Nr. 46 - Juli / August 2013
Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade Bordeaux 2.0 Toulouse: zu Besuch bei Airbus Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr Rezept: Gaspacho de tomates et fraises Genuss: die AOC Burgunds
Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron
Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade
Bordeaux 2.0
Toulouse: zu Besuch bei Airbus
Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr
Rezept: Gaspacho de tomates et fraises
Genuss: die AOC Burgunds
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Geschäft einnehmen. Doch je mehr ich der Präsentation<br />
an der Wand vor mir folgte, desto weniger mochte ich<br />
meinen Augen trauen: Nicht nur, dass die einzelnen Folien<br />
in keiner Weise unserer Corporate Identity entsprachen,<br />
sie waren vollkommen chaotisch.<br />
Schrifttypen und -größen wurden ohne Sinn und Verstand<br />
durcheinander gewürfelt. Mal wurde auf der gleichen<br />
Folie ein Punkt zur Kennzeichnung eines Stichpunktes<br />
verwendet, mal ein Bindestrich. Manchmal wechselte<br />
das sogar von Zeile zu Zeile. Viele Zeilenabstände waren<br />
unregelmäßig, Spalten wurden nicht eingehalten. Auch<br />
wenn Texte oder Auflistungen eingerückt wurden, erfolgte<br />
dies nicht immer grafisch sauber. Von der Verwendung<br />
eines unternehmenseigenen Farbcodes schien der Verfasser<br />
ohnehin noch nie etwas gehört zu haben. Ja sogar ein<br />
paar Rechtschreibfehler konnte ich finden.<br />
Hätte sich ein Manager, der direkt an den Vorstand<br />
berichtet, bei meinem alten Arbeitgeber mit einer Präsentation<br />
derart blamiert, wären danach aber einige böse<br />
Worte mit dem für die Folien Verantwortlichen gefallen.<br />
Hier schien der unorthodoxe Stil aber niemanden zu<br />
stören. Als ich einen erfahrenen Kollegen im Anschluss<br />
darauf ansprach, nach dem Motto « Was war das denn<br />
mit den Folien? », verstand er noch nicht einmal, was ich<br />
überhaupt meinte. Heute ist mir die Geschichte im Nachhinein<br />
selbst peinlich. Bestimmt dachte er sich damals,<br />
dass ich ein pingeliger Deutscher bin, der mit dieser Bemerkung<br />
alle gängigen Klischees erfüllte.<br />
Denn es bedurfte weiterer PowerPoint-Präsentationen<br />
und anderer Entdeckungen, bis ich begriff, dass man in<br />
Deutschland und Frankreich ein unterschiedliches Verständnis<br />
von korrekter Schreibweise und gutem Layout<br />
pflegt.<br />
So kann es einem zum Beispiel passieren, dass in einem<br />
Artikel oder auf einer Website die gleiche Bezeichnung<br />
mal in Groß- und mal in Kleinbuchstaben erscheint.<br />
Ich erinnere mich etwa an die Präsentation einer CD in<br />
einer Musikzeitschrift. Wurde der Titel des Albums<br />
in der Überschrift mit « La Vie » angegeben, also beide<br />
Wörter mit Großbuchstaben geschrieben, wechselte man<br />
in der ersten Zeile der folgenden Beschreibung sofort zu<br />
« La vie ». Später im Text folgte dann manchmal sogar die<br />
Schreibweise « la vie ». Es war ein buntes Durcheinander<br />
aller drei Varianten im gleichen Text.<br />
Dieses Durcheinander kann man auch auf vielen<br />
Websites von Fremdenverkehrsämtern entdecken. Gerne<br />
schreibt man dort auf ein und der gleichen Seite « Office<br />
de Tourisme » und « Office de tourisme » im ständigen<br />
Wechsel.<br />
Ähnlich chaotisch geht es bei der Nennung von<br />
Adressen zu. Mal wird « Rue » oder « Avenue » mit einem<br />
großen « R » bzw. « A » geschrieben, mal mit einem<br />
kleinen. Mal wird hinter die Hausnummer ein Komma<br />
gesetzt, mal nicht. Wohl gemerkt, dies kann wiederum in<br />
ein und demselben Text wild durcheinander gehen. Erheiternd<br />
finde ich zudem die Verwendung von Bindestrichen.<br />
So muss man sich nicht wundern, wenn ein Ortsname,<br />
der aus zwei Wörtern besteht, manchmal mit Bindestrich<br />
und manchmal ohne Bindestrich geschrieben wird. Viele<br />
Kommunen wissen selbst nicht, was sie für sich am besten<br />
finden.<br />
Wo man als Deutscher in der Versuchung ist zu fragen,<br />
was denn wohl die korrekte Schreibweise sei, würde<br />
ein Franzose noch nicht einmal darüber nachdenken, ob<br />
er wohl irgendeinen Rechtschreibfehler gemacht hat. Es<br />
spielt einfach keine Rolle.<br />
Sehr amüsant finde ich auch immer wieder aufs Neue<br />
Zeitungsartikel, in denen tabellarisch oder auch als Text<br />
Dinge aufgelistet werden. Beispielsweise Veranstaltungen.<br />
Da kann es gut passieren, dass für die meisten Termine<br />
das Datumsformat « 05/07/<strong>2013</strong> » gewählt wird. Doch<br />
ohne ersichtlichen Grund gibt es dann plötzlich einen<br />
Termin, bei dem das Datum ausgeschrieben wird, also<br />
« 15 juillet <strong>2013</strong> ». Bei einem anderen Event etwas später<br />
vergisst man dann vielleicht sogar die Jahresangabe und<br />
schreibt nur « 17 juin ».<br />
Einmal las ich in einer der ganz großen renommierten<br />
Tageszeitungen des Landes einen Bericht über französische<br />
Weine. Diverse Weine wurden kurz vorgestellt und<br />
anschließend mit ein paar Stichpunkten wie Anbaugebiet,<br />
Produktionsmenge, verwendeten Rebensorten usw. kategorisiert.<br />
Mit meinem kulturellen Hintergrund hätte ich<br />
erwartet, dass die einzelnen Kategorien natürlich für alle<br />
Weine angewendet werden. Falsch gedacht. War es nur<br />
Fahrlässigkeit des Autors oder Faulheit, für alle Weine<br />
die gleichen Informationen zu recherchieren, von Einheitlichkeit<br />
innerhalb der Aufstellung konnte man jedenfalls<br />
nicht reden.<br />
So denke ich heute mit einem breiten Schmunzeln an<br />
das Meeting mit der PowerPoint-Präsentation zurück.<br />
Schließlich hat die fehlende Präzision auch Vorteile: So<br />
konnte ich im Laufe meiner Karriere oft beweisen, perfekte<br />
Präsentationen abliefern zu können, da es mir nicht<br />
schwerfiel, auf solche formalen Dinge zu achten. Schließlich<br />
wurde mir das in Deutschland von Schule und Arbeitgeber<br />
jahrelang eingetrichtert. Allerdings bin ich mir<br />
bis heute nicht sicher, ob ich mir diesen vermeintlichen<br />
Vorteil nur einbilde oder ob er wirklich existiert. Denn<br />
wenn die fehlerhaften Texte und Präsentationen nicht auffallen,<br />
warum sollten es dann die korrekten?<br />
Frankreich erleben · <strong>Juli</strong> / <strong>August</strong> <strong>2013</strong> · 95