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TAG DER OFFENEN<br />
TÜR DER IKG WIEN<br />
15. September 2019<br />
Seitenstettengasse 2,<br />
1010 Wien<br />
Verantwortung für die Gesellschaft<br />
DR. JOHANN<br />
STROBL (59)<br />
kommt aus dem burgenländischen<br />
Mattersburg<br />
und lebt dort<br />
bis heute. Nach seinem<br />
Wirtschaftswissenschaftsstudium<br />
an<br />
der WU arbeitete er<br />
bis 1989 als Assistent<br />
am Institut für Kreditwirtschaft.<br />
Dann wechselte<br />
er in die damalige<br />
Creditanstalt, die spätere<br />
Bank Austria (BA),<br />
in deren Vorstand der<br />
Risikoexperte 2004<br />
aufstieg. Bis 2007 war<br />
er dort für Risiko und<br />
Finanzen zuständig.<br />
2007 wechselte er in<br />
das Führungsgremium<br />
der Raiffeisen Zentralbank.<br />
2010 zog er in<br />
den Vorstand der Raiffeisen<br />
Bank International<br />
ein. Seit März 2017<br />
ist er Vorstandschef<br />
der RBI.<br />
Die RBI unterstützt den Tag der offenen<br />
Tür der Israelitischen Kultusgemeinde<br />
Wien seit vielen Jahren. Welchen Hintergrund<br />
hat dieses Engagement?<br />
Ein Unternehmen unserer Größe hat eine<br />
Verantwortung für unsere Gesellschaft.<br />
Aufgrund unserer genossenschaftlichen<br />
Wurzeln unterstützen wir insbesondere<br />
Projekte und Institutionen, die eigenverantwortliches<br />
Handeln großschreiben. Die Israelitische<br />
Kultusgemeinde ist ein Musterbeispiel<br />
dafür, was durch bürgerschaftliches<br />
Engagement erreicht werden kann. Wenn<br />
man dann noch in die Geschichte zurückschaut<br />
und sich vergegenwärtig, wie viel<br />
Wien seinen jüdischen Bürgern verdankt –<br />
kulturell, wissenschaftlich, sozial –, dann ist<br />
unsere Unterstützung für die IKG fast schon<br />
eine Selbstverständlichkeit.<br />
Bildung hat einen sehr hohen Stellenwert<br />
im Judentum. Welche Bedeutung messen<br />
Sie Bildung bei?<br />
Bildung ist der wichtigste Rohstoff unseres<br />
Landes. Ihre Bedeutung kann gar nicht überschätzt<br />
werden. Sie ist der Schlüssel zum<br />
langfristigen Erfolg einer Volkswirtschaft,<br />
zur sozialen Teilhabe und zur Integration.<br />
Wir leben in einer Zeit, in der sehr viel über<br />
Gerechtigkeit diskutiert wird. Letztendlich<br />
ist es immer eine subjektive Wahrnehmung,<br />
was gerecht und was ungerecht ist. Für mich<br />
ist es zutiefst ungerecht, wenn man Menschen<br />
den Zugang zur Bildung verwehrt.<br />
Wie sehen Sie den zunehmenden Antisemitismus<br />
in Europa?<br />
Als Schande für Europa. Wenn Juden wieder<br />
Angst haben, in der Öffentlichkeit religiöse<br />
Symbole zu tragen, oder sogar aus<br />
Angst Europa verlassen, dann ist das unerträglich.<br />
Wir haben nicht nur die Verpflichtung,<br />
den Opfern der Schoah ein würdiges<br />
Andenken zu bewahren, sondern insbesondere<br />
auch eine Verantwortung gegenüber<br />
unseren jüdischen Mitbürgern im Hier und<br />
Heute. Sie müssen sich in Europa sicher fühlen<br />
können. Wir dürfen es nicht zulassen,<br />
dass sich das Gift des Antisemitismus weiter<br />
ausbreitet. Unser Bundespräsident hat<br />
anlässlich seines Israel-Besuchs Anfang Februar<br />
sehr klare Worte dazu gefunden.<br />
In Ihrem Metier hat die Risikobewertung<br />
einen hohen Stellenwert. Welche Risiken<br />
sehen Sie derzeit in Österreich und global?<br />
Die Wirtschaft, insbesondere die Banken,<br />
besitzen viel Erfahrung mit der Bewertung<br />
wirtschaftlicher Risiken. Wir haben gelernt,<br />
mit konjunkturellen Zyklen umzugehen.<br />
Die Bewertung von politischen Risiken, die<br />
sich, wenn sie sich manifestieren, auf die<br />
Wirtschaft durchschlagen, ist wesentlich<br />
schwieriger. Klassische Risikomodelle können<br />
das nicht abbilden. Zurzeit sind wir<br />
mit einer ganzen Reihe von politischen Risiken<br />
konfrontiert: dem Brexit, einem drohenden<br />
globalen Handelskrieg, dem Ukraine-Konflikt<br />
und so weiter. In einer solchen<br />
Situation müssen sie in der Lage sein, sehr<br />
schnell zu reagieren und sich anzupassen.<br />
Sie waren begeisterter Reiter und haben<br />
eine große Passion für Pferde. Was können<br />
Menschen von Pferden lernen?<br />
Pferde sind Fluchttiere, sehr aufmerksame<br />
und sensible Beobachter. Behandelt man<br />
sie mit Respekt und überfordert sie nicht,<br />
dann sind sie unglaublich leistungsbereit<br />
und vertrauensvoll. So kann der Umgang<br />
mit Pferden auch eine gute Übung für den<br />
Umgang mit Menschen sein.<br />
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