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Bunte Salze, weiße Berge

Wachstum und Wandel der Kaliindustrie zwischen Thüringer Wald, Rhön und Vogelsberg

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84<br />

„... um sie vor Verlust durch<br />

Bombenangriffe zu schützen“ 54<br />

Während des II. Weltkrieges wurden nicht nur Kali,<br />

Leichtmetall, chemische Grundstoffe und Heeresmunition<br />

von einheimischen oder zur Arbeit gezwungenen<br />

Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen<br />

produziert, sondern ganze Belegschaften fremder<br />

Firmen im Werratal angesiedelt. Denn mit Andauern<br />

des Krieges und immer häufigeren alliierten<br />

Bombenangriffen suchten größere Betriebe aus den<br />

Ballungszentren nach Standorten, die mehr Sicherheit<br />

boten. So kam es, dass in den Übertageanlagen<br />

auf Heiligenroda I, II und III Produktionsbereiche<br />

der AEG-Reparaturenfabrik (Mühlheim/ Ruhr), der<br />

Firma Kellermann (Wuppertal), der Firma Louis<br />

Eilers (Hannover-Herrenhausen), der Firma Henschel<br />

(Kassel) und der Firma Schmalfuß (Berlin) untergebracht<br />

wurden. Die Anlagen von Großherzog von<br />

Sachsen I übernahm die Firma Hasenclever (Düsseldorf).<br />

Die BMW-Werke (Eisenach) mieteten sowohl<br />

über als auch unter Tage Produktionskapazitäten<br />

am Schacht Abteroda, um Flugzeugmotoren<br />

zu produzieren.<br />

In den Fertigungskomplex integriert war ein mit<br />

dem Tarnnamen „Anton“ versehenes Außenlager<br />

des KZ-Buchenwald mit etwa 230 weiblichen Häftlingen,<br />

die ursprünglich aus dem KZ-Ravensbrück<br />

bei Berlin gekommen waren.„Anton“ wurde am<br />

4.12.1944 mit einem Brandbomben-Teppich belegt,<br />

der allerdings die Anlage verfehlte und zwischen<br />

Dippach und Leimbach niederging. 55 Ab Januar<br />

1945 wurde unter dem Namen „Heinrich Kalb“ mit<br />

etwa 1.100 Häftlingen im Grubenfeld Heiligenroda<br />

III eine untertägige Produktionsanlage von BMW<br />

vorbereitet. Eine weitere Anlage namens „Ludwig<br />

Renntier“ war auf Kaiseroda I geplant, wurde jedoch<br />

bis Kriegsende nicht vollendet.<br />

Die Kalibergwerke wurden im Laufe des Zweiten<br />

Weltkrieges nicht nur als sichere Produktionsstätten,<br />

sondern zunehmend auch als bombensichere Aufbewahrungsorte<br />

für Kulturgüter und Wertgegenstände<br />

aller Art gesehen. Doch auch das nützte nichts<br />

mehr: Am Ostersamstag, den 31.März 1945, standen<br />

amerikanische Truppen auf dem Werksgelände von<br />

Wintershall in Heringen, hatten einen Tag später<br />

ganz Heringen eingenommen, rückten am 3. April<br />

EINLAGERUNGEN VON KULTUR-<br />

UND ANDEREN GÜTERN<br />

Dagmar Mehnert<br />

Als sich der Bombenkrieg der Alliierten immer<br />

weiter steigerte und je näher die militärische<br />

Niederlage rückte, desto dringender war es, in<br />

Deutschland sichere Orte zur Unterbringung<br />

von Kulturgütern und anderen wertvollen oder<br />

wichtigen Dingen zu finden. Da die Kaligruben<br />

sicher vor Bombenangriffen waren und günstige,<br />

trockene Lagerungsbedingungen boten, brachten<br />

die Fördertürme seit Januar 1944 nicht nur<br />

Salz nach über Tage, sondern beförderten auch<br />

Wertgegenstände in die Tiefe. Fast alle Schächte<br />

waren eingebunden in die Einlagerungsaktivitäten<br />

und an Werra und Fulda befanden sich unter<br />

Tage Bibliotheken, Kunstschätze, Theaterkostüme,<br />

Akten, Geld und Gold, aber auch Munition<br />

und Ausrüstungsgegenstände der Wehrmacht.<br />

Auch der Wintershall-Konzern brachte seine<br />

Aktenbestände in den Bergwerken in Sicherheit.<br />

Ausgewählten Konzernmitarbeitern und<br />

verschiedenen Nazi-Größen wurde ebenfalls<br />

gestattet, private Wertgegenstände einzulagern.<br />

A<br />

B<br />

C<br />

Die US-Generäle Patton, Eisenhower und Bradley bei<br />

der Begutachtung von eingelagerten Gegenständen im<br />

Kaliwerk Merkers<br />

Ende 1944 wurden Sakralgegenstände aus Ostpreußen<br />

in der Grube Springen eingelagert. Reste davon<br />

konnten 1992 geborgen werden<br />

In den Grubenbauen der Schachtanlage II/III des Kaliwerks<br />

Heiligenroda war während des II. Weltkrieges<br />

der Weinkeller einer Nazigröße namens Claußnitzer<br />

eingelagert. Hier begutachtet ein Bergmann lange<br />

nach dem Krieg die Überreste.<br />

A

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