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B10 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 87 · 1 3./14. April 2019<br />
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Mobile Welten<br />
Dünnhäutig bis hart im Nehmen<br />
Rollwiderstand, Luftdruck, Profil: Beim Reifen für Radler gibt es viel zu beachten<br />
VonStefan Weißenborn<br />
Er zählt zu den wichtigsten<br />
Komponenten am Fahrrad:<br />
der Reifen. Als einziges Teil<br />
stellt er Kontakt zum Untergrund<br />
her und hat damit großen<br />
Anteil daran, wie sich ein Fahrrad<br />
fährt. Je nach Breite des Pneus oder<br />
seinem Luftdruck variieren zum Beispiel<br />
Komforteigenschaften und<br />
Rollwiderstand. Will man es bequem<br />
haben im Sattel oder stehen Effizienz<br />
und Tempo im Vordergrund. Eine<br />
neue Generation Fahrradreifen verspricht<br />
sogar den totalen Pannenschutz.<br />
Eine Übersicht:<br />
Von Stollen bis Slicks - das Profil:<br />
Grobe Stollenreifen gehören wie die<br />
glatten Slicks zu den Spezialisten.<br />
„Stollenreifen finden sich bevorzugt<br />
am Mountainbike. Sie greifen tiefer<br />
in den Boden, um dem Radzum Beispiel<br />
auf Waldböden mehr Halt am<br />
Untergrund zu geben“, sagt Thomas<br />
Geisler vom Pressedienst-Fahrrad<br />
(pd-f). Profillose Slicks an Rennrädern<br />
bieten auf trockener Fahrbahn<br />
ein Maximum an Haftung. Eine<br />
Mischformstellen Pneus für Reiseräder<br />
dar: Für Asphalt weisen sie eine<br />
recht glatte Lauffläche auf, für besserenHalt<br />
auf Passagen mit weicherem<br />
Grund seitlich kleine Stollen. „Eine<br />
Mindestprofiltiefe wie beim Auto<br />
gibt es für Fahrräder nicht“, sagt<br />
René Filippek vom Allgemeinen<br />
Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).<br />
Vorschriften gibt es nur für S-Pedelecs<br />
sowie E-Bikes, die auch ohne<br />
Tretbewegung fahren. Die Norm<br />
ECE-R 75 sieht mindestens einen<br />
Millimeter vor.<br />
Vondünn und glatt bis dick und grobstollig: Unter den Fahrradreifen gibt es Spezialisten für jedes Einsatzgebiet. Besondersbreit sind die Reifen beim Fatbike. DPA (2)<br />
Pumpen und variieren -der Luftdruck:<br />
Auf den Reifenflanken ist eine<br />
Spanne angegeben, meist in bar,seltener<br />
in psi. So können die meisten<br />
Reifen mit zwei bis sechs bar befüllt<br />
werden, während Rennradreifen<br />
teils bis zu zwölf bar vertragen.<br />
Hauptsächlich dient der Luftdruck<br />
dazu, den Fahrkomfort zuregeln. Je<br />
härter der Reifen aufgepumpt ist,<br />
desto geringer ist seine dämpfende<br />
Wirkung. DieAufstandsfläche ist geringer<br />
-dafür rollt er aber auch besser.<br />
Breitreifen bieten beim komfortsteigernden<br />
Spiel mit dem Luftdruck<br />
grundsätzlich mehr Möglichkeiten.<br />
In den letzten Jahren seien<br />
genau aus diesem Grund Ballonreifen,<br />
bis zu 52 Millimeter breit, in<br />
Mode gekommen, sagt Filippek. Allerdings<br />
erschwert das höhere Reifengewicht<br />
das Beschleunigen.<br />
Dabei werden aber auch die<br />
Slicks für Rennräder ausladender:<br />
Früher 19 oder 20 Millimeter breit,<br />
seien jetzt 25 Millimeter oder mehr<br />
angesagt, sagt Sarah Hohmann-<br />
Spohr, Sprecherin bei Continental<br />
am Standortimnordhessischen Korbach.<br />
Dortentwickelt das Unternehmen<br />
Fahrradreifen und stellt sie<br />
auch her. Würden diese mit nur<br />
leicht niedrigerem Luftdruck gefahren,<br />
erhöhe sich der Rollwiderstand<br />
nicht merklich.<br />
Eine Sache für Profis -der Rollwiderstand:<br />
Er hat Einfluss darauf, wie<br />
schnell der Radler bei gleichem<br />
Kraftaufwand fahren kann. Jedoch<br />
müssen sich nur sportlich<br />
ambitionierte Fahrer oder<br />
Rennradpiloten mit variierendem<br />
Rollwiderstand innerhalb<br />
eines Reifentyps<br />
auseinandersetzen. „Für<br />
normale Radfahrer sind die<br />
Differenzen kaum relevant“,<br />
