Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GENERATION UNVERHOFFT<br />
Die Botschafterin<br />
der Musik<br />
Die Sopranistin Gan-ya Ben-gur Akselrod<br />
hat sich Wien als Basis für ihre Weltkarriere ausgesucht.<br />
Von Anna<br />
Goldenberg<br />
E<br />
igentlich wollte Gan-ya Ben-gur Akselrod<br />
nach Berlin. Das war 2013. Die<br />
heute 32-Jährige hatte damals gerade<br />
ihr Masterstudium abgeschlossen,<br />
Operngesang am Brooklyn College<br />
in New York. Ihr Gesangslehrer riet der gebürtigen<br />
Israelin, nach Europa zu gehen, um dort Arbeit<br />
zu finden. In Berlin lebten viele Israelis, es war<br />
günstig und gab mehrere Opernhäuser. Also zog<br />
Gan-ya hin.<br />
Für einen Gesangswettbewerb kam sie bald darauf<br />
nach Wien. Dort entdeckte sie der Castingdirektor<br />
des Theater an der Wien und bot ihr einen<br />
Platz im Ensemble an. „Er hat mich nach Wien gebracht,<br />
und dafür bin ich ihm für immer dankbar“,<br />
„Wäre Wien ein Mann, ich würde ihn heiraten.“<br />
Gan-ya Ben-gur Akselrod<br />
als „Lauretta“ in Giacomo<br />
Puccinis Oper Gianni<br />
Schicchi, 2017 in China.<br />
sagt Gan-ya. Das erzählt sie allerdings am Telefon.<br />
Zurzeit ist sie nämlich gar nicht hier, sondern im<br />
südfranzösischen Aix-en-Provence. Im Juli hat dort<br />
im Rahmen des Festival d’Aix-en-Provence die israelische<br />
Oper Die schlafenden Tausend ihre Weltpremiere,<br />
Gan-ya probt für ihre Rolle.<br />
Nach zwei Jahren am Theater an der Wien ist die<br />
Sopranistin freiberuflich tätig. Sie kommt viel herum,<br />
singt an Opernhäusern, bei Konzerten und auf<br />
Festivals in Frankreich, Deutschland, den USA, Israel<br />
und China. „Mir ist die Freiheit am wichtigsten“,<br />
sagt sie. Nur in ihrem geliebten Wien ist sie<br />
nicht mehr so oft. Umso begeisterter ist sie, dieses<br />
Interview zu geben. Sie wäre gerne Botschafterin<br />
für Wien, sagt sie, und ihre Antworten auf<br />
die Frage, warum ihr die Stadt so gut gefällt, klingen,<br />
als würde sie bereits für die Rolle üben. „Wäre<br />
Wien ein Mann, ich würde ihn heiraten“, sagt sie.<br />
Die Lebensqualität, die Opernhäuser, die Diversität.<br />
„Wenn ich durch die Straßen gehe, bin ich von<br />
der schönen, starken, sicheren Stille beeindruckt.“<br />
Und weiter: „Ich habe Schmetterlinge im Bauch.“<br />
Gan-ya wuchs im Norden von Tel Aviv auf,<br />
spielte als Kind Cello, Klarinette und Klavier, war<br />
Teil von Orchestern und Big Bands. „Irgendetwas<br />
hat nicht geklickt“, sagt sie. „Ich<br />
konnte nicht ausdrücken, was in mir<br />
war.“ Mit 16 Jahren begann sie, in einem<br />
Chor zu singen. „Es war Liebe<br />
auf den ersten Blick. Ich hatte mein Instrument gefunden.“<br />
Während ihres Militärdiensts studierte sie<br />
an der Buchmann-Mehta School of Music der Tel<br />
Aviv University.<br />
Mit Israel sieht sie sich nach wie vor eng verbunden.<br />
„Ich repräsentiere das Land, in dem ich aufwuchs,<br />
und versuche die schönen Dinge zu zeigen,<br />
die nicht in den Nachrichten vorkommen“, sagt sie.<br />
So ist sie eben Botschafterin beider Orte, von Wien<br />
und von Israel. Mit Musik geht das.<br />
© Jacky-Photography<br />
wına-magazin.at<br />
47