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# expertinnen-interview
Krankenhaus BB Wien
Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation
für Pflegefachkräfte im Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder?
Die Personalsituation ist generell in Österreich sehr
herausfordernd. Es gibt einen enormen Pflegepersonalmangel,
der in der Gesellschaft leider nicht thematisiert
wird. Bei den Barmherzigen Brüdern haben wir aber
das Glück, dass wir alle offenen Planstellen innerhalb
von zwei bis drei Monaten nachbesetzen können.
Geht das auch deswegen, weil dem Spital die
Pflegeakademie angeschlossen ist?
Ja, das ist auf jeden Fall ein riesiger Benefit. Dadurch, dass
die Studenten den Großteil ihrer Praktika im Haus machen,
können sie die Teams besser kennenlernen und bewerben
sich dann unmittelbar für spezielle Stationen und
Bereiche.
Welche Werte werden den Pflegekräften und
den Patienten in Ihrem Ordensspital vermittelt?
Ich denke, das sind die Werte des Ordens der Barmherzigen
Brüder unter dem Dach der Hospitalität. Qualität,
Respekt, Verantwortung und Spiritualität sind Themen,
die der Pflege immanent sind. Es ist für die Pflege nicht
schwierig, die Werte der Barmherzigen Brüder zu leben.
Denn wenn ich den Beruf vollinhaltlich leben will, geht
es ja nicht nur um eine fachliche Qualifikation. Da gehören
Respekt und ein wertschätzender Umgang mit den
Menschen ganz selbstverständlich dazu. Dazu ist es aber
auch wichtig, dass man auf die individuellen körperlichen,
aber auch spirituellen Bedürfnisse der Patienten
eingeht. Von den Pflegekräften fordere ich diese Werte
explizit ein. Ich kann nicht eine fachlich und menschlich
gute Pflegeperson sein, wenn ich nicht diese Werte lebe.
Es soll auch kein Unterschied gemacht werden zwischen
Religionszugehörigkeiten oder der gesellschaftlichen
Stellung der Personen. Jeder Mensch, auch der Kriminelle,
wird in diesem Spital als Mensch in seiner Würde
behandelt. Jeder bekommt die fachliche, aber auch die
menschliche Zuwendung, die er braucht.
Stieg der Arbeitsaufwand des Pflegepersonals
aufgrund der vorgeschriebenen Dokumentationen
in den letzten Jahren, oder vereinfachen Computer
und Internet diese Tätigkeiten?
Wir konnten bereits vor 20 Jahren durchsetzen, dass es
„Respekt und ein
wertschätzender
Umgang.“
Mag. Therese Lutnik,
MSc, MAS, DGKP
Pflegedirektorin im
Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder
eine Pflegedokumentation auf Computerbasis gibt. Wir
sind da absolute Vorreiter in Österreich. Es geht durch
die Computerdokumentation nicht schneller, aber in
einer ganz anderen Qualität. Alles ist nachvollziehbar,
auswertbar etc. Natürlich sind auch die gesetzlichen
Vorgaben da: Man muss dokumentieren. Denn alles,
was nicht dokumentiert ist, ist vor dem Gesetz nicht geschehen.
Gerade bei der Diagnose und bei der Anamnese
gibt es aber Vordrucke, die das Ausfüllen vereinfachen.
Sind auch die Hygienevorschriften für
Krankenpfleger in den letzten Jahren
verschärft worden?
Die waren schon immer hoch. Sie haben sich in den
letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Es gibt natürlich
von den Magistratsabteilungen immer genauere
Vorschriften. Bei den internationalen Patienten-Sicherheitszielen
ist ein Ziel die Hände-Hygiene. Das gilt beim
Betreten und Verlassen eines Patientenzimmers gleichermaßen.
Für die Reinigungsdienste hat sich schon einiges
geändert. Auch sie mussten sich den gesetzlichen Vorgaben
anpassen. So müssen sie etwa wissen, was alles in
einem „infektiösen Zimmer“ zu beachten ist.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der
Pflege?
Ich wünsche mir für das Haus, dass es immer genügend
Bewerber geben wird, die nicht nur die notwendige
fachliche, sondern auch die menschliche Qualität
mitbringen. Das wird in Zukunft immer schwieriger
werden. Generell wünsche ich mir einfach, dass sich
genügend Menschen für die Gesundheits- und Krankenpflege
entscheiden. Es ist ein wunderbarer Beruf.
Ich muss nicht ein Leben lang dasselbe tun. Ich kann
CHECK 2/2019
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