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Griaß di´Winter: Zeit zum Träumen

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ALLGÄU TUT GUT | Eine Nacht im Iglu<br />

2962 ...<br />

Meter über dem Meeresspiegel, fast viereinhalb<br />

Meter Schnee, minus 15 Grad Außentemperatur:<br />

Gebannt stehe ich am Gipfel der Zugspitze und<br />

schaue zu, wie sich die Sonne langsam hinter die<br />

Gipfel schiebt. Sie tut das in den unglaublichsten Farben. Einmal<br />

legt sie alles in einen goldenen Schleier, der in orange und dann<br />

rot übergeht, im nächsten Augenblick ziehen schwarze Schatten<br />

über die Berge und der Himmel färbt sich lila und dunkelblau.<br />

Dann ist Ruhe.<br />

Es ist ein komisches Gefühl, zu so später Stunde noch auf dem<br />

höchsten Gipfel Deutschlands zu stehen und zu wissen, dass die<br />

letzte Bergbahn schon vor ein paar Stunden ins Tal gefahren ist.<br />

„Nun muss ich oben bleiben“, schießt es mir durch den Kopf.<br />

Aber das wollte ich ja auch. Ich bin gekommen, um ein Abenteuer<br />

zu erleben. Ich möchte eine Nacht im Iglu-Dorf verbringen<br />

und den Winter im wahrsten Sinne des Wortes hautnah erleben.<br />

Die kleine Iglu-Gemeinde, die für diesen Tag eine Übernachtung<br />

gebucht hat, trifft sich am späten Nachmittag im Gipfelrestaurant.<br />

Guides geben uns die ersten Informationen, bevor es ins<br />

eisige Dorf geht. Doch wo ist es? Ein Iglu-Dorf, da stellt man<br />

sich ein paar rund geformte Blockhütten aus Eis vor, in die man<br />

kriecht und eingemummelt in einen dicken Schlafsack übernachtet<br />

– eben wie bei den Eskimos. Damals.<br />

Aber heute ist das anders. Wer sich ein klassisches Iglu-Dorf<br />

vorstellt, kann lange suchen. Die modernen Iglus könnte man als<br />

unterirdische Eisstadt bezeichnen. Sie sind nichts anderes als Höhlen<br />

und Gänge, die in einem überdimensionalen Schneehaufen<br />

versteckt sind.<br />

Riesige Luftkissen<br />

Wie ein Iglu-Dorf entsteht? Zuerst werden Luftkissen aufgeblasen:<br />

ein großes und etwa 15 kleinere Kissen, die durch Luftröhren<br />

verbunden sind. Auf diese Luftballons wird Schnee gefräst,<br />

meterhoch. Man lässt den Schnee verdichten und ein paar Nächte<br />

durchfrieren, die Luft entweichen und zieht anschließend die<br />

Luftmatten heraus. Schon hat man ziemlich stabile Hohlräume,<br />

die jedes Jahr unter einem anderen Motto von Bildhauern und<br />

Eiskünstlern feingeschliffen werden. Es entstehen wahre Meisterwerke.<br />

Zweieinhalb Monate bauen die Künstler an dem Konstrukt.<br />

Eine Saison dauert hingegen gerade einmal vier Monate.<br />

Von der Gipfelