Der Mittelstand. Das Unternehmermagazin - 02/2020 | April / Mai 2020 - Bedrohter Handel
Schwerpunkt: Außenwirtschaft
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98 KULTUR<br />
DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />
„Frauen müssen häufig<br />
die besseren Männer sein“<br />
Mariette Rissenbeek ist seit 2<strong>02</strong>0 Geschäftsführerin der Internationalen Filmfestspiele Berlin und<br />
damit die erste Frau an der Berlinale-Spitze. Im Interview mit DER <strong>Mittelstand</strong>. spricht sie unter<br />
anderem über Sponsoring, Unternehmensnachfolge und Frauen in Führungspositionen.<br />
DER <strong>Mittelstand</strong>.: Frau Rissenbeek, wie<br />
waren Sie bei Ihrer ersten Berlinale bei der<br />
Auswahl der Filme mit eingebunden?<br />
Mariette Rissenbeek: Bei einigen wichtigen<br />
Filmen wollte Carlo Chatrian als künstlerischer<br />
Leiter noch mal meine Meinung<br />
hören, und wir haben gemeinsam überlegt:<br />
Ist das eventuell ein Eröffnungsfilm, ja oder<br />
nein? Nehme ich diesen Film in den Wettbewerb<br />
oder in die Berlinale Special Gala? Aber<br />
grundsätzlich haben wir die Aufgabenbereiche<br />
getrennt, das war auch deutlich die Absicht.<br />
Carlo Chatrian sollte Zeit haben, um die<br />
Filme auszusuchen und ein künstlerisches<br />
Konzept für das Festival zu entwickeln.<br />
Im Rahmen der Berlinale findet jedes Jahr<br />
auch die Messe EFM, der European Film<br />
Market statt. Welche Bedeutung hat dieser<br />
Filmmarkt?<br />
Seitdem die Berlinale am Potsdamer Platz<br />
stattfindet, und der Filmmarkt in den nahegelegenen<br />
Martin-Gropius-Bau verlegt worden<br />
ist, hat sich der Markt sehr stark entwickelt.<br />
<strong>Der</strong> EFM hat sich nicht nur in puncto<br />
Markteilnehmer gesteigert, sondern auch<br />
seine Aktivitäten und Veranstaltungsformate<br />
enorm erweitert; wo es natürlich einen Zusammenhang<br />
gibt. Interessant am EFM der<br />
Berlinale ist eben diese Wechselwirkung zwischen<br />
Markt und Festival. Zudem ist der<br />
Zeitpunkt dieses Branchentreffens filmwirtschaftlich<br />
gut gelegen. Berlin ist auch eine<br />
Stadt, in der noch bezahlbare Hotelzimmer<br />
zu bekommen sind. Die Berlinale ist immer<br />
ein Festival gewesen ist, das für einen breiteren<br />
Interessenkreis gedacht ist. Also diese<br />
Sogwirkung von einem sehr gut funktionierenden<br />
Markt und gleichzeitig auch sehr<br />
aktiven und attraktiven Festival sowie der<br />
Stadt Berlin, diese einzigartige Kombination<br />
hat dazu geführt, dass heute die internationale<br />
Filmbranche in Berlin mit dabei sein will.<br />
Hier werden richtig Filme eingekauft?<br />
Ja. Es werden Filme eingekauft, aber natürlich<br />
auch Projekte für die Zukunft angestoßen.<br />
Man lernt sich kennen, redet über die<br />
Finanzierung eines nächsten Projektes, Auswertungsmöglichkeiten<br />
oder aber auch, wo<br />
geht‘s hin mit dem Kino? Die digitale Entwicklung<br />
ist ein großes Thema, über das man sich<br />
in der Branche viele Gedanken macht. Sich<br />
mit Menschen auszutauschen, das ist ein<br />
wichtiger Aspekt des Filmmarktes hier.<br />
Die Berlinale zählt zu den bedeutendsten<br />
Filmfestivals der Welt. Wie stark profitiert<br />
die Stadt Berlin von der Veranstaltung?<br />
Wir hatten in diesem Jahr um die 22.000 akkreditierte<br />
Gäste. Sie buchen Hotels, organisieren<br />
Empfänge und Partys, gehen mit<br />
Kunden essen … Hotel-, Gastronomie- und<br />
Taxibranche, sie alle profitieren sehr stark<br />
von der Berlinale. <strong>Das</strong> Festival lädt immer<br />
nur den oder die Regisseur*in oder ein, zwei<br />
Schauspieler pro Film ein. Übernommen<br />
werden nur die Hotelkosten. Alle weiteren<br />
Kosten müssen die Produzenten und die Unternehmen<br />
selber tragen. Und die investieren<br />
richtig viel, um dann hier vor Ort ihr Filmteam<br />
gut präsentieren zu können. Und nicht zu<br />
vergessen die internationale Presse, die nach<br />
Berlin anreist und in ihren eigenen Ländern<br />
entweder konkret übers Festival und damit<br />
über die Stadt Berlin berichtet. So wird Berlin<br />
als attraktives Reiseziel vermittelt wird oder<br />
„the Place to be“.<br />
Die Berlinale erhält Gelder vom Bund und<br />
vom Land Berlin. Wie hoch ist der Anteil der<br />
Sponsoren aus der Wirtschaft?<br />
Insgesamt wird ein nicht unwesentlicher Teil<br />
über die Sponsoren finanziert. Neben der finanziellen<br />
Unterstützung und den Produktbeistellungen<br />
schaffen sie auch Orte für die<br />
Festivalbesucher und tragen zu Services bei.<br />
Es sind natürlich einige große Unternehmen,<br />
aber auch letztendlich mittelständische Unternehmen,<br />
die das Festival unterstützen. Zu<br />
denen zählt beispielsweise die Firma Akkumat<br />
die uns Handyladestationen zur Verfügung<br />
stellt. Aber auch größere Unternehmen<br />
wie Colt, deren Glasfaserleitungen für die<br />
Anbindung der Kinos sehr wichtig ist, leisten<br />
einen wichtigen Beitrag, um die Innovations-<br />
und Zukunftsfähigkeit der Berlinale sicherzustellen<br />
...<br />
<strong>Das</strong> Thema Nachfolge zählt im <strong>Mittelstand</strong><br />
zu den wichtigsten. Was geben Sie Unternehmerinnen<br />
und Unternehmern auf den Weg?<br />
Als ich 2011 als Geschäftsführerin bei German<br />
Films begann, habe ich von Anfang an<br />
versucht, meine Verantwortung und mein<br />
Wissen mit anderen zu teilen. Für mich ist<br />
es wichtig, Menschen zu haben, die in ihren<br />
Bereichen genau wissen, was zu tun ist. Und<br />
das möchte ich gerne auch hier versuchen.<br />
Zwei, drei Menschen haben, die über relativ<br />
viel Wissen verfügen, damit eine spätere<br />
Nachfolge glattlaufen kann. Und die Berlinale<br />
ist noch mal ein besonderes Unternehmen:<br />
Wir hatten beispielsweise im letzten Sommer<br />
60 Mitarbeiter, im Februar 2<strong>02</strong>0 waren es um<br />
die 1.600. Aber um auf die Nachfolge zurückzukommen:<br />
Ich glaube, alles, was dem Unternehmen<br />
guttut, ist bei der Nachfolge wichtig.