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18 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 87 · 1 3./14. April 2019<br />
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Schönes Wochenende<br />
WEINKUNDE<br />
FUNDSTÜCKE<br />
von Julia Grass<br />
Haben Sie auchetwas Neues in derStadtentdeckt?<br />
Bitte schreiben Sie uns an: berlin.fundstuecke@dumont.de<br />
VonRomana Echensperger<br />
ANNETTE KOCIEMSKI<br />
BAUHAUS-SHOP, BERLIN/S. MEINEL<br />
Höhenluft für einen<br />
unterschätzten Tropfen<br />
Die Rebsorte Silvaner nimmt man als deutsche oder –besser<br />
gesagt –fränkische Spezialität wahr.Hierzulande sind<br />
auch die weltweit größten Flächen der ursprünglich aus Österreich<br />
stammenden Rebe zu finden. Aber auch in anderen Ländernwirdder<br />
oft unterschätzte Silvaner angebaut und manchmal<br />
sogar gepflegt, so im Elsass.Meist kommt er dann allerdings<br />
aus der fruchtbaren Rheinebene und lässt sich in die Kategorie<br />
„einfacher Trinkwein“ einordnen. Aber auch in der<br />
Schweiz, in Osteuropa und vorallem in Südtirol gibt es kleine<br />
Silvaner-Inseln.<br />
Südtirol ist das nördlichste Anbaugebiet Italiens und bietet<br />
aufgrund vongroßen Höhen- und Bodenunterschieden über<br />
20 Rebsorten eine Heimat. Viel Sonne,kaum Regen und ein<br />
mildes,alpin-kontinentales Klima mit kühlen Nächten: All das<br />
ist ideal für den Weinbau. Hier reifen die Weine perfekt aus,<br />
verfügen immer noch über genug Säureund entwickeln ein<br />
besonders klares Bukett. Neben roten Spezialitäten wie Lagrein<br />
oder Vernatsch sind es vorallem Weißweine wie Pinot<br />
Grigio oder Sauvignon Blanc, die für Furore sorgen.<br />
DerSilvaner spielt mengenmäßig eine untergeordnete<br />
Rolle,und doch gehörterzuden Südtiroler Aushängeschildern.<br />
Er hat im Eisacktal eine Heimat gefunden und liefertdort<br />
ganz besonders aromatische Weine.Indem kleinen Seitental<br />
zieht sich der Weinbau bis auf 950 Meter die Bergehoch. Vor<br />
allem Weißweine gedeihen in dem kühlen Klima. DemSilvaner<br />
tut die Höhenluft gut. Denn hier behält die oft säureschwache<br />
Rebsorte ihreFrische.<br />
Kein Wunder,dass man in der Eisacktaler Kellerei besonders<br />
stolz auf den Silvaner ist und die Rebsorte in den besten<br />
Lagen rund um das Kloster Säben kultiviert. Gleich drei verschiedene<br />
und unterschiedlich ausgebaute Silvaner hat man<br />
hier im Sortiment, darunter einen raffiniertimAkazienholzfass<br />
gereiften Spitzenwein.<br />
Aber auch der Basis-Silvaner ist besonders gelungen. Der<br />
wirdschnörkellos im Edelstahltank vergoren sowie ausgebaut<br />
und behält dadurch seine klaren Rebsortenaromen. DerWein<br />
läuft zitronengelb ins Glas.Der Duft ist brillant mit Aromen<br />
vongrünem Apfel, Mirabellen, Salbei, Wiesenkräuternund<br />
frisch geknackten Haselnüssen. Am Gaumen verfügtder Wein<br />
über viel Struktur,Mineralität, Schmelz, Frische.Und trotzdem<br />
wirkt er erstaunlich leichtfüßig und pikant. Mitden zarten<br />
vegetabilen Aromen, trocken ausgebaut und mit bestens<br />
integrierten 13,5 Prozent Alkohol ist der Silvaner ideal zu Spargel<br />
mit üppiger SauceHollandaise.Allerdings wäreesschade,<br />
diesen guten Tropfen nur als „Spargelwein“ abzuspeichern.<br />
2017Sylvaner della Valle Isarco EisacktalerKellerei, Südtirol.<br />
Für 9,50 Euro zu bestellen bei magazinivini.de<br />
Fest mit Teigtaschen<br />
Geburtstag der<br />
Lebensmittelretter<br />
Berlin findet immer wieder kreative Konzepte gegen die<br />
Lebensmittelverschwendung, auch wir haben schon<br />
über das Neuköllner Restaurant Restlos glücklich und den<br />