sagt Geisler. Gegenwind<br />
oder Bergauffahren<br />
machten sich weit stärker<br />
bemerkbar. Ist der Pedaltreter<br />
mit lasch aufgepumpten<br />
Reifen unterwegs, meldet<br />
sich der Rollwiderstand sehr wohl:<br />
Im Airless-Reifen<br />
ist Material wie<br />
bei Laufschuhen.<br />
„Dann braucht man merklich mehr<br />
Kraft.“ Unterschiede sind auch im<br />
direktenVergleich vonRennrad- und<br />
den bis zu 100 Millimeter und mehr<br />
breiten Fatbike-Reifen<br />
spürbar. Neben Reifenbreite<br />
und Luftdruck hat<br />
auch das Profil Einfluss auf<br />
den Rollwiderstand.<br />
FOTO: DPA<br />
Nie wieder zzzzzzisch -der<br />
Pannenschutz: Eine andere<br />
Frage ist, wie viel Gummi<br />
der Pneu bietet, um einen<br />
Platten zu vermeiden.<br />
Slicks haben hier schlechtereKarten<br />
als Profilreifen.<br />
Mit „unplattbar“ oder ähnlichen<br />
Slogans werden Trekkingreifen mit<br />
spezieller Pannenschutzeinlage beworben.<br />
„Sie ist so dick, dass Scherben<br />
und kleine spitze Gegenstände<br />
nicht mehr bis zum Schlauch vordringen<br />
können“, sagt René Filippek<br />
vom ADFC. Allerdings bedeutet<br />
mehr Pannenschutz im komplexen<br />
Zusammenspiel mit Luftdruck,<br />
Gummidicke und Reifenbreite sowie<br />
Kontaktfläche auch einen höherenRollwiderstand.<br />
Daneben gibt es sogenannte<br />
„Tubeless“-Reifen für Mountainbikes<br />
und Rennräder. Sie benötigen<br />
passende Felgen und eine Kompressor-Luftpumpe<br />
und kommen<br />
ohne Schläuche aus. Platten sind<br />
seltener:„Das enthaltene Dichtmittel<br />
verschließt kleinste Löcher während<br />
der Fahrt“, sagt Geisler. Allerdings<br />
muss das Dichtmittel zweimal<br />
jährlich gewechselt werden.<br />
Nie mehr pumpen -das sollten Sie zum<br />
luftlose Fahrradreifen wissen: Die<br />
vielleicht bessere Lösung sind luftlose<br />
Reifen, wie sie Bridgestone angekündigt<br />
und Schwalbe bereits auf<br />
den Marktgebracht hat. DerHersteller<br />
verspricht mit seinem Airless-<br />
System komplett wartungsfreies<br />
Radfahren. Bei üblicher Nutzung<br />
könne der Reifen ohne jegliche Wartung<br />
bis zu 10 000 Kilometer fahren.<br />
Gefüllt ist der Pneu mit elastischem<br />
Polyurethan: Dasist ein Material, das<br />
auch in Laufschuhen zum Einsatz<br />
kommt. Der gefühlte Luftdruck entspricht<br />
3,5 bar,variieren lässt er sich<br />
allerdings nicht. Die technischen<br />
Vorteile haben Nachteile: So seien<br />
Rollwiderstand und Gewicht leicht<br />
ho her als bei Luftschläuchen, sagt<br />
Schwalbe-Produktmanager René<br />
Marks. Für Alltagsradler dürfte die<br />
Wartungsfreiheit ein schlagendes<br />
Argument sein. Das Airless-System<br />
muss von geschulten Fachhändlern<br />
mit speziellen Maschinen montiert<br />
werden.<br />
Gummi unter Strom -Spezialreifen für<br />
Pedelecs: Auch für Elektroräder<br />
wächst das Angebot an Spezialreifen.<br />
Hier gibt es gesetzliche Vorgaben.<br />
Manche Hersteller werben lauf<br />
ADFC mit einer weicheren Gummimischung.<br />
Sie sorge bei höherem<br />
Tempo für besseren Kurvenhalt.„Für<br />
E-Mountainbikes gibt es Reifen mit<br />
speziellem Pannenschutz, die allerdings<br />
schwerer sind“, sagt pd-f-Experte<br />
Geisler. ImMehrgewicht sieht<br />
er jedoch angesichts des Motorantriebs<br />
keinen Nachteil.<br />
Bei gut 20 Euro geht es los: AufBilligwaresollte<br />
man auch beim Fahrradreifen<br />
verzichten. Nach Auskunft der<br />
Experten fallen für einen qualitativ<br />
hochwertigen Trekkingreifen mindestens<br />
25 bis 30 Euro an, für einen<br />
Rennrad-Pneu 40 bis 50 Euro, beim<br />
Mountainbike-Reifen geht es ab<br />
rund 50 Euro los.Die teuersten Luftreifen<br />
sind die breiten Gummis für<br />
Fatbikes ab rund 70 Euro.Schwalbes<br />
Airless-System steht mit 84,90 Euro<br />
pro Rad in der Preisliste - hinzu<br />
kommt die Montage.<br />
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