Nr. 46 - Juli / August 2013
Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade Bordeaux 2.0 Toulouse: zu Besuch bei Airbus Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr Rezept: Gaspacho de tomates et fraises Genuss: die AOC Burgunds
Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron
Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade
Bordeaux 2.0
Toulouse: zu Besuch bei Airbus
Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr
Rezept: Gaspacho de tomates et fraises
Genuss: die AOC Burgunds
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Atlantikküste<br />
Eric Buron,<br />
Direktor vor Ort<br />
der Produktionsgesellschaft.<br />
Rechte<br />
Seite: Impressionen<br />
aus dem Inneren<br />
des Fort Boyard.<br />
S. 35: Von Weitem<br />
scheint das Fort<br />
Boyard im Meer<br />
zu schwimmen.<br />
nachdem wie viele Länder im Fort Boyard drehen lassen.<br />
Für Eric Buron, den Direktor vor Ort, ist das Fort<br />
Boyard das außergewöhnlichste Fernsehstudio der Welt.<br />
« Es ist wie ein großes Kreuzfahrtschiff aus Stein. Die Atmosphäre<br />
für die Fernsehteams ist unvergleichlich. Wenn<br />
draußen der Sturm tobt, suchen wir Schutz in den alten<br />
Mauern. Wir fühlen uns hier wie in einer Familie. Das<br />
Fort Boyard ist etwas ganz Besonderes », schwärmt er mir<br />
vor. Niemand von den Mitarbeitern und Teilnehmern der<br />
Shows schläft übrigens in der Festung. Jeden Tag pendelt<br />
deshalb ein Schiff zwischen Festland und Fort.<br />
Auch ich spüre bei meinem Besuch diese besondere<br />
Aura des Ortes. Ganz besonders beeindruckt mich der<br />
Blick vom Ausguck des Forts. Während der Regen gegen<br />
die Scheiben schlägt, fühle ich mich wie im Nirgendwo.<br />
Als ich wieder hinuntersteige, bemerke ich die wunderschönen<br />
Treppenhäuser, die man so auch in einem edlen<br />
Herrenhaus auf dem Festland vorfinden könnte. Eigentlich<br />
schade, dass all dies für die Allgemeinheit nicht erlebbar<br />
ist. Doch neben einem gewissen Mysterium um das<br />
Fort, das man von Seiten der Produktionsfirma bewahren<br />
will, würde eine Öffnung mit den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen<br />
Millionen kosten, die niemand hat. So<br />
weiß ich auf der Rückfahrt mein eigenes Glück, das Fort<br />
betreten zu haben, zu schätzen. Für alle anderen bleiben<br />
die Bilder der Festung im Fernsehen.<br />
Ile d’Aix, wo der Stress<br />
auf dem Festland bleibt<br />
« Die Leute auf der Ile d’Aix sind ein wenig speziell ».<br />
Wie oft hörte ich diesen Satz von meinen Großeltern. Er<br />
kommt mir wieder in den Sinn, als in an der Pointe de la<br />
Fumée in Fouras die Fähre zur Ile d’Aix besteige. Mit an<br />
Bord zwei Gymnasiastinnen. Auf der nur 186 Einwohner<br />
zählenden Insel gibt es nur eine Grundschule, in der zurzeit<br />
zehn Schüler jahrgangsübergreifend unterrichtet werden.<br />
Danach müssen die Kinder zur Schule aufs Festland.<br />
Kaum sind alle Passagiere an Bord, haben die Touristen<br />
wie ich nur Augen für die schöne Umgebung, wohingegen<br />
die beiden Schülerinnen bereits in einer Ecke des Schiffes<br />
sitzen und mit ihren Hausaufgaben beginnen.<br />
« Sieht Du die beiden Mädchen da vorne? », fragt meine<br />
Sitznachbarin ihren Ehemann. « Die schauen sich noch<br />
nicht einmal um, dabei ist es so schön hier. » Sie scheint<br />
nicht verstanden zu haben, dass es sich um zwei Insulanerinnen<br />
handelt, die jeden Tag diese Strecke mit dem Schiff<br />
zurücklegen. Da beschleicht mich der Gedanke, dass es<br />
vielleicht gar nicht die Bewohner der Ile d’Aix sind, die<br />
« speziell » sind, sondern wir Festlandsmenschen, die immer<br />
alles gleich beurteilen und deuten müssen, wenn auch<br />
bisweilen falsch. Für die beiden Gymnasiastinnen ist die<br />
Fähre, was für uns Stadtmenschen die U-Bahn oder der<br />
Bus ist. Und wie viele Städter schauen dort noch aus dem<br />
Fenster?<br />
Während der 20-minütigen Überfahrt lese ich über<br />
die Geschichte der Ile d’Aix. Wie auf den Nachbarinseln<br />
ist sie ebenfalls von einer konfliktreichen Zeit zwischen<br />
Franzosen und Engländern geprägt. Ludwig XIV. forderte<br />
von Vauban auch für die Ile d’Aix die Konstruktion einer<br />
Befestigungsanlage. Ein Auftrag, den dieser von 1691<br />
bis 1693 erfüllte. Viele Jahre lang hielt sie den britischen<br />
Angriffen stand, bis sie 1757 zur großen Überraschung in<br />
weniger als einer Stunde von den Engländern komplett<br />
zerstört werden konnte.<br />
Im 19. Jahrhundert wollte Napoleon diese Schmach<br />
vergessen machen und ließ von seinen Ingenieuren erneut<br />
eine Festung errichten. Das Fort Liédot im Nordosten der<br />
Insel stammt aus dieser Epoche. Allerdings wurde von<br />
dem Fort niemals eine einzige Kanonenkugel abgefeuert.<br />
Die Fähre erreicht die Insel. Ich packe mein Buch wieder<br />
ein und bin gespannt, die Ile d’Aix zum ersten Mal<br />
in meinem Leben zu betreten. Auf der Fähre waren keine<br />
Autos, dafür ganz viele Fahrräder. Die gerade einmal<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Juli</strong> / <strong>August</strong> <strong>2013</strong>