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Nr. 46 - Juli / August 2013

Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade Bordeaux 2.0 Toulouse: zu Besuch bei Airbus Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr Rezept: Gaspacho de tomates et fraises Genuss: die AOC Burgunds

Atlantikküste: Reif für die Insel(n): Ile de Ré, Ile d'Aix, Fort Boyard, Ile Madame, Ile d'Oléron
Paris: Monnaie de Paris, eine Fabrik hinter königlicher Fassade
Bordeaux 2.0
Toulouse: zu Besuch bei Airbus
Montélimar & Umgebung: eine Reise zwischen gestern und morgen
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr
Rezept: Gaspacho de tomates et fraises
Genuss: die AOC Burgunds

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Etwas erschüttert war ich über den Zustand des Studios.<br />

Sie sehen halbherzig ausgeführte Reparaturarbeiten<br />

von Handwerkern, die ihr Handwerk anscheinend nicht<br />

richtig erlernt haben. Dann steht irgendwo ein Baugerüst.<br />

Das wurde auf die Seite geschoben, aber niemand macht<br />

Anstalten, es zu entfernen.<br />

Dann gibt es einen<br />

abseitigen Winkel, in<br />

dem man Orchesterschlagzeug,<br />

Pauken und<br />

Becken aufnimmt. In<br />

diesem Winkel lagern<br />

aber auch 200 Stühle,<br />

die keiner mehr braucht,<br />

unter einer beeindruckenden<br />

Staubschicht.<br />

Laissez-faire? Ich weiß<br />

es nicht. Dem Besitzer ist das egal. Das ist ein betagter<br />

Beau, der in einem schwarzen Ledermantel herumläuft<br />

und ein Gesicht hat, das von einem wilden Leben erzählt.<br />

Er erinnert an einen Alain Delon mit betont draculöser<br />

Ausstrahlung und sieht aus wie jemand, der nur zwischen<br />

zwölf Uhr mittags und ein Uhr nachts auf die Straße geht.<br />

Aber es war ein tolles Arbeiten. Es war zudem toll,<br />

diese alte Technologie zu nutzen. Das war auch das Plus<br />

unseres Tonmeisters. Der hat den bewusst altmodischen<br />

Sound des Albums so hergestellt, dass man mit historischen<br />

Geräten aufnimmt und das Ergebnis hinterher beim<br />

Mixen behutsam an die modernen Gepflogenheiten anpasst.<br />

Wir haben mit historischen Mikrofonen aufgenommen.<br />

Da war sehr viel Originalperipherie im Spiel, die es<br />

in neueren Studios nicht mehr gibt. Wenn wir das Album<br />

in Deutschland aufgenommen hätten, wäre es ein anderes<br />

geworden.<br />

Warum singen Sie alle Lieder auf Deutsch?<br />

In Frankreich und Italien<br />

gibt es eine hymnische<br />

Verehrung für Schlagersänger.<br />

Da kann man sich<br />

mit drei oder vier schönen<br />

Liedern unsterblich machen.<br />

Diese Kultur haben wir<br />

in Deutschland nicht.<br />

Vor 16 oder 17 Jahren habe ich beschlossen, nur noch<br />

in meiner Muttersprache zu singen. Das ist die Sprache,<br />

in der ich träume und denke, in der ich räsoniere<br />

und schwadroniere, in der ich moderiere<br />

und Witze auf der Bühne erzähle.<br />

Warum sollte ich in einer anderen Sprache<br />

singen? Man muss ja auch ganz klar sagen,<br />

dass nicht alle französischen Chansons<br />

Gedichte von Jacques Prevert sind. Da gibt<br />

es genauso viele fröhliche Schlager wie in<br />

unserer Unterhaltungsmusik. Die Chansons,<br />

die ich ausgewählt habe, sind doch<br />

eher Maurice Chevalier mit dem Strohhut<br />

als Georges Moustaki mit dem Intellektuellenbart.<br />

Ich fühle mich dem Music-Hall-<br />

Varieté-Aspekt des Chansons einfach näher.<br />

Deshalb fällt es mir auch leichter, Lieder von Charles<br />

Trenet zu spielen, als beispielsweise ein Moustaki-Lied zu<br />

interpretieren.<br />

George Moustaki ist vor kurzer Zeit gestorben. Wie stehen<br />

Sie zu ihm?<br />

Georges Moustaki war ein Idol für die Liedermacher<br />

der 1960er-Jahre, die damals mit der Gitarre bewaffnet<br />

Richtung Schloss Waldeck marschiert sind. Sicherlich<br />

einer der Allergrößten, wenngleich auch<br />

für meine Musik ohne direkten Einfluss.<br />

Warum fehlen Lieder von Edith Piaf auf Ihrer<br />

CD?<br />

Edith Piaf und Jacques Brel waren meine<br />

beiden Ausschlusskriterien. Jacques Brel ist in<br />

Deutschland aufs Feinste in französischer Sprache<br />

von Dominique Horwitz und auf Deutsch<br />

von Klaus Hoffmann über viele Jahre über die<br />

Bühnen geschickt worden. Besser geht es nicht, also ist<br />

das ein Thema, dem ich etwas Ruhe gönne. Und was die<br />

Piaf-Lieder angeht: Ich habe einfach auf zu vielen Gala-<br />

Veranstaltungen gespielt, auf der irgendwann eine Sängerin<br />

samt Akkordeonspieler kommt und « Milord » singt.<br />

Das ist für mich totgeritten.<br />

Deshalb entdeckt man auf Ihrer CD auch Neues.<br />

« Boum » gibt es schon seit 1939 auf Deutsch. Aber es<br />

hat sich nicht durchgesetzt. Auch von « La Mer » gab es<br />

bereits 1947 zwei hervorragend gesungene deutsche Versionen.<br />

Das hat sich aber leider auch nicht in den Kanon populärer<br />

deutscher Schlagermusik hinübergerettet. Dabei<br />

war gerade die Version von Liselotte Malkowsky damals<br />

recht populär. Aber diese Aufnahmen sind verklungen. In<br />

Frankreich und Italien gibt es eine hymnische Verehrung<br />

für Schlagersänger. Da kann man sich mit drei oder vier<br />

schönen Liedern unsterblich machen. Diese Kultur haben<br />

wir in Deutschland nicht. Sonst gäbe es Denkmäler für<br />

Liselotte Malkowsky, Evelyn Künneke oder Bully Buhlan.<br />

Aber für Charles Trenet und Dalida gibt es Denkmäler in<br />

Frankreich.<br />

Mit unserem Arbeitsrhythmus<br />

kamen die<br />

französischen Kollegen anfangs<br />

nicht gut zurecht. Wir<br />

standen jeden Morgen um<br />

viertel nach neun vor dem<br />

Studio, wie es verabredet<br />

war. Aber wir standen<br />

auch immer ziemlich<br />

lange alleine da.<br />

Mit welchem Künstler wären<br />

Sie gerne einmal zusammen<br />

aufgetreten?<br />

Sicherlich mit Henri Salvador.<br />

Ich glaube, der ist mir<br />

am nächsten. Seine Mischung<br />

aus extrem sentimental und<br />

wahnsinnig albern finde ich<br />

faszinierend. Salvador hatte<br />

einen total anarchischen Humor.<br />

Die Kinder liebten seine<br />

bekloppten Lieder wie « Juanita Banana ». Er hat einige<br />

der anrührendsten Chansons überhaupt geschrieben wie<br />

« Le petit Indien » oder « Syracuse ». Auf « Dans mon Ile »<br />

Frankreich erleben · <strong>Juli</strong> / <strong>August</strong> <strong>2013</strong> · 73

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