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NACHHALIGKEIT PARTIZIPATION<br />

© Az W/Lisa Rastl; Heritage Foundation of Pakistan; Martina Bo Rubino<br />

Teile der Lösung sein.“ Wie<br />

das möglich sein könnte<br />

– und auch ist –, machen<br />

die versammelten Projekte<br />

deutlich: als ökologische<br />

„Reparatur“ der informellen<br />

Siedlungen mitten im<br />

Financial District am Matin-Pena-Kanal<br />

in Puerto<br />

Ricco, als erdbebensichere<br />

neue Formen von Dorfentwicklungen im<br />

chinesischen Sichuan, als flutbeständige<br />

Häuser in Lehm- und Bambusbauweise,<br />

wie etwa in Pakistan, oder als vielfältige<br />

öffentliche Räume, ob im Londoner Vorort<br />

Croydon, in São Paulo, Barcelona oder<br />

im belgischen Melle.<br />

„Alle diese Projekte arbeiten in neuen<br />

Allianzen“, erläutert Fitz eines der wesentlichen<br />

Prinzipien, das vor allem zwei der<br />

zentralen Aspekte garantiert: Erfolg und<br />

Nachhaltigkeit. „Sie versuchen nicht nur<br />

neue ökologische, sondern eben auch neue<br />

ökonomische Modelle zu pflegen. Sie arbeiten<br />

mit NGOs, Bauherrn und gemeinwohlorientierten<br />

Stiftungen, sie arbeiten<br />

mit anderen Disziplinen zusammen.“ Ein<br />

„Esgehtauch<br />

darum,einen<br />

Ort neu zu<br />

sehen,neuzu<br />

erfahren.“<br />

Angelika Fitz<br />

Das von Emergency<br />

Architecture<br />

mit initiierte<br />

Projekt realisierte<br />

100 Klassenräume<br />

für Kinder im<br />

Flüchtlingslager<br />

Za’atari Village in<br />

Jordanien.<br />

In Pakistan wurde<br />

das Projekt Sindh<br />

Flood Rehabilitation<br />

ins Leben<br />

gerufen, bei dem<br />

in traditioneller<br />

Lehm- und Bambusbauweise<br />

flutbeständige<br />

Häuser<br />

für die Menschen<br />

der Region gebaut<br />

werden.<br />

Missverständnis gilt es dabei<br />

auch gleich aus dem Weg zu<br />

räumen, erläutert Fitz weiter:<br />

„Die Projekte verbinden<br />

Bottom-up-Prozesse<br />

mit Top-down-Strategien“,<br />

denn „mit ein bisschen Basteln<br />

werden wir den Planeten<br />

nicht retten. Es geht hier<br />

schon um großmaßstäbliche,<br />

prototypische Ideen.“ Das heißt nicht,<br />

dass alle präsentierten Projekte regionenübergreifend<br />

sind, wie etwa jenes im chinesischen<br />

Bezirk Songyang, in dem Architektin<br />

Xu Tiantian zahlreiche über die<br />

ganze Region verteilte nachhaltige Produktionsstätten<br />

für lokale Produkte wie<br />

etwa Tofu entworfen hat, die so, neben<br />

der Stärkung traditioneller Produktionsweisen,<br />

den internationalen wie auch den<br />

Binnentourismus wiederbeleben. Auch so<br />

kleine und schwer zu kopierende Projekte<br />

wie jenes von Anapuma Kundoo, bei dem<br />

in alter Lehmbautechnik Gebäude für obdachlose<br />

Kinder entstehen, oder jenes von<br />

Anna Heringer, die gemeinsam mit der<br />

Modemacherin Veronika Lena in einem<br />

Dorf in Bangladesch eine aus alten Saris<br />

entwickelte Modelinien entworfen hat,<br />

sind vertreten.<br />

Nicht alle Projekte, die die beiden Kuratorinnen<br />

recherchiert und zu einem<br />

großen Teil auch vor Ort besucht haben,<br />

waren sich zuvor selbst ihrer „Care“-<br />

Perspektive oder gar ihrer nicht zuletzt<br />

durch die Schau deutlich gemachten globalen<br />

Pionierarbeit bewusst. „Doch wenn<br />

wir ihnen dann von unserem Konzept erzählt<br />

haben, konnten sich alle damit identifizieren.“<br />

Auch ein Beitrag aus Wien ist Teil<br />

der Ausstellung, seinerseits von Krasny<br />

und Fitz gemeinsam initiiert und kuratiert:<br />

Bei dem 2017 begonnenen Projekt<br />

Care + Repair wurden sechs internationale<br />

Architekt*innen-Teams eingeladen, jeweils<br />

im Tandem mit lokalen Expert*innen<br />

aus Wien an der „Reparatur“ der „Freien<br />

Mitte“ zu arbeiten – jener „urbanen Wildnis“,<br />

die im Zuge der Bebauung des ehemaligen<br />

Wiener Nordbahnhof-Geländes<br />

in der Wiener Leopoldstadt, einem der<br />

größten Wiener Stadtentwicklungsprojekte<br />

der letzten und kommenden Jahre,<br />

entstand, oder besser: verblieben war. Das<br />

Leitbild der Masterplaner von Studio-<br />

VlayStreeruwitz war hier, wie bei nahezu<br />

allen Beispielen, „vom Vorhandenen auszugehen,<br />

statt Tabula rasa zu machen“,<br />

vorhandene „Qualitäten“ zu suchen, zu<br />

finden, zu erforschen und, im idealen Falle,<br />

auch nachhaltig zu nutzen.<br />

Mit dem in Zusammenarbeit mit der<br />

TU Wien realisierten Forschungsprojekt<br />

Mischung: Nordbahnhof konnte hier<br />

in Wien ein Projekt entstehen, dass bereits<br />

auf weltweite Aufmerksamkeit stieß.<br />

Dieses „involved curating“, also das involvierende,<br />

teilhabende Kuratieren vor Ort<br />

schafft nicht nur ein mediales „place making“,<br />

sondern auch ein nachhaltiges Bewusstsein<br />

für die Qualitäten oft übersehener<br />

gewachsener „Wildnisse“ in stark<br />

wachsenden Städten. Mittels Teilhabe,<br />

Partizipation und eben auch: Fürsorge,<br />

gepaart mit Achtsamkeit und nachhaltiger<br />

„Pflege“, ist die Rettung der Welt, „1<br />

Minute vor 12“, so die Hoffnung, die man<br />

am Ende des Ausstellungsbesuches mitnimmt,<br />

vielleicht doch nicht ganz unrealistisch.<br />

„Partizipation bedeutet ein gemeinsames<br />

Versuchen, Tun und Umsetzen“,<br />

schließt Fitz ihre Ausführungen zum<br />

Wiener Projekt. „Es geht auch darum, einen<br />

Ort neu zu sehen, neu zu erfahren.<br />

Nicht nur: reden, reden, reden.“ <br />

wına-magazin.at<br />

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