Griaß di´Winter: Zeit zum Träumen
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ALLGÄU TUT GUT | Eine Nacht im Iglu<br />
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Meter über dem Meeresspiegel, fast viereinhalb<br />
Meter Schnee, minus 15 Grad Außentemperatur:<br />
Gebannt stehe ich am Gipfel der Zugspitze und<br />
schaue zu, wie sich die Sonne langsam hinter die<br />
Gipfel schiebt. Sie tut das in den unglaublichsten Farben. Einmal<br />
legt sie alles in einen goldenen Schleier, der in orange und dann<br />
rot übergeht, im nächsten Augenblick ziehen schwarze Schatten<br />
über die Berge und der Himmel färbt sich lila und dunkelblau.<br />
Dann ist Ruhe.<br />
Es ist ein komisches Gefühl, zu so später Stunde noch auf dem<br />
höchsten Gipfel Deutschlands zu stehen und zu wissen, dass die<br />
letzte Bergbahn schon vor ein paar Stunden ins Tal gefahren ist.<br />
„Nun muss ich oben bleiben“, schießt es mir durch den Kopf.<br />
Aber das wollte ich ja auch. Ich bin gekommen, um ein Abenteuer<br />
zu erleben. Ich möchte eine Nacht im Iglu-Dorf verbringen<br />
und den Winter im wahrsten Sinne des Wortes hautnah erleben.<br />
Die kleine Iglu-Gemeinde, die für diesen Tag eine Übernachtung<br />
gebucht hat, trifft sich am späten Nachmittag im Gipfelrestaurant.<br />
Guides geben uns die ersten Informationen, bevor es ins<br />
eisige Dorf geht. Doch wo ist es? Ein Iglu-Dorf, da stellt man<br />
sich ein paar rund geformte Blockhütten aus Eis vor, in die man<br />
kriecht und eingemummelt in einen dicken Schlafsack übernachtet<br />
– eben wie bei den Eskimos. Damals.<br />
Aber heute ist das anders. Wer sich ein klassisches Iglu-Dorf<br />
vorstellt, kann lange suchen. Die modernen Iglus könnte man als<br />
unterirdische Eisstadt bezeichnen. Sie sind nichts anderes als Höhlen<br />
und Gänge, die in einem überdimensionalen Schneehaufen<br />
versteckt sind.<br />
Riesige Luftkissen<br />
Wie ein Iglu-Dorf entsteht? Zuerst werden Luftkissen aufgeblasen:<br />
ein großes und etwa 15 kleinere Kissen, die durch Luftröhren<br />
verbunden sind. Auf diese Luftballons wird Schnee gefräst,<br />
meterhoch. Man lässt den Schnee verdichten und ein paar Nächte<br />
durchfrieren, die Luft entweichen und zieht anschließend die<br />
Luftmatten heraus. Schon hat man ziemlich stabile Hohlräume,<br />
die jedes Jahr unter einem anderen Motto von Bildhauern und<br />
Eiskünstlern feingeschliffen werden. Es entstehen wahre Meisterwerke.<br />
Zweieinhalb Monate bauen die Künstler an dem Konstrukt.<br />
Eine Saison dauert hingegen gerade einmal vier Monate.<br />
Von der Gipfelstation spazieren wir mit Taschenlampen ausgerüstet<br />
durch die Dunkelheit. Der Schnee knirscht unter unseren<br />
Füßen. Zehn Minuten später stehen wir vor dem Iglu-Dorf. Ich<br />
sehe nur eine Holztür in einem Schneehaufen. Immer noch kann<br />
ich mir nicht wirklich vorstellen, wie es dahinter aussieht. Doch<br />
dann öffnet sich die Tür und wir tauchen ein in eine andere Welt,<br />
bestehend aus Eis und Schnee. Wir laufen durch weite Gänge, die<br />
sich wie ein Hotelflur durch den Schneeberg schlängeln – links<br />
und rechts davon geht’s in die Iglu-Zimmer. Jedes schmückt eine<br />
eigene Eisskulptur, je nach Thema individuell gestaltet. Au-<br />
58 | <strong>Griaß</strong> di’ Allgäu