Reste-Supermarkt Sirplus berichtet. Und über DingsDums<br />
Dumplings. Das Team stellt aus überschüssigem Gemüse,<br />
Obst und Bio-Fleisch von einem Premium-Anbieter leckere<br />
Teigtaschen –Dumplings –her.Obetwas schon leicht braun<br />
oder krumm ist, spielt keine Rolle,denn dieZutaten werden<br />
zerkleinert und in Nudelteig verpackt. Voreinem Jahr eröffnete<br />
das Start-up den ersten eigenen Laden. Jetzt feiert<br />
DingsDums Dumplings Geburtstag. Ein erfolgreiches Jahr<br />
liegt hinter dem Team. Sie wurden mit dem Förderpreis „Zu<br />
gut für die Tonne“ ausgezeichnet und landeten in zahlreichen<br />
Genuss-Ratgebernder Stadt. ZumGeburtstagsfest am<br />
Sonntag gibt es Live-Musik, ein paar kleinere Mitmach-Aktionen<br />
und natürlich Dumplings.<br />
Ein Jahr DingsDums Dumplings WienerStraße 34,Kreuzberg. So 14–22 Uhr<br />
Zucker<br />
Süße<br />
Naschwelt<br />
Achtung, das ist nichts für die Fastenzeit! Am Sonntag können<br />
Sie sich in der Markthalle Neun auf dem Naschmarkt<br />
durch die leckersten Süßigkeiten der Stadt schlemmen. Ob<br />
Schokolade oder Bonbons,Kuchen, Torten oder Kekse und allerhand<br />
anderekreativeLeckereien wie Osternest-Donuts und<br />
Petit Fours. Hier treffen sich die besten Konditoreien, Patisserien<br />
und Süßigkeiten-Hersteller Berlins.Dieses Maldreht sich<br />
alles rund ums Thema „Zucker“ –und zuckerfreie Alternativen.<br />
Kinder können beispielsweise eigene kleine Süßigkeiten<br />
mit wenig oder ganz ohne Zucker herstellen. Die Preise auf<br />
dem Naschmarkt sind, zugegeben, oft ganz schön happig.<br />
Spaß macht ein Besuch dennoch –und wernoch Kleinigkeiten<br />
für Ostergeschenke sucht, ist hier gut aufgehoben.<br />
Zuckersüß! Naschmarkt vor Ostern in derMarkthalle Neun<br />
Eisenbahnstraße 42/43, Kreuzberg.Sonntag,12–18 Uhr. Eintritt 5Euro, freifür<br />
Kinder, Jugendliche, Anwohner mit PLZ 10997 und Inhaberdes Berlinpasses<br />
MARKTHALLE NEUN/ANNA WARNOW<br />
Design<br />
Bauhaus<br />
für zu Hause<br />
Als Walter Gropius 1919 das Staatliche Bauhaus als Kunstschule<br />
inWeimar gründete,war das etwas völlig Neues: die<br />
Zusammenführung von Kunst und Handwerk. Der sich meist<br />
durch seine geradlinige Schlichtheit auszeichnende Stil prägt<br />
bis heute Kunst und Architektur. Im<strong>Berliner</strong> Bauhaus Shop,<br />
angeschlossen an das temporarybauhaus-archiv,kann sich jeder<br />
ein bisschen davon nach Hause holen. Hier finden sich<br />
vonBüchernbis zum Kartoffelschäler allerhand Geschirr,Büroartikel,<br />
Schmuck, Spiele oder auch Deko-Artikel im Bauhaus-Stil,<br />
sowohl traditionelle Objekte als auch aktuelle Entwürfe.Künstler,Architekten<br />
und Gestalteraus allerWelt designen<br />
die Objekte zu erschwinglichen Preisen. Mit jedem Kauf<br />
unterstützen Sie außerdem das Bauhaus-Archiv, das sich der<br />
Erforschung und dem Erhalt der Bauhaus-Sammlung widmet.<br />
Undwer weiter entfernt wohnt, kann online einkaufen.<br />
Bauhaus Shop im temporarybauhaus-archiv Knesebeckstraße 1–2, Charlottenburg.Mo–Sa<br />
10–18 Uhr.bauhaus-shop.de<br />
Umweltschutz<br />
Wasser trinken<br />
und Gutes tun<br />
Ich habe mir bis vor einigen Jahren nichts dabei gedacht,<br />
Wasser aus Plastikflaschen zu trinken. Mittlerweile fühle ich<br />
mich dabei immer unwohler.Jedes Kind weiß inzwischen, wie<br />
umweltschädlich Plastikmüll ist, außerdem bestehen Plastikflaschen<br />
aus PET, das Stoffe ans Getränk abgibt. Offiziell zwar<br />
nicht in gesundheitsschädlichen Mengen, dennoch fühle ich<br />
mich komplett ohne Plastik wohler. Das <strong>Berliner</strong> Start-up<br />
Soulbottles bietet plastikfreie und schicke Alternativen aus<br />
