Der Mittelstand. Das Unternehmermagazin - 02/2020 | April / Mai 2020 - Bedrohter Handel
Schwerpunkt: Außenwirtschaft
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DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />
SCHWERPUNKT<br />
43<br />
Sicher am Markt mit Blockchain<br />
Blockchains werden die Wirtschaft schon bald ebenso heftig umkrempeln wie das Internet. Nicht<br />
nur finanzielle, sondern alle Arten von Transaktionen und das Management von Daten werden<br />
davon erfasst. Vor allem für den internationalen Außenhandel werden Blockchains relevant.<br />
Wer sich schon einmal mit Bitcoin beschäftigt oder vielleicht<br />
sogar selbst in Kryptowährungen investiert hat, weiß meist<br />
auch, was es mit der Blockchain auf sich hat. Für viele andere<br />
ist die Technologie noch ein Rätsel, ein Trend für Digitalpioniere<br />
oder besonders findige Finanzspekulanten. Doch der Blockchain<br />
wird von Kennern sehr viel mehr, nämlich ein revolutionäres Potenzial<br />
für Unternehmen zugeschrieben: Wer diese Währungen versteht<br />
und richtig einsetzt, kann zum Beispiel seine gesamte Wertschöpfungskette<br />
im internationalen <strong>Handel</strong> optimieren – und sich gleichzeitig<br />
vor Betrug schützen.<br />
Anwender bezeichnen Blockchains auch als digitale, dezentral verteilte<br />
Kassenbücher, in denen jeder Tausch von Geldern, Frachtbriefen<br />
oder Zertifikaten für ein Netzwerk aus Partnern dauerhaft dokumentiert<br />
ist. Dabei übernehmen bestimmte Beteiligte oder automatische<br />
Prozesse die Aufgabe, einzelne Transaktionen zu verifizieren, in Datensätzen<br />
– sogenannten „Blöcken“ – zusammenzufassen und durch<br />
Codes aneinanderzuketten. Jeder Block enthält neben dem eigentlichen<br />
Inhalt, der sich auch verschlüsseln lässt, einen Zeitstempel und<br />
überprüfbare Werte des vorherigen Blocks. Dadurch entsteht eine<br />
nachvollziehbare Kette, die auf allen beteiligten Rechnern gespeichert<br />
ist und in Echtzeit aktualisiert wird. Versucht jemand, eine einzelne<br />
Transaktion zu manipulieren, wird die Codierung der gesamten Kette<br />
fehlerhaft und das Netzwerk sofort aufmerksam.<br />
Intelligent verknüpfte Daten, sicherer <strong>Handel</strong><br />
Dieses transparente und sichere Verfahren hat inzwischen auch im<br />
globalen <strong>Handel</strong> Anhänger gefunden, nicht zuletzt, weil das Management<br />
von Liefer- und Wertschöpfungsketten immer vernetzter und<br />
digitaler wird. Viele Unternehmen arbeiten daran, Prozesse stärker zu<br />
automatisieren, gleichzeitig aber auch im Detail einsehen zu können.<br />
ERP, IoT und RFID-Systeme liefern dafür schon heute die nötigen internen<br />
Schnittstellen. In Zukunft wird die eigene Datenproduktion<br />
während der Herstellung und auf Lieferwegen mit Geschäftspartnern<br />
im internationalen Austausch verkoppelt.<br />
Blockchains sind hierfür eine ideale Lösung. Verifizierte Angaben<br />
über die Entstehung eines Produktes machen die Rückverfolgbarkeit<br />
der gesamten Lieferkette in Echtzeit möglich. Alle wichtigen InInformationen<br />
über bezogene Rohstoffe und enthaltene Chemikalien,<br />
Zustand oder Standort, können autorisierte Empfänger in der Blockchain<br />
bis zum Erhalt der Ware einsehen. Kein Drittanbieter liest oder<br />
kassiert mit. Zudem erlaubt die Technologie eine hocheffiziente Optimierung<br />
des Zahlungsablaufs. So können Partner für jeden Knotenpunkt<br />
der Lieferkette einen neuen Block bilden, der an einen Smart<br />
Contract gebunden ist. Bestätigt zum Beispiel ein Logistiker am Hafen<br />
die Ankunft der Ware, wird dieser Vertrag wirksam, und die Zahlung<br />
wird automatisch ausgeführt.<br />
Aus den Kinderschuhen auf den Markt<br />
Schon heute verwalten und synchronisieren Unternehmen, vor allem<br />
in der Automobilindustrie, blockchainbasierte Lieferketten. Mit moderner<br />
Sensorik können Produktmängel oder problematische Umgebungseinflüsse<br />
beim Transport frühzeitig entdeckt und zurückverfolgt<br />
werden. Ein Start-up experimentiert sogar beim Fischfang<br />
damit, Messdaten vom Boot bis zum Endkunden zu sammeln und in<br />
der Blockchain zu speichern. So lässt sich mit Hilfe von GPS-Tracking<br />
der Fangboote, RFID-Chips in jedem Fisch und QR-Codes auf<br />
den Verpackungen der zerteilten Filets genau überprüfen, auf welchen<br />
Wegen die Ware an ihr Ziel gelangt. Diese Qualitätskontrolle<br />
schafft Vertrauen und neue Kunden, wovon auch kleine und mittlere<br />
Unternehmen profitieren können.<br />
Zwar steckt die Blockchain-Technik noch in den Kinderschuhen. Es<br />
mangelt zum Beispiel noch stark an Skalierbarkeit, und der Betrieb<br />
der Datenkette verbraucht schon mit wenigen Partnern extrem viel<br />
Rechenleistung – und somit Strom. Auch lässt sich eine Blockchain<br />
noch nicht ohne Aufwand in die bestehende IT-Landschaft integrieren,<br />
die Infrastruktur muss passen, eine Standardisierung fehlt noch<br />
gänzlich. Auch rechtliche Fragen wie Eigentums- und Datenschutz<br />
sind noch nicht abschließend geklärt. Zudem wollen manche Unternehmen<br />
nicht alle Prozesse offenlegen. Will man den Befürwortern<br />
aber Glauben schenken, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Hürden<br />
aus dem Weg geräumt werden und Blockchain die Wertschöpfungsprozesse<br />
der Zukunft bestimmt.<br />
Gut zu wissen<br />
n Die Blockchain kann als Transaktionskette zu den modernen digitalen<br />
Finanz- und <strong>Handel</strong>sinstrumenten gezählt werden<br />
n Mehr über die sogenannten FinTechs und ihre Vorteile für kleine<br />
und mittlere Unternehmen erfahren Sie auf der _Gemeinsam digital<br />
FinTech Roadshow in diesem Jahr sowie unter:<br />
www.gemeinsam-digital.de/fintech<br />
Julian Koller<br />
BVMW Referent Förderprojekte<br />
julian.koller@bvmw.de