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Nr. 46 - Juli / August 2013

Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade Bordeaux 2.0 Toulouse: zu Besuch bei Airbus Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr Rezept: Gaspacho de tomates et fraises Genuss: die AOC Burgunds

Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron
Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade
Bordeaux 2.0
Toulouse: zu Besuch bei Airbus
Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr
Rezept: Gaspacho de tomates et fraises
Genuss: die AOC Burgunds

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Rhône-Tal<br />

Oben: Maison de<br />

la Pantoufle. Schon<br />

das Werbeschild<br />

zeigt, dass der<br />

Laden aus einer<br />

anderen Zeit<br />

stammt. Unten: Die<br />

Bäckerei « Chez<br />

Titin ». Rechte Seite:<br />

Impressionen<br />

von Montélimar<br />

sowie das Bistro<br />

« le 45ème ».<br />

Presse sicherlich ausgiebig<br />

behandelt wurde, ich im<br />

entfernten Paris aber nicht<br />

mitbekommen habe: Das<br />

45. Fernmeldebataillon in<br />

Montélimar wurde bei einer<br />

Umstrukturierung des<br />

französischen Militärs am<br />

30. Juni 2000 aufgelöst. Die<br />

Nachricht schlägt bei mir<br />

ein wie eine Bombe. Gleichzeitig<br />

spüre ich, wie meine<br />

leicht gedrückte Stimmung<br />

einer größeren Leichtigkeit<br />

weicht. Ohne die Kasernen<br />

wird es mir leichter fallen,<br />

ein neues Kapitel mit Montélimar<br />

aufzuschlagen.<br />

Montélimar, eine<br />

Stadt mit Ambitionen<br />

Diese Neuigkeit wird nicht die letzte<br />

Überraschung sein, die mich in Montélimar<br />

erwartet. Nachdem mir der Tankwart den<br />

Weg beschrieben hat und ich mein Auto geparkt<br />

habe, stehe ich vor großen Gebäuden,<br />

die perfekt saniert und mit modernen Designelementen<br />

verschönert wurden. « Espace<br />

d’Art Contemporain Saint-Martin », « Musée<br />

d’Art Contemporain Saint-Martin » und<br />

« Office de Tourisme » steht an den Fassaden.<br />

Niemals hätte ich eine so zeitgenössische Architektur<br />

in dieser Stadt erwartet.<br />

Das ganze Ensemble ist geradezu perfekt.<br />

Zwischen den sanierten Gebäuden schufen<br />

Landschaftsarchitekten<br />

einen idyllischen Stadtraum<br />

– mit Wiesen, kleinen<br />

Wasserinnen und Fontänen,<br />

alten Olivenbäumen und<br />

modernen Stühlen, Bänken<br />

und Liegestühlen. Ein paar<br />

Leute haben sich auf einem<br />

Stück Rasen zum Picknick<br />

getroffen. Im Schatten der<br />

Bäume findet sich eine<br />

Handvoll Senioren zum<br />

Klönen zusammen. Die<br />

Atmosphäre ist äußerst<br />

idyllisch und hat nichts<br />

mit meiner Erinnerung an<br />

Montélimar gemein.<br />

Da die Überraschung<br />

so groß ist, realisiere ich<br />

erst im zweiten Moment,<br />

dass diese Gebäude früher meine alte Kaserne<br />

beherbergten. Der Tankstellenwart hat<br />

mir den richtigen Weg gewiesen. Ich kann<br />

nicht fassen, was für ein Schmuckstück aus<br />

den Gebäuden geworden ist. Ich bin schlicht<br />

sprachlos.<br />

Mitten auf dem Platz, wo wir früher auf<br />

einer unwirtlichen Fläche aus Beton und<br />

Asphalt, umgeben von Mauern, als Soldaten<br />

marschieren mussten, existiert eine geradezu<br />

provenzalisch anmutende Allee mit Olivenbäumen.<br />

Hier entdecke ich ein Restaurant,<br />

dessen Name mich zum Lachen bringt: « le<br />

45ème, bistrot d’aujourd’hui ». Untergebracht<br />

ist es in einem Gebäude, das aus den üblichen<br />

Zutaten zeitgenössischer Architektur<br />

besteht: große Fenster, Sichtbeton, Ziegelmauern<br />

und Stahl. Der Kontrast zu meinen<br />

Erinnerungen könnte nicht größer sein.<br />

Kein Zweifel: Montélimar hat den Abzug<br />

militärischer Einrichtungen als Chance für<br />

einen Neuanfang genutzt, anstatt sich seinem<br />

Schicksal zu ergeben.<br />

Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen,<br />

in dieses Bistro, das mit seinem Namen<br />

auf mein Bataillon anspielt, einzukehren.<br />

Neugierig, mehr über den Umbau des alten<br />

Kasernengeländes zu erfahren, fange ich ein<br />

Gespräch mit dem Kellner an. Er erzählt<br />

mir, dass die Neugestaltung der Place Saint-<br />

Martin, dem Herzen des einst acht Hektar<br />

großen Kasernengeländes, vom renommierten<br />

Büro Wilmotte und Partner geleitet<br />

wurde. Das Büro ist weltweit aktiv und hat<br />

beispielsweise das Chiado-Museum in Lissabon<br />

saniert, den Innenausbau des hochgelobten<br />

internationalen Flughafens von Seoul,<br />

Incheon, verantwortet, die Stadtmöbel der<br />

Champs-Elysées entworfen und kürzlich das<br />

neue Mandarin Oriental Hotel in Paris gestaltet.<br />

Montélimar wollte also anscheinend<br />

den großen Wurf. Die Stadt will sich damit<br />

als lokale Hauptstadt etablieren.<br />

« Außerdem », so erzählt mir der Kellner<br />

weiter, « will man auch bei der Infrastruktur<br />

wieder aufschließen ». Die Lage der Stadt im<br />

Rhône-Tal machte Montélimar schon immer<br />

zu einem Verkehrsknotenpunkt, schließlich<br />

ist das Tal eine der wichtigsten Verkehrsachsen<br />

des Landes. So führte früher die berühmte<br />

Route Nationale 7, die Urlaubsroute<br />

der Pariser ans Mittelmeer, durch die Stadt.<br />

Heute übernimmt die Autobahn A7, an der<br />

Montélimar liegt, diese Funktion. Außerdem<br />

sorgte schon früh der TGV für gute Zugverbindungen.<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Juli</strong> / <strong>August</strong> <strong>2013</strong>

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