Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
NACHRICHTEN AUS TEL AVIV<br />
Bitte keine<br />
Marihuana-Witze!<br />
In Israel entsteht gerade ein staatlich gefördetes<br />
Eco-System für die Regulierung und Standarisierung<br />
von Cannabioniden.<br />
Von Gisela Dachs<br />
E<br />
in neuer Laden in der Dizengoffstraße<br />
heißt „Cannabis Museum<br />
Shop“. Dass es so etwas bereits woanders<br />
– nämlich in Holland – gibt,<br />
darauf wird mit kleinen hebräischen<br />
Buchstaben hingewiesen. Die Regale sind voller<br />
Öle, Salben und schlanker Glasgefäße. „Alles, was<br />
ihr in Amsterdam gesucht habt, gibt es jetzt auch<br />
hier in Tel Aviv“, steht auf der Facebook-Seite des<br />
internationalen Betreibers City Seed Bank. Es<br />
ist kein Geheimnis, dass viele Israelis gerne kiffen.<br />
Das Zeug dazu lässt sich unproblematisch<br />
an allen möglichen Kiosken erwerben. Neu aber<br />
ist diese quasi offizielle Niederlassung. Sie passt<br />
zum Zeitgeist, auch wenn der Konsum von Hanfblüten<br />
zum Vergnügen weiterhin verboten ist.<br />
Für die Legalisierung von Cannabis machen<br />
sich schon lange verschiedene Gruppierungen<br />
stark. Die Grüne-Blatt-Partei gibt es seit 1999,<br />
mit einer festen Stammwählerschaft, auch wenn<br />
sie es bisher nicht in die Knesset geschafft hat.<br />
Bei der jüngsten Wahl war sie nicht angetreten.<br />
In Israel wurde bereits 2016 eine<br />
Gesetzesreform verabschiedet, die<br />
Cannabis für den medizinischen<br />
Gebrauch legalisiert.<br />
Dafür machte in Tel Aviv ausgerechnet Moshe<br />
Feiglin mit seiner stramm rechten Identitätspartei<br />
von sich reden, weil er sich das Thema mit auf<br />
die Fahnen geschrieben hatte.<br />
Genau darum aber geht es all den neuen professionellen<br />
Züchtern im Land aber nicht. Sie<br />
wollen Cannabis allein zu medizinischen Zwecken<br />
herstellen und exportieren. Marihuana-<br />
Witze sind in dieser aufsteigenden Branche<br />
tabu. Ihre Produkte heißen auch nicht „Weißer<br />
Traum“, sondern haben neutrale, seriöse Bezeichnungen.<br />
Noch wird gestritten, ob der Hype gerechtfertigt<br />
ist, aber wer Rang und Namen hat,<br />
interessiert sich längst dafür.<br />
Zu den prominentesten Figuren gehört der<br />
ehemalige Premierminister Ehud Barak, heute<br />
Vorsitzender von Canndoc/Intercure. In seiner<br />
Eröffnungsrede auf der 4. CannaTech-Konferenz<br />
Anfang April lobte er Israel als das „Land von<br />
Milch, Honig und Cannabis“. Barak schätzte<br />
den Markt weltweit auf 17 Milliarden Dollar,<br />
mit riesigem Entwicklungspotenzial. In nicht<br />
allzu langer Zukunft, prophezeite er, werde einer<br />
von drei Menschen auf dem Planeten irgendeine<br />
Art von Cannabinoiden einnehmen.<br />
In Israel wurde bereits 2016 eine Gesetzesreform<br />
verabschiedet, die Cannabis für den medizinischen<br />
Gebrauch legalisiert. Nun ist es gerade<br />
in Kraft getreten. Ärzte sollen fortan auf unbürokratische<br />
Weise Rezepte ausstellen dürfen, für<br />
bedürftige Patienten ist das ein Segen. 35.000<br />
Israelis verfügen über eine staatliche Cannabis-<br />
Erlaubnis, doch die Wege zum Medikament<br />
waren oft hürdenreich. Noch fehlt es an ausreichenden<br />
wissenschaftlichen Studien, sagen die<br />
Experten, aber der Stoff hat sich bei der Behandlung<br />
von Krebs, posttraumatischen Belastungsstörungen,<br />
Autismus, Alzheimer und Epilepsie<br />
bewährt.<br />
Gesundheitsminister Rabbiner Litzmann<br />
überzeugt. Hier wird nun mit staatlicher Unterstützung<br />
weitergeforscht. Um sicherzustellen,<br />
dass nur hochqualitative Pflanzenextrakte konsumiert<br />
werden, soll die Herstellung stärker kontrolliert<br />
werden. Yuval Landschaft, Direktor der<br />
Israeli Medical Cannabis Agency, nennt es ein<br />
„staatlich geförderten Eco-System für Regulie-<br />
16 wına| Juli_August 2019