Nr. 46 - Juli / August 2013

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ART DE VIVRE Wein Ein asiatischer Winzer im Bordelais Peter Kwok ist in Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemals Saigon) in Vietnam geboren und dort bis zum 17. Lebensjahr aufgewachsen. Durch seine Tätigkeit in der Finanzwelt, insbesondere in Hongkong und Taiwan, häufte er ein kleines Vermögen an. Damit kaufte er einige prestigeträchtige Hotels in Asien. Außerdem war er der erste Asiat, der 1997 ein Weingut im Bordelais erwarb. Heute gehören ihm drei Weingüter innerhalb der AOC-Weinanbaugebiete « Saint-Emilion » und « Pomerol ». Da Peter Kwok viel Wert auf Diskretion legt, gibt er nur selten Interviews. Wir hatten jedoch die Möglichkeit, ihn bei seinem letzten Aufenthalt im Bordelais für ein Gespräch zu treffen. Dabei redeten wir mit ihm unter anderem über seine Liebe zu Frankreich und seine neue Leidenschaft für Wein. 80 · Frankreich erleben · Juli / August 2013
Monsieur Kwok, woher kommt Ihre Liebe zu Frankreich? In meiner Kindheit in Vietnam habe ich viel von der französischen Kultur mitbekommen. Jeder, der schon einmal in Saigon war, weiß, dass viele Kirchen dort Notre-Dame-de-Paris heißen und dass einige Stadtviertel ein gewisses Pariser Flair besitzen. Man hört französische Musik und findet Bäckereien, die Baguette verkaufen. Das Aufwachsen in einem derart frankophilen Umfeld hat sicherlich viel mit meiner heutigen Verbundenheit zu Frankreich zu tun. Wie sind Sie zum ersten Mal nach Frankreich gekommen, wie haben Sie Saint-Emilion entdeckt? Meine ersten Begegnungen mit Frankreich spielten sich in Paris ab. Ich war Banker und hatte geschäftlich in London und New York zu tun. Außerdem studierten meine Kinder in den USA. Paris war der ideale Zwischenstopp auf dem Weg von Asien in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dadurch wurde der Jetlag erträglicher. Immer öfter versuchte ich deshalb, in Paris einen Halt einzulegen und verliebte mich dabei Stück für Stück in Frankreich. Zunächst wollte ich etwas in Paris kaufen. Dann entdeckte ich – wie viele Ausländer – die Provence. 1995 kam ich schließlich zum ersten Mal nach Saint-Emilion. Ein Freund hatte mir den Ort empfohlen. Das war wie eine Offenbarung für mich. Waren Sie denn bereits ein großer Weinliebhaber? (lacht) Nein, bevor ich nach Saint-Emilion kam, trank ich keinen Wein. Doch ich eignete mir das dann an. In Saint-Emilion fühlte ich mich sofort wohl. Was mir gefiel, waren die Ruhe und die Sauberkeit. Außerdem spürte ich, dass es hier eine bestimmte Kultur gab. Es ist schwer zu beschreiben, was ich damit meine. Doch gerade für uns Asiaten ist es eine unbekannte Kultur. Mit der Zeit begriff ich, dass diese Kultur den Wein als Basis hat. Es ist der Weinanbau, der die Menschen hier miteinander verbindet. Der Wein ist mehr als nur ein simples Getränk. Außerdem stellte ich bald fest, dass diese Kultur rund um den Wein – eine Tradition, die hier seit Jahrhunderten gepflegt wird – eine gute Schule für meine Kinder sein würde. Denn man lernt hier Geduld. Meine Kinder, die durch den Lebensstil der USA geprägt sind, wo es ständig um die schnelle Befriedigung spontaner Bedürfnisse geht, entdeckten in Saint- Meine Kinder, die durch den Lebensstil der USA geprägt sind, wo es ständig um die schnelle Befriedigung spontaner Bedürfnisse geht, entdeckten in Saint-Emilion, dass man ein Jahr lang warten muss, um eine Ernte einzufahren, und dass es wiederum Jahre dauert, um einen edlen Tropfen zu haben. Das klingt nach nichts, doch in unserer schnelllebigen Zeit ist das eine wertvolle Erfahrung. Heute sind wir eine Chance fürs Bordelais, denn wir vermarkten den Großteil unserer Flaschen in Asien. Das macht den Wein dort bekannt und eröffnet neue wirtschaftliche Chancen für das ganze Weinanbaugebiet. Emilion, dass man ein Jahr lang warten muss, um eine Ernte einzufahren, und dass es wiederum Jahre dauert, um einen edlen Tropfen zu haben. Das klingt nach nichts, doch in unserer schnelllebigen Zeit ist das eine wertvolle Erfahrung. Das ist eine sehr philosophische Annäherung an die Weinwelt... Ja, das stimmt. Ich glaube, dass alles im Leben unter einem philosophischen Blickwinkel gesehen werden kann. Vielleicht hängt diese Sichtweise mit meinen asiatischen Wurzeln zusammen. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass im Weinanbau in Saint-Emilion und anderswo viel Philosophisches mitschwingt. Die Menschen hier arbeiten hart, um einen Wein zu schaffen, der seinen ganz eigenen Charakter besitzt. Das ist doch sehr philosophisch. Fast 30 Weingüter im Bordelais sind inzwischen in chinesischer Hand. Das sorgt für einige Unruhe unter den Einheimischen. Man spricht vom Ausverkauf einer alten Tradition. Wie wurden Sie von den Franzosen empfangen? Um ehrlich zu sein: Am Anfang sprach ich nicht viel mit Franzosen. Zunächst weil ich kein Französisch konnte und die meisten Franzosen kaum oder nur schlecht Englisch. Außerdem war mir bewusst, dass ich noch nichts vom Wein verstand. Deshalb überließ ich anfangs lieber meinen Angestellten das Geschäft. Ich kann aber sagen, dass ich nie eine Ablehnung von Seiten der Franzosen spürte. Sie merkten, dass ich ihnen vertraute und mich für ihre Kultur interessierte. Ich war motiviert, die Arbeit der Winzer zu verstehen, und hatte den Ehrgeiz, selbst einen guten Wein herzustellen. Heute sind wir eine Chance fürs Bordelais, denn wir vermarkten den Großteil unserer Flaschen in Asien. Das macht den Wein dort bekannt und eröffnet neue wirtschaftliche Chancen für das ganze Weinanbaugebiet. Frankreich erleben · Juli / August 2013 · 81
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN
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