr.<br />
Während im Abiturjahrgang 2009<br />
laut Statistik der Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) noch 2,39 Prozent der<br />
Schüler durchfielen, waren es<br />
2017 schon 3,78 Prozent. Besonders<br />
hoch liegt die Quote in Mecklenburg-<br />
Vorpommern, wo 2017 etwa jeder 14.<br />
Abitur-Prüfling scheiterte. Für 2018<br />
liegen der Kultusministerkonferenz<br />
noch keine Zahlen vor, doch einzelne<br />
Länderdaten bestätigen die Tendenz,<br />
wie beispielsweise aus Schleswig-<br />
Holstein, wo die Durchfallerquote<br />
von3,6 auf vierProzent stieg.<br />
Zugleich aber wird bundesweit<br />
auch häufiger die Bestnote 1,0 vergeben.<br />
Fast jeder vierte Abiturient hatte<br />
2017 eine Eins vor dem Komma. Die<br />
Abinoten werden also extremer. Die<br />
Vorsitzende des Philologenverbands,<br />
Susanne Lin-Klitzing, sieht Fehler in<br />
der Konzeption des Abiturs.„Im Abitur<br />
zeigt sich die Frucht vonkontinuierlichem<br />
Lernen und kontinuierlichem<br />
Leisten, im Positiven wie im<br />
Negativen“, sagt sie. Schülern werde<br />
dieseKontinuität aber nicht abgefordert,<br />
manche würden bereits ab der<br />
Unter- und Mittelstufe nur versetzt,<br />
weil sie schlechte Leistungen in<br />
einem Fach durch gute in einem anderen<br />
ausbügeln könnten. „Nur am<br />
Schluss, im Abitur, müssen Mathe,<br />
Deutsch und eine Fremdsprache verbindlich<br />
bestanden werden, da hilft<br />
kein Ausgleich mehr“, sagt die Erziehungswissenschaftlerin,<br />
deren Verband<br />
die Gymnasiallehrer vertritt.<br />
„Durchmogeln“ zuleicht<br />
Außerdem falle es vielen Jugendlichen<br />
schwer, sich schon imJanuar<br />
auf Prüfungen im April vorzubereiten,<br />
sagte Lin-Klitzing. Mit den<br />
Abitur-Regelungen werdesolch kontinuierliches<br />
Lernen nicht genügend<br />
gefördert und gefordert. So müssten<br />
Schüler in der Oberstufe nur einen<br />
Teil ihrer Kurse ins Abitur einbringen.<br />
„Mehr Kurse einzubringen wäre<br />
sinnvoll, weil sie ein besseres Abbild<br />
der kontinuierlichen Leistung in der<br />
gesamten Oberstufe geben“, sagt<br />
Lin-Klitzing. Dann gebe es einen anderen<br />
Ansporn, oder die Schüler<br />
merkten rechtzeitiger selbst, dass<br />
ihreLeistungen nicht ausreichten.<br />
Die Vorsitzende des Philologenverbands<br />
plädierte auch dafür, Abiturienten<br />
leistungsgerechter zu bewerten.<br />
„Was ich will, ist, dass gute<br />
Leistung gut bewertet wird, sehr gute<br />
Leistung sehr gut, aber nicht ausreichende<br />
Leistung eben auch nicht<br />
ausreichend.“ Zur Zeit brauche ein<br />
Schüler nicht einmal die Hälfte der<br />
Maximalpunktzahl, um eine Prüfung<br />
zu bestehen. Das bereite die<br />
jungen Leute schlecht auf Arbeitsleben<br />
und Studium vor. (dpa)<br />
Abi-Prüfung –<br />
einer von 26 fällt durch.<br />
BILDNACHWEISE<br />
Ein kleiner Bäckereibetrieb, in<br />
dem Vater und Tochter gemeinsam<br />
die Geschäfte führen,<br />
ein international tätiger<br />
Küchenhersteller mit tausend Mitarbeitern:<br />
Familienunternehmen habenviele<br />
Gesichter.Entscheidend ist,<br />
dass dieFamiliedie Kontrolle ausübt<br />
undeigenes Kapitalinvestiert, erklärt<br />
Stefan Heidbreder, Geschäftsführer<br />
der Stiftung Familienunternehmen<br />
in München. Familienbetriebe bergen<br />
durch die emotionale Komponente<br />
manchmal großes Konfliktpotenzial,<br />
aber oft auch attraktive<br />
