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Bunte Salze, weiße Berge

Wachstum und Wandel der Kaliindustrie zwischen Thüringer Wald, Rhön und Vogelsberg

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Zu deren Betrieb wurde weiches, sauberes Wasser<br />

benötigt, da der beim Eindampfen des Wassers entstehende<br />

Kesselstein sonst die Funktionsfähigkeit<br />

der gesamten Anlagen gefährdete. Mit zunehmender<br />

Produktion stieg der Bedarf immer mehr an und<br />

Wasser in Trinkwasserqualität wurde vorzugsweise<br />

den Brunnen in der Umgebung der Werke entnommen.<br />

Flusswasser aus Werra, Felda, Ulster und<br />

Fliede wurde dazu verwendet, um das Rohsalz im<br />

ersten Verfahrenschritt der Kaliherstellung in Wasser<br />

zu lösen.<br />

Um überhaupt produzieren zu können, erwarben die<br />

Kaliwerke immer mehr Brunnen und Wasserrechte.<br />

Konflikte waren vorprogrammiert, da immer mehr<br />

Trinkwasser auch zur Versorgung von Mensch und<br />

Vieh benötigt wurde. Die Gewerkschaften versuchten<br />

sich mit den wachsenden Gemeinden gütlich zu<br />

einigen. So lieferte zum Beispiel Wintershall seit 1908<br />

der Gemeinde Heringen Überschusswasser aus den<br />

eigenen Leitungen.1910 sagte Wintershall zu, aus<br />

dem eigenen Hochbehälter Wasser in den der Gemeinde<br />

Heringen zu leiten und den Bau der Leitung<br />

zu bezahlen. Gleichzeitig wurde dem Ort gestattet,<br />

aus dem Brunnen auf der Schachtanlage Heringen<br />

Wasser zu entnehmen, da er bereits 150 Kubikmeter<br />

Frischwasser am Tag benötigte. 13<br />

DAS HEISSLÖSEVERFAHREN<br />

Dagmar Mehnert<br />

Bei der Verarbeitung des Rohsalzes mit dem Heißlöseverfahren wird die<br />

unterschiedliche Löslichkeit der Salzminerale ausgenutzt. Während die<br />

Löslichkeit von Steinsalz in Wasser weitgehend von der Temperatur unabhängig<br />

ist, nimmt die von Kalisalzen wie Sylvin und Carnallit bei höherer<br />

Temperatur deutlich zu. 1) Zur Trennung wird die Löselauge, eine bei 25<br />

Grad Celsius an gelösten Salzmineralen gesättigte Lösung, auf 110 Grad<br />

Celsius erhitzt. 2) In die heiße Lösung wird weiteres Kalirohsalz eingebracht.<br />

3) Im günstigsten Fall lösen sich die Kalisalze Sylvin und Carnallit<br />

vollständig auf, während Kieserit und Steinsalz nicht in Lösung gehen und<br />

sich als Feststoffe absetzen. 4) Diese werden von der Sylvin-Carnallit-Lösung<br />

durch Filtern abgetrennt. 5) Wird die Lösung abgekühlt, kristallisiert<br />

Chlorkalium (KCl) aus und kann als Feststoff abgezogen werden. 6) Übrig<br />

bleibt die so genannte Mutterlauge, die nach erneutem Erhitzen wieder<br />

als Löselauge eingesetzt werden kann.<br />

Soll Kieserit das Endprodukt sein, kann das im Heißlöseverfahren angefallene<br />

Kieserit-Steinsalz-Gemisch einer Kieseritwäsche unterzogen werden,<br />

bei der das Steinsalz ausgewaschen wird. Am Ende dieser Verarbeitungsprozesse<br />

stehen auskristallisiertes Chlorkalium und Kieserit, die entweder<br />

in den Verkauf gehen oder in einer nachgeschalteten Sulfatfabrik zu<br />

schwefelsaurem Kali weiter verarbeitet werden.<br />

A<br />

A<br />

Schematische Darstellung des Heißlöseverfahrens<br />

1914–1918: Der I. Weltkrieg<br />

Nach Kriegsausbruch führten die Einberufungen an<br />

die Fronten des I. Weltkriegs bald zu einem derartigen<br />

Arbeitskräftemangel, dass einige Kalibergwerke<br />

ihren Betrieb einstellten, u.a. Wintershall, Kaiseroda<br />

I-III und Neuhof. Die Produktivität litt erheblich, weil<br />

die freien Stellen mit ungelernten Kräften – zuerst<br />

mit Jugendlichen, später auch mit Kriegsgefangenen<br />

– besetzt werden mussten. Dennoch gelang es bis<br />

1915, die nicht fertig abgeteuften Schächte Alexandershall<br />

II und III, Heiligenroda IV, Kaiseroda II,<br />

Menzengraben II, Heimboldshausen und Ransbach<br />

auf Endteufe zu bringen. Danach ruhte meistens<br />

der Betrieb, nur Heimboldshausen und Ransbach<br />

bereiteten die Grubenfelder für den Abbaubetrieb<br />

vor und engagierten 1917 Fremdarbeiter der Gewerkschaft<br />

Urania aus Bochum, um bei der Quotenzuweisung<br />

besonders gute Ergebnisse präsentieren<br />

zu können. Im Schacht Ellers wurde aufgrund des<br />

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