Der Mittelstand. Das Unternehmermagazin - 02/2020 | April / Mai 2020 - Bedrohter Handel
Schwerpunkt: Außenwirtschaft
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DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />
FINANZTIPP<br />
Was Bankanalysen taugen<br />
Wenn Sie nicht zu den gut zehn Prozent der Bundesbürger<br />
zählen, die Aktien kaufen und besitzen, haben Sie in den<br />
vergangenen zehn Jahren leider viele Gewinnchancen verpasst.<br />
Wer auf den behäbigen Dow-Jones-Index gesetzt hat, hätte<br />
aus 10.000 Dollar tatsächlich 30.000 Dollar machen können – und<br />
noch Dividenden kassieren können. Wohlgemerkt: in den vergangenen<br />
zehn Jahren.<br />
Wer allerdings in der Heimat geblieben ist und stur in den DAX-Index<br />
der dreißig größten börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften<br />
investiert hat, hätte im Laufe der letzten zwanzig (!) Jahre unterm<br />
Strich keine Kursgewinne erzielt. Zwei verlorene Jahrzehnte? Nicht<br />
ganz. Denn es gab ja laufend Dividenden, die nach Steuern wenigstens<br />
die Teuerung kompensierten.<br />
Es kommt also darauf an, seine Anlageschwerpunkte auf die „richtigen“<br />
Länder zu setzen. Und dabei, wenn man keinen Länderfonds<br />
oder ETF wählt, sich für die „richtigen“ Aktien zu entscheiden. Wie<br />
soll das gehen?<br />
In den Banken, von denen man glauben könnte, sie wären näher am<br />
Börsengeschehen, arbeiten viele Volks- und Betriebswirte, die offenbar<br />
die Zahlen mehr als ihre Partner lieben und seitenlange Analysen<br />
veröffentlichen, um aus Vergangenheit und Gegenwart Anlagetipps<br />
für die Zukunft zu geben: Kaufen, Halten, Verkaufen. Doch was<br />
taugen diese Analysen? Kurzfristig kommt es oft vor, dass die Kurse<br />
der positiv besprochenen Aktien steigen. Klar, die Anlageberater der<br />
Banken geben die Analysen an die Kundschaft weiter. Und wenn die<br />
Kunden diese Aktien kaufen, steigen die Aktien tendenziell. Dieser Effekt<br />
ist meist nur kurzfristig. Aus der Fortschreibung von Zahlen aus<br />
der Bilanz und aus den Gewinnschätzungen der Zukunft sind keine<br />
nachhaltigen Kursgewinne garantiert.<br />
Natürlich, wenn in einer Hausse die Kurse aller Aktien steigen, steigen<br />
im Gleichschritt auch die Aktien der Bankempfehlungen. Aber<br />
wie ist es in einer Baisse? Gibt es Kursgewinne gegen den Trend?<br />
Oder fallen die Kurse wie die der übrigen Aktien?<br />
Einer meiner redaktionellen Mitarbeiter hat sich einmal der Mühe unterzogen,<br />
die Anlageempfehlungen der Banken zu analysieren. Unterm<br />
Strich: Viel Lärm um nichts. Die Ergebnisse sind unterdurchschnittlich:<br />
„Nicht das Papier wert. Bankanalysen gehören in den<br />
Papierkorb.“<br />
Ich gehe die Sache praktisch an. Jedes Mal, wenn ich einen Bankanalysten,<br />
einen Professor der Volkswirtschaftslehre oder den Schreiber<br />
eines Börsendienstes treffe, frage ich nach seinen eigenen Depotauszügen.<br />
Kaum jemand ist dazu bereit, die Karten auf den Tisch zu<br />
legen. Auch Kostolany hat mir seinerzeit seine Kontoauszüge nicht<br />
gezeigt. Und ein Mitglied des Sachverständigenrats antwortete auf<br />
meine Frage „Wie legen Sie Ihr Geld an?“: „Leider auch nicht gut.“<br />
Er kannte mich offenbar nicht. Denn ich veröffentliche im Geldbrief<br />
meine drei eigenen Musterdepots: TOP-TEN-Depot, Spezialempfehlungen<br />
sowie ETF-Depot – mit allen Gewinnen und auch den (wenigen)<br />
kleinen Verlusten. Nur die Praxis zählt. Wenn Sie also von irgendwem<br />
einen Anlagetipp erhalten, sollten sie ihn nach seinen<br />
eigenen Depotauszügen fragen und dann beurteilen, wie gut oder<br />
schlecht Ihr Berater wirklich ist.<br />
In einer meiner kommenden Kolumnen werden Sie mein „Geheimnis“<br />
lesen können, wieso ich allein von meinen Börsengewinnen gut leben<br />
kann. Vorab nur: Fundamentalanalyse, technische Analyse, Chartanalyse<br />
und Glück allein genügen nicht.<br />
Hans-Peter Holbach<br />
Herausgeber des Informationsdienstes Geld<br />
(erscheint im 47. Jahrgang)<br />
www.geldbrief.com<br />
Chefredakteur beim Vertraulichen<br />
Schweizer Brief<br />
www.vertraulicher.com