Nr. 46 - Juli / August 2013

KULTURSCHOCK
Präzise
oder
pingelig?
An einem Montagmorgen saß ich einmal in einem
Besprechungsraum im 30. Stock eines Hochhauses
im Pariser Geschäftsviertel La Défense. Von der
theoretisch schönen Aussicht hatte ich damals nichts, da
der Konferenzraum fensterlos war. Es blieb mir also versagt,
mich bei zu großer Eintönigkeit des Meetings mit
einem Blick in die Ferne abzulenken. Also versuchte ich,
mich ganz und gar auf die PowerPoint-Präsentation zu
konzentrieren, die uns ein hoher Manager des Unternehmens,
für das ich arbeitete, präsentierte.
Aus meiner deutschen Heimat war ich es gewohnt,
dass PowerPoint-Folien auf dieser hierarchischen Ebene
stets perfekt waren. In meinem alten Unternehmen gab es
sogar eine eigene Abteilung, die sich nur mit der Verschönerung
und Korrektur von PowerPoint-Präsentationen
beschäftigte. Egal, ob die Präsentation nur für interne
Augen bestimmt war oder Geschäftspartnern und Kunden
gezeigt wurde, immer musste alles tadellos sein. Das
war eine Selbstverständlichkeit.
Nun wohnte ich das erste Mal einer solchen Präsentation
bei meinem neuen französischen Arbeitgeber bei.
Neben ein paar Kollegen waren vor allem wichtige Kunden
im Raum. Es ging um einen großen Auftrag und viel
Geld. Mehrere Millionen Euro wollten wir mit diesem
94 · Frankreich erleben · Juli / August 2013