Glas.Designer und Künstler aus der ganzen Welt gestalten die<br />
Motive auf den Flaschen. Sie sind dicht und können in die<br />
Spülmaschine. Und etwas Gutes tut man beim Kauf auch<br />
noch: Für jede gekaufte Soulbottle spendet das Team einen<br />
Euro an sogenannte „Wash Projekte“, die sich dafür einsetzen,<br />
dass Menschen auf der ganzen Welt Zugang zu sauberem<br />
Trinkwasser erhalten.<br />
Flasche 0,6lfür 24,90 Euro, 1lfür 34,90 Euro.Bestellenunter:soulbottles.de<br />
SOULBOTTLES.DE<br />
WOHIN AM WOCHENENDE?<br />
Und wieder<br />
ist<br />
Glanzzeit<br />
Wo die feine Vergangenheit<br />
zu vornehmer Gegenwart<br />
wird –ein Spaziergang<br />
in Mitte<br />
VonIda Luise Krenzlin<br />
Postfuhramt in der Oranienburger Straße<br />
IMAGO IMAGES<br />
Die Oranienburger Straße in<br />
Mitte ist für mich eine der Straßen,<br />
die nach der Wende den größten<br />
Wandel durchgemacht haben.<br />
Das schönste Haus der Straße ist<br />
heute wieder das Kaiserliche Postfuhramt.<br />
In meiner Kindheit war das<br />
große Gebäude heruntergekommen,<br />
die Fassade fast schwarz, im<br />
Hofstanden klapprige Schuppen.<br />
Die erste Glanzzeit des Postfuhramts<br />
begann 1881, da wurde es eröffnet.<br />
Diealten Pferdeställe,die schon<br />
vorher auf dem Gelände standen,<br />
waren so marode gewesen, dass 1874<br />
viele Tiere verendeten waren. Ein<br />
moderner und repräsentativer Gebäudekomplex<br />
für Ställe, Kutschen<br />
und Kutscher wurde geplant und gebaut.<br />
Imposant ist der Eingang: die<br />
geschwungene Treppe, der hohe<br />
Rundbogen, der fast bis ans Dach<br />
reicht. Schmuckelemente erinnern<br />
an die italienische Frührenaissance.<br />
Der achteckige Turmaufsatz zwischen<br />
den zwei kleinen Kuppeln<br />
stellt architektonisch einen Bezug zu<br />
den Kuppeln der benachbarten Synagoge<br />
her.Stellt man sich auf die gegenüberliegende<br />
Straßenseite, hat<br />
man beide Gebäude im Blick.<br />
Das Postfuhramt ist fast fertig saniert,<br />
die Gerüste sind abgebaut. Die<br />
<strong>Berliner</strong> Medizintechnikfirma Biotronik<br />
will hier einziehen. Die gelbe<br />
Klinkerfassade funkelt mit der Synagogenkuppel<br />
um die Wette, das Gebäude<br />
kann man als Normalmensch<br />
leider nicht betreten. Immerhin: Die<br />
herrlich restaurierte Tordurchfahrt,<br />
erreichbar über die Auguststraße,<br />
gibt den Blick, wenn auch nur widerwillig,<br />
auf die Hofanlage frei.<br />
Man muss sich die Nase an den<br />
Metallstäben platt drücken, um einen<br />
Blick auf das Terrakotta-Relief<br />
mit der Postkutscheund dem wilden<br />
Pferdegespann zu erhaschen. Im Hof<br />
sind die Kutschen über die Pflastersteine<br />
losgedonnert. Hier verband<br />
sich der Krach aus den Werkstätten<br />
mit dem Peitschengeknalle der Kutscher.Was<br />
mag das für ein Krach gewesen<br />
sein! Dagegen waren die<br />
Nachwende-Clubs,die in den Neunzigerjahren<br />
natürlich auch im Postfuhramt<br />
Station machten, nichts.Ein<br />
Spaziergang um das Gelände herum<br />
lohnt, an der Fassade befindet sich<br />
wunderbarer Tür- und Fensterschmuck.<br />
Man kann raten, wen die<br />
Porträts zeigen. Finden Sie Christoph<br />
Kolumbus, Alexander von<br />
Humboldt oder Benjamin Franklin?<br />
Auf der anderen Seite der Oranienburger<br />
kann der Spaziergang weitergehen.<br />
Hier steht man vor einem<br />
Gebäudeensemble, in dem Historisches<br />
in Vornehm-Gegenwärtiges<br />
transformiert wird. Auf dem „Forum<br />
an der Museumsinsel“ genannten<br />
Areal entstehen feine Wohnungen<br />
und Büroflächen, derzeit ist alles<br />
noch Großbaustelle. Die Gebäude<br />
auf dem Areal stammen aus drei