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INTERVIEW MIT RODGER KAMENETZ Ein Pool aus Nektar Große Weisen Der 14. Dalai Lama im Gespräch mit Rabbi Zalman Schachter-Shalomi. © Rodger Kamenetz 8 wına| Juli_August 2019
INTERRELIGIÖSER DIALOG 1994 erschien Rodger Kamenetz’ Bestseller The Jew in the Lotus erstmals. Er ist die Dokumentation eines historischen Treffens zwischen dem Dalai Lama und jüdischen Führern in Indien. Er ist aber auch die Geschichte eines Mannes, der seine jüdische Identität und Spiritualität neu entdeckt hat. Zum 25-Jahre-Buchjubiläum erzählt der Autor, warum er weit reisen musste, um zu finden, was er längst zuhause hatte. Von Daniela Schuster Rodger Kamenetz: The Jew in the Lotus. A Poet’s Rediscovery of Jewish Identity in Buddhist India. HarperOne, 336 S., € 13,98 I m Oktober 1990 brach eine Gruppe von acht Rabbis nach Dharamsala im Nordwesten Indiens auf, um den Dalai Lama zu treffen. Seine Heiligkeit hatte die jüdische Delegation eingeladen und eine Bitte geäußert: „Verratet mir euer Geheimnis – das Geheimnis des spirituellen Überlebens im Exil.“ Er, der 1959 nach blutig niedergeschlagenen Straßendemonstrationen für die Freiheit und Unabhängigkeit Tibets aus seiner chinesisch besetzten Heimat hatte fliehen müssen und seitdem im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh am Fuße des Himalaja lebte, erhoffte sich Hilfe und Antworten. Von den jüdischen Führern, vor allem aber von einem Volk, das selbst über Jahrtausende der Verfolgung ausgesetzt war und es dennoch geschafft hatte, seine religiösen Bräuche und esoterischen Traditionen zu bewahren. Über eine Woche hinweg entwickelte sich ein nie zuvor dagewesener interreligiöser Dialog. Es war ein Austausch über Unterschiede, aber vor allem eine Entdeckung von Gemeinsamkeiten, nicht zuletzt Mystik und Meditation betreffend. Und am Ende war es nicht nur der Dalai Lama, der von seinen Gästen lernte, sondern auch umgekehrt: „Das Judentum durch seine Augen zu betrachten, ließ es in seiner ganzen Schönheit erstrahlen“, erinnert sich Rodger Kamenetz. Der damals 40-jährige amerikanische Schriftsteller und spätere Professor für Englisch und religiöse Studien an der Louisiana State University in Baton Rouge war der Einladung seines guten Freundes Dr. Marc Lieberman gefolgt, der die Delegationsreise organisiert hatte. Er sollte die oft stundenlangen Gespräche dokumentieren. Auf den ersten Blick hätte Liebermans Wahl des Chronisten nicht schlechter ausfallen können. Denn Kamenetz war nicht sehr spirituell. Zudem hatte er kurz zuvor ein Kind verloren und wurde nicht nur von Schmerz, sondern auch von Selbstzweifeln zerfressen, nachdem er auch noch einen Buchauftrag verloren hatte. Kurz: Er fühlte sich der Aufgabe alles andere als gewachsen, wie er 1999 in einer filmischen Dokumentation über das Treffen erzählte: „Warum war ich dort? Keine Ahnung.“ In Dharamsala und umgeben von der Not und Armut der Tibetaner, die ihr Schicksal mit Gleichmut und Entschlossenheit schulterten, begann seine Schutzfassade aus Zynismus und Selbstentwertung jedoch schnell zu bröckeln. Anfangs nur Zeuge der Gespräche zwischen den Rabbis und dem Dalai Lama über das spirituelle Überleben eines Volkes im Exil, entdeckte Rodger Kamenetz in ihren Lektionen bald einen Weg aus seinem persönlichen Exil des Schmerzes. Es war eine Erfahrung, die Kamenetz und sein Leben für immer verändern sollte und die er in seinem 1994 erschienenen Buch The Jew in the Lotus festhielt. Zum 25-Jahre-Jubiläum seines internationalen Bestsellers, der nicht weniger als 37-mal neu aufgelegt wurde und heute Pflichtlektüre im Religionsunterricht an vielen US-Colleges ist, bat WINA den Autor zum Interview. wına-magazin.at 9
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