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KONSERVIEREN RESTAURIEREN<br />
BEWAHREN,<br />
WAS EINMAL WAR<br />
Die Exilbibliothek im Literaturhaus bewahrt<br />
Objekte und Arbeiten aus dem früheren Besitz von<br />
in der NS-Zeit verfolgten Künstlern und Künstlerinnen,<br />
die sich ins Ausland retten konnten. Nun bemüht<br />
sich die Einrichtung darum, die Sammlung zeitgemäß<br />
zu lagern beziehungsweise für die Forschung etwa<br />
durch Digitalisierung nutzbar zu machen.<br />
Seit 1993 sammelt die Exilbibliothek,<br />
gegründet als Abteilung der<br />
Dokumentationsstelle für neuere<br />
österreichische Literatur, Arbeiten und<br />
Nachlässe von Exilkünstlern: Anders,<br />
als der Name der Einrichtung vermuten<br />
lassen würde, dokumentiert die Exilbibliothek<br />
allerdings nicht nur das Wirken<br />
von von den Nationalsozialisten verfolgten<br />
und emigrierten Schriftstellern und<br />
Schriftstellerinnen, sondern auch von<br />
Musikern, Bildhauern, Architekten und<br />
Tänzern. Die Sammlung umfasst daher<br />
neben rund 9.000 Büchern auch zahlreiche<br />
andere Objekte.<br />
Darunter finden sich etwa die charakteristischen<br />
Puppen der Tänzerin<br />
und Performancekünstlerin Cilli Wang,<br />
gefertigt nach Karikaturen, etwa von<br />
Erich Sokol, Hüte und Fotografien aus<br />
dem Nachlass der Lyrikerin und Modistin<br />
Mimi Grossberg oder Tonaufnahmen<br />
von Jimmy Berg, erzählt die Leiterin<br />
der Exilbibliothek, Veronika Zwerger.<br />
Insgesamt liegen Nachlassbestände und<br />
Handschriften von etwa 150 Personen<br />
im Literaturhaus in der Seidengasse. Die<br />
Bandbreite reicht dabei „von einem Einzeltyposkript<br />
oder dem Tagebuch eines<br />
jugendlichen Flüchtlings bis hin zu einem<br />
Nachlass von 150 Archivboxen“.<br />
Während der vergangenen 25 Jahre hat<br />
die Exilbibliothek den Schwerpunkt ihrer<br />
Arbeit auf Projekte gelegt, im Rahmen<br />
derer die Institution mit vielen überlebenden<br />
Exilkünstlern und -künstlerin-<br />
Von Alexia Weiss<br />
Fotos: Daniel Shaked<br />
Schachtelpate werden.<br />
Viele Objekte brauchen<br />
schlicht eine säurefreie,<br />
maßgeschneiderte<br />
Verpackung, um auch für<br />
künftige Generationen<br />
erhalten zu werden.<br />
nen in Kontakt kam. Dabei entschieden<br />
einige der Kunstschaffenden, der Bibliothek<br />
Materialien, Objekte, Archivalien<br />
als Vorlass zu übergeben. Zwerger freut<br />
sich hier über das große Vertrauen, dass<br />
ihrer Institution entgegengebracht wird.<br />
Manches wurde auch angekauft. Inzwischen<br />
ist das Gros der verfolgten Künstler<br />
allerdings bereits verstorben. Mit Nachkommen<br />
sei man weiter in Kontakt – und<br />
immer noch werden der Einrichtung neue<br />
Exponate übergeben. Dennoch: Die Zeit<br />
des Sammelns neigt sich langsam dem<br />
Ende zu.<br />
„Nun ist es wichtig, die Bestände gut<br />
zu erhalten“, betont Zwerger. Während es<br />
für Projekte oder auch den Ankauf von<br />
Objekten Förderungen gebe, sei diese<br />
Art der Finanzierung für konservierende<br />
oder restaurierende Maßnahmen kaum<br />
vorgesehen. Daher wendet sich die Exilbibliothek<br />
nun mit dem Aufruf „Werden<br />
Sie Schachtelpate/Schachtelpatin!“<br />
an die interessierte Öffentlichkeit. Viele<br />
Objekte brauchen schlicht eine säurefreie,<br />
maßgeschneiderte Verpackung, um<br />
auch für künftige Generationen erhalten<br />
zu werden. Tonaufnahmen oder Fotografien<br />
wiederum müssen digitalisiert<br />
werden. Zwerger hat hier überschaubare<br />
Pakete geschnürt: So kann man Patin<br />
beispielsweise einer Seite des Fluchtfotoalbums<br />
von Mimi Grossberg werden<br />
oder die Kosten für die Digitalisierung einer<br />
Minute von Jacov Linds Kurzspiel-<br />
38 wına| Juli_August 2019