Arbeitsbedingungen mit besonderer<br />
Unternehmenskultur.<br />
Emotionale Entscheidungen<br />
Unternehmer<br />
mit Herzblut<br />
Familie und Berufsleben –für viele Menschen sind das getrennte<br />
Themen. Anders in Familienbetrieben. Das macht die Arbeit<br />
dort oft emotionaler als anderswo<br />
Wenn der Vater an den Sohn übergibt: Themen wie die Unternehmensnachfolge können in Familienunternehmen für Konflikte sorgen.<br />
Bei Arbeitnehmern und Bewerbern<br />
haben Familienunternehmen grundsätzlich<br />
einen guten Ruf. Eine Langzeituntersuchung<br />
im Auftrag der Stiftung<br />
habe gezeigt, dass sie für eine<br />
gute Arbeitsatmosphäre, die Möglichkeit<br />
zum eigenverantwortlichen<br />
Arbeiten, flache Hierarchien und<br />
einen kooperativen Führungsstil stehen,<br />
so Heidbreder.<br />
Außerdem seien viele Unternehmerfamilien<br />
an langfristigem Erfolg<br />
orientiert. Sieverfolgen denWunsch,<br />
eine stabile Firmaandie nächste Generation<br />
weiterzugeben und dabei<br />
unabhängig zu bleiben. Für Julia David,<br />
Beraterin und Coach von<br />
Familienunternehmen, liegt ein besonderes<br />
Merkmal in der Kultur:„Sie<br />
ist in der Regel starkdurch die Unternehmerfamilie<br />
selbst geprägt.“ Traditionsbewusstsein,<br />
Werteorientierung,<br />
ein hohes Maß anVerantwortungsbewusstsein<br />
und Leidenschaft<br />
spielen dabei oftmals eine Rolle.<br />
Diese Leidenschaft kann aber<br />
dazu führen, dassbei der Gestaltung<br />
des Unternehmens mehr Gefühle<br />
im Spiel sind als anderswo: „Es<br />
kommthäufig vor, dass die Führung<br />
stärker von emotionalen Entscheidungen<br />
geprägt ist alsinKonzernen.<br />
Denn die Sicherung des Familienunternehmens<br />
hat für die Führungsspitze<br />
oft Priorität“, sagt Julia David.<br />
„Oft besteht ein sehr komplexes Geflecht,<br />
dasviel Konfliktpotenzial mit<br />
sich bringt.“ Daskann die Familienstrukturen<br />
betreffen, aber auch die<br />
strategische Ausrichtung des Unternehmens<br />
oder dessen Wirtschaftlichkeit.<br />
Vor allem Übergangsphasen,<br />
in denen eine neue Generation<br />
an die Spitze kommt, seien eine besondereHerausforderung.<br />
„Wichtig ist, ob sich die nachfolgende<br />
Generation –nach allen Aus-<br />
Von Julia Felicitas Allmann<br />
Privatschulen dürfen sich ihre Schüler selbst aussuchen.<br />
bildungsgängen, Studium, Auslandsaufenthalt<br />
und Tätigkeit in<br />
einem anderen Unternehmen –nun<br />
selbstentschieden der Herausforderung<br />
stellen möchte, dieses Unternehmen<br />
in die Zukunft zu führen“,<br />
sagt Angelica Egerth. Die Beraterin<br />
aus Berlin begleitet Generationswechsel<br />
in Familienunternehmen.<br />
Unerlässlich sei die Motivation,<br />
selbst Unternehmer sein zu wollen.<br />
Außerdem hilfreich: Wenn der Unternehmensnachfolger<br />
zwischendurch<br />
einen anderen Arbeitgeber<br />
kennengelernt hat. „Möglichst einige<br />
Stationen selbst durchlebt und<br />
erarbeitet zu haben, gibt enorme<br />
Selbstsicherheit und macht Mut,<br />
neue Wege zu gehen“, erklärtEgerth.<br />
Beider Entscheidung, ob man als<br />
Unternehmersohn oder -tochter die<br />
Nachfolge antreten möchte, kann<br />
der Austausch mit Personen helfen,<br />
die sich in einer ähnlichen Situation<br />
befinden. Wie gut die Übergabe von<br />
einer Generation zur nächsten läuft,<br />
hängt vonpersönlichen Faktoren ab.<br />
