Nr. 46 - Juli / August 2013
Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade Bordeaux 2.0 Toulouse: zu Besuch bei Airbus Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr Rezept: Gaspacho de tomates et fraises Genuss: die AOC Burgunds
Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron
Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade
Bordeaux 2.0
Toulouse: zu Besuch bei Airbus
Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr
Rezept: Gaspacho de tomates et fraises
Genuss: die AOC Burgunds
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Doch dann wurde die Hochgeschwindigkeitstrasse<br />
von Paris ans Mittelmeer ab Lyon<br />
in Richtung Süden weiter ausgebaut. Nach<br />
der Fertigstellung hielten die schnellen Züge<br />
auf ihrem Weg nach Marseille hinter Lyon<br />
plötzlich nur noch in Valence, Avignon und<br />
Aix-en-Provence. Montélimar verlor seinen<br />
Anschluss an die Hochgeschwindigkeit. Man<br />
fühlt sich seitdem, wie der ganze Süden des<br />
Departements Drôme und der Norden des<br />
Departements Vaucluse, abgehängt. Doch<br />
genau das soll sich wieder ändern.<br />
Ein neuer TGV-Bahnhof wird bis 2018<br />
nur zehn Kilometer von Montélimar entfernt<br />
gebaut, und zwar in der Kommune Allan.<br />
Allerdings wird der Bahnhof den Namen<br />
von Montélimar tragen. « Montélimar TGV<br />
soll jährlich von 300.000 Reisenden benutzt<br />
werden. Eine Zugfahrt nach Paris wird nur<br />
noch zwei Stunden und 35 Minuten dauern.<br />
Mindestens vier Fahrten soll es pro Tag geben<br />
», weiß der Kellner zu berichten. « Damit<br />
werden wir Valence Paroli bieten. » Ich<br />
merke, dass die Menschen in Montélimar<br />
ihre Zukunft ambitioniert angehen. Wird<br />
Montélimar die neue Hauptstadt der Region<br />
und Valence gar den Rang ablaufen? Ich habe<br />
meine Zweifel. Ein wichtiges lokales Zentrum<br />
wird es aber bestimmt werden. Wenn es<br />
das nicht ohnehin schon ist.<br />
Nachdem ich meinen Kaffee ausgetrunken<br />
und mich beim Kellner für seine Erklärungen<br />
bedankt habe, gehe ich zum Museum<br />
der Modernen Kunst. Es ist in den Räumen<br />
untergebracht, in denen sich damals unsere<br />
Schlafräume befanden. Es ist ein komisches<br />
Gefühl, heute Kunst zu sehen, wo wir damals<br />
gelebt haben. Am Ende des Museumsbesuchs<br />
entdecke ich in einer Broschüre, dass in etwas<br />
mehr als einem Jahr noch ein modernes Kongresszentrum<br />
eröffnet werden soll. Ein weiterer<br />
Beweis für die Ambitionen von Montélimar.<br />
Danach verspüre ich Lust, einen Abstecher<br />
in das « alte » Zentrum der Stadt zu unternehmen.<br />
Die Gassen dort wirken anders<br />
als das neue Viertel rund um die Place Saint-<br />
Martin. Ich finde die Atmosphäre einer typisch<br />
südfranzösischen Stadt wieder. Kleine<br />
Plätze mit schattenspendenden Bäumen<br />
laden zum Verweilen ein. Manche Schaufenster<br />
der Boutiquen scheinen aus einem<br />
anderen Jahrhundert zu stammen. So, als ob<br />
die Zeit in Montélimar trotz aller neuer Dynamik<br />
auch ein Stück stehengeblieben wäre.<br />
Als ich an der Bäckerei « Chez Titin », die<br />
mit dem Zusatz « Boulangerie artisanale fondée<br />
en 1930 » (dt. Traditionelle Bäckerei, gegründet<br />
1930) wirbt, vorbeikomme, kann ich<br />
den süßen Verlockungen in der Auslage nicht<br />
widerstehen. Doch die Auswahl des hausgemachten<br />
Gebäcks ist so groß, dass ich einige<br />
Zeit brauche, bis ich mich entscheiden kann.<br />
Nachdem ich anschließend noch den<br />
Panoramablick vom Château des Adhémar,<br />
von wo aus man nicht nur über die Dächer<br />
von Montélimar, sondern bis zu den Bergen<br />
des Vercors-Massifs schauen kann, genossen<br />
habe, mache ich mich auf den Weg zurück<br />
zu meinem Auto. Die Stadtbesichtigung hat<br />
mich animiert, das Hinterland von Montélimar<br />
zu erkunden. Orte wie Puygiron, La<br />
Bégude-de-Mazenc, Le Poël-Laval, Dieulefit<br />
oder Grignan werden mit ihrer mittelalterlichen<br />
Struktur einen verlockenden Kontrast<br />
zu dem erwachten Montélimar bilden.<br />
Puygiron & La Bégude-de-Mazenc,<br />
Balkone der Drôme Provençale<br />
Wenige Minuten später verlasse ich die<br />
Stadt auf der D540 in Richtung Osten. Die<br />
kleine Landstraße überquert alsbald die Autobahn<br />
A7, auf der der Verkehr von Nordeuropa<br />
nach Südeuropa und umgekehrt rauscht.<br />
Kurz danach biege ich auf die D327 ab, die<br />
nach Puygiron führt, dem ersten Dorf der<br />
Drôme Provençale, das ich besuchen will.<br />
Es ist ein Ort, der abseits der üblichen<br />
Touristenströme liegt. Es gibt weder Souvenirboutiquen,<br />
noch stauen sich Reisebusse<br />
am Ortseingang. Dominiert wird das Dorf<br />
von seinem alten Schloss, dessen Bau bereits<br />
im 13. Jahrhundert begonnen wurde. Von<br />
dort hat man bei schönem Wetter einen tollen<br />
Ausblick. Man kann von den Cevennen<br />
im Westen bis zu den Voralpen im Osten<br />
schauen. Hier versteht man, warum der Ort<br />
auch als der « erste Balkon der Drôme Provençale<br />
» genannt wird.<br />
Danach geht es zurück zur D540, vorbei<br />
an Schafherden, die zum Teil keine Scheu<br />
haben, die Landstraße zu überqueren, weiter<br />
in Richtung Osten. Meinen nächsten Halt<br />
plane ich in La Bégude-de-Mazenc, oder um<br />
präziser zu sein: im oberen Teil des Dorfes,<br />
der aus dem Weiler Châteauneuf-de-Mazenc<br />
besteht. Der mittelalterliche Marktflecken<br />
überragt die Ebene ebenfalls wie ein Balkon<br />
und scheint wie aus der Zeit gefallen. Nur<br />
wenige Häuser bilden die Siedlung, die sich<br />
um eine kleine Kirche herum gruppieren.<br />
Die meisten Fensterläden sind geschlossen<br />
Frankreich erleben · <strong>Juli</strong> / <strong>August</strong> <strong>2013</strong> · 65