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Nr. 46 - Juli / August 2013

Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade Bordeaux 2.0 Toulouse: zu Besuch bei Airbus Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr Rezept: Gaspacho de tomates et fraises Genuss: die AOC Burgunds

Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron
Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade
Bordeaux 2.0
Toulouse: zu Besuch bei Airbus
Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr
Rezept: Gaspacho de tomates et fraises
Genuss: die AOC Burgunds

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Monsieur Kwok, woher kommt Ihre Liebe zu Frankreich?<br />

In meiner Kindheit in Vietnam habe ich viel von der<br />

französischen Kultur mitbekommen. Jeder, der schon einmal<br />

in Saigon war, weiß, dass viele<br />

Kirchen dort Notre-Dame-de-Paris<br />

heißen und dass einige Stadtviertel<br />

ein gewisses Pariser Flair besitzen.<br />

Man hört französische Musik und<br />

findet Bäckereien, die Baguette verkaufen.<br />

Das Aufwachsen in einem<br />

derart frankophilen Umfeld hat<br />

sicherlich viel mit meiner heutigen<br />

Verbundenheit zu Frankreich zu<br />

tun.<br />

Wie sind Sie zum ersten Mal nach<br />

Frankreich gekommen, wie haben Sie<br />

Saint-Emilion entdeckt?<br />

Meine ersten Begegnungen mit<br />

Frankreich spielten sich in Paris<br />

ab. Ich war Banker und hatte geschäftlich<br />

in London und New York zu tun. Außerdem<br />

studierten meine Kinder in den USA. Paris war der ideale<br />

Zwischenstopp auf dem Weg von Asien in die Vereinigten<br />

Staaten von Amerika. Dadurch wurde der Jetlag<br />

erträglicher. Immer öfter versuchte ich deshalb, in Paris<br />

einen Halt einzulegen und verliebte mich dabei Stück<br />

für Stück in Frankreich. Zunächst wollte ich etwas in<br />

Paris kaufen. Dann entdeckte ich – wie viele Ausländer<br />

– die Provence. 1995 kam ich schließlich zum ersten<br />

Mal nach Saint-Emilion. Ein Freund hatte mir den Ort<br />

empfohlen. Das war<br />

wie eine Offenbarung<br />

für mich.<br />

Waren Sie denn bereits<br />

ein großer Weinliebhaber?<br />

(lacht) Nein, bevor<br />

ich nach Saint-Emilion<br />

kam, trank ich keinen<br />

Wein. Doch ich eignete<br />

mir das dann an. In<br />

Saint-Emilion fühlte<br />

ich mich sofort wohl. Was mir gefiel, waren die Ruhe und<br />

die Sauberkeit. Außerdem spürte ich, dass es hier eine<br />

bestimmte Kultur gab. Es ist schwer zu beschreiben, was<br />

ich damit meine. Doch gerade für uns Asiaten ist es eine<br />

unbekannte Kultur. Mit der Zeit begriff ich, dass diese<br />

Kultur den Wein als Basis hat. Es ist der Weinanbau, der<br />

die Menschen hier miteinander verbindet. Der Wein ist<br />

mehr als nur ein simples Getränk.<br />

Außerdem stellte ich bald fest, dass diese Kultur rund<br />

um den Wein – eine Tradition, die hier seit Jahrhunderten<br />

gepflegt wird – eine gute Schule für meine Kinder sein<br />

würde. Denn man lernt hier Geduld. Meine Kinder, die<br />

durch den Lebensstil der USA geprägt sind, wo es ständig<br />

um die schnelle Befriedigung spontaner Bedürfnisse geht,<br />

entdeckten in Saint-<br />

Meine Kinder, die durch<br />

den Lebensstil der USA<br />

geprägt sind, wo es ständig<br />

um die schnelle Befriedigung<br />

spontaner Bedürfnisse geht, entdeckten<br />

in Saint-Emilion, dass man<br />

ein Jahr lang warten muss, um<br />

eine Ernte einzufahren, und dass<br />

es wiederum Jahre dauert, um einen<br />

edlen Tropfen zu haben. Das<br />

klingt nach nichts, doch<br />

in unserer schnelllebigen<br />

Zeit ist das eine wertvolle<br />

Erfahrung.<br />

Heute sind wir eine Chance<br />

fürs Bordelais, denn<br />

wir vermarkten den Großteil<br />

unserer Flaschen in Asien. Das<br />

macht den Wein dort bekannt<br />

und eröffnet neue wirtschaftliche<br />

Chancen für<br />

das ganze Weinanbaugebiet.<br />

Emilion, dass man ein<br />

Jahr lang warten muss,<br />

um eine Ernte einzufahren,<br />

und dass es wiederum<br />

Jahre dauert, um<br />

einen edlen Tropfen zu<br />

haben. Das klingt nach<br />

nichts, doch in unserer<br />

schnelllebigen Zeit ist<br />

das eine wertvolle Erfahrung.<br />

Das ist eine sehr philosophische<br />

Annäherung an<br />

die Weinwelt...<br />

Ja, das stimmt. Ich<br />

glaube, dass alles im<br />

Leben unter einem philosophischen Blickwinkel gesehen<br />

werden kann. Vielleicht hängt diese Sichtweise mit meinen<br />

asiatischen Wurzeln zusammen. Ich bin jedenfalls<br />

davon überzeugt, dass im Weinanbau in Saint-Emilion<br />

und anderswo viel Philosophisches mitschwingt. Die<br />

Menschen hier arbeiten hart, um einen Wein zu schaffen,<br />

der seinen ganz eigenen Charakter besitzt. Das ist doch<br />

sehr philosophisch.<br />

Fast 30 Weingüter im Bordelais sind inzwischen in chinesischer<br />

Hand. Das sorgt für einige<br />

Unruhe unter den Einheimischen.<br />

Man spricht vom Ausverkauf einer alten<br />

Tradition. Wie wurden Sie von den<br />

Franzosen empfangen?<br />

Um ehrlich zu sein: Am Anfang<br />

sprach ich nicht viel mit Franzosen.<br />

Zunächst weil ich kein Französisch<br />

konnte und die meisten Franzosen<br />

kaum oder nur schlecht Englisch.<br />

Außerdem war mir bewusst, dass<br />

ich noch nichts vom Wein verstand.<br />

Deshalb überließ ich anfangs lieber meinen Angestellten<br />

das Geschäft. Ich kann aber sagen, dass ich nie eine Ablehnung<br />

von Seiten der Franzosen spürte. Sie merkten,<br />

dass ich ihnen vertraute und mich für ihre Kultur interessierte.<br />

Ich war motiviert, die Arbeit der Winzer zu verstehen,<br />

und hatte den Ehrgeiz, selbst einen guten Wein herzustellen.<br />

Heute sind wir eine Chance fürs Bordelais, denn<br />

wir vermarkten den Großteil unserer Flaschen in Asien.<br />

Das macht den Wein dort bekannt und eröffnet neue wirtschaftliche<br />

Chancen für das ganze Weinanbaugebiet.<br />

Frankreich erleben · <strong>Juli</strong> / <strong>August</strong> <strong>2013</strong> · 81

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