„Das ist eine Frage des Respekts und<br />
des Umgangs auf Augenhöhe“, sagt<br />
Egerth. „Es muss möglich sein, diese<br />
besondere Art der Kommunikation<br />
zu leben.“ Sonst leidet das enge Verhältnisinnerhalb<br />
der Familie schnell.<br />
GETTYIMAGES/MONKEYBUSINESSIMAGES<br />
DPA<br />
Bei der Übergabe darf man aber<br />
nicht nur die Familie im Blick haben:<br />
„Sobald eine Nachfolgeentscheidung<br />
getroffen wurde, sollte man<br />
das möglichst schnell an Schlüsselpersonen<br />
wie Kunden, Lieferanten<br />
oder Kapitalgeber kommunizieren“,<br />
rät Julia David. Auch die Mitarbeiter<br />
sollten bald erfahren, was los ist:<br />
„Eine Veränderung bringt per se<br />
schonVerunsicherung bei der Belegschaft<br />
mit sich“, sagt Julia David.<br />
„Hier ist Transparenz sinnvoll.“ Andernfalls<br />
kippt womöglich die Stimmung<br />
in der gesamten Firma.<br />
Transparenz ist wichtig<br />
Obwohl die Führung des Unternehmens<br />
normalerweise in der Hand<br />
der Familie liegt: AndereMitarbeiter<br />
müssen nicht befürchten, keine Aufstiegschancen<br />
zu haben. „Größere<br />
Familienunternehmen haben naturgemäß<br />
einen hohen Bedarfanexternen<br />
Führungskräften“, sagt Stefan<br />
Heidbreder. Oft sei es eine strategische<br />
Entscheidung, relevante Positionen<br />
mit Nicht-Familienmitgliedern<br />
zubesetzen. „Der frische Blick<br />
bringt zusätzliche Expertise ein und<br />
womöglich auch neue Impulse für<br />
die Fortentwicklung des Unternehmens.“<br />
(dpa)<br />
Subjektive Auswahl ist rechtens<br />
Die Entscheidung einer <strong>Berliner</strong><br />
Waldorfschule, das Kind eines<br />
AfD-Politikers abzulehnen, ist nach<br />
Einschätzung des <strong>Berliner</strong> Senats<br />
rein rechtlich völlig in Ordnung. Das<br />
Vorgehen der Schule sei auf der juristischen<br />
Ebene „nicht zu beanstanden“,<br />
teilte die Senatsschulverwaltung<br />
mit. Das habe eine Bewertung<br />
des Falls ergeben.<br />
Privatschulen hätten das Recht<br />
auf die Auswahl ihrer Schüler. Das<br />
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />
(AGG) sei dabei nur „eingeschränkt<br />
anwendbar“, nämlich „bei<br />
Benachteiligung aus Gründen der<br />
Rasse oder wegen der ethnischen<br />
Herkunft“, hieß es weiter. Privatschulen<br />
könnten ihren Unterricht im<br />
Hinblick auf Erziehungsziele, Weltanschauung,<br />
Methoden und Inhalte<br />
eigenverantwortlich gestalten. Diese<br />
Gestaltungsfreiheit gelte auch für die<br />
Auswahl der Schüler. Die Waldorfschule<br />
hatte nach langen Diskussionen<br />
vonLehrernund Elterndie Auf-<br />
Privatschule darf die Aufnahme des Kindes eines AfD-Politikers ablehnen<br />
nahme des Kindes eines <strong>Berliner</strong><br />
AfD-Abgeordneten abgelehnt. Zur<br />
Begründung hieß es im vergangenen<br />
Herbst, die Schule sehe keine Möglichkeit,<br />
das Kind, das bereits den<br />
zugehörigen Waldorf-Kindergarten<br />
besuchte,mit der nötigen Unvoreingenommenheit<br />
und Unbefangenheit<br />
in die Schule aufzunehmen.<br />
Der<strong>Berliner</strong> AfD-Fraktionsvorsitzende<br />
Georg Pazderski kritisierte:<br />
„Ausgrenzung und Sippenhaft verstoßen<br />
gegen alle Grundsätze einer<br />
freien Gesellschaft und zeigen das<br />
schwierige Verhältnis vonTeilen des<br />
Senats zum Grundgesetz.“ DerSenat<br />
müsse das fragliche Gutachten herausgeben<br />
und überprüfbar machen.<br />
Berlins Schulsenatorin Sandra<br />
Scheeres (SPD) hatte die Entscheidung<br />
damals als „sehr kritisch“ bezeichnet.<br />
Auch der Bund der Freien<br />
Waldorfschulen hatte erklärt, er<br />
wünsche sich, dass die Schule ihre<br />
Entscheidung noch einmal überdenke.<br />
(dpa)<br />
Terminkalender<br />
Am 29.04.2019 starten die Umschulungen<br />
zur/zum Steuerfachangestellten und zur/zum<br />
Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten.<br />
GPB mbH Berlin-Mitte<br />
Beuthstraße 8·10117 Berlin<br />
www.GPB.de ·Tel. 030 403 665 960<br />
NACHRICHTEN<br />
Frauen stärkerbetroffen<br />
von Langzeitarbeitslosigkeit<br />
Frauen sind stärker als Männer von<br />
Langzeitarbeitslosigkeit betroffen.<br />
Unter allen erwerbslosen Frauen<br />
werden 34 Prozentals Langzeitarbeitslose<br />
eingestuft, während es bei<br />
den Männern30Prozent sind, so<br />
die Bundesregierung. Alleinerziehende<br />
Frauensind laut Regierung<br />
besonders oft betroffen. „Vorbehalte<br />
vonArbeitgebernund fehlende<br />
oder nicht passgenaue Angebote<br />
zur Vereinbarkeit vonBeruf und<br />
Familie können als Hemmnis wirken“,<br />
heißt es zur Begründung. (afp)<br />
Die Eltern von der<br />
Berufswahl überzeugen<br />
Nicht immer sind Eltern sofort begeistert.<br />
Modedesigner versus Jurist –geht es<br />
um Berufswünsche und Karrierepläne<br />
sind sich Schulabsolventen<br />
und ihreElternnicht immer einig.<br />
Jugendliche können ihren Elterndie<br />
eigenen Berufswünsche abernahebringen.<br />
Dazu sollten sie das<br />
Gespräch mit ihnen suchen und gut<br />
vorbereiten. Wereinen konkreten<br />
Plan hat und sich schon im Vorhinein<br />
Argumente zurechtlegt, kann<br />
seine Elternambesten überzeugen,<br />
sagt Berufscoach Anja Worm in der<br />
Zeitschrift „Unicum Abi“. Jugendliche<br />
können zum Beispiel recherchieren,<br />
wie viel sie im angestrebten<br />
Berufspäter verdienen werden. So<br />
können sie ihren Elternveranschaulichen,<br />
dass ihreWahl ein sicherer<br />
Karriereweg sein kann. (dpa)<br />
Leistungsfähigkeit sollte<br />
man nicht vortäuschen<br />
Werbei der Arbeit regelmäßig über<br />
seine Belastungsgrenzen geht,<br />
gefährdet seine Gesundheit.<br />
Beschäftigte sollten daher auf einige<br />
Warnsignale achten, so die Verwaltungsberufsgenossenschaft.<br />
Gefährdet<br />
ist demnach, werein ungewöhnlich<br />
hohes Arbeitstempo<br />
vorlegt und sogar auf Pausen und<br />
Erholungsphasen während der<br />
Arbeitszeit verzichtet, werAbstriche<br />
an der Qualität der eigenen Arbeit<br />
macht, und werregelmäßig Alkohol,<br />
Medikamente oder Aufputschmittel<br />
braucht, um besser durchhalten<br />
oder abschalten zu können. (dpa)<br />
Der Arbeitgeber darf<br />
Zeiten festlegen<br />
GETTY IMAGES/GPOINTSTUDIO<br />
Mittagspause nur zwischen 12 und<br />
12.30 Uhr? Schichtpause zwischen<br />
ein und drei Uhrnachts?Darfder<br />
Arbeitgeberfestlegen, zu welchen<br />
Zeiten Arbeitnehmer ihrePause einlegen<br />
dürfen? „Ja“, sagt Roland<br />
Gross,Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
in Leipzig. Er kann dem Arbeitnehmer<br />
also vorschreiben, zu welchen<br />
Zeiten er Pausen machen darf–<br />
unter Mitbestimmung desBetriebsrats<br />
und Beachtung des Arbeitszeitgesetzes.Darin<br />
ist geregelt, dass<br />
dem Arbeitnehmer nachsechs<br />
Stunden Arbeit 30 Minuten Pause<br />
zu gewähren sind. (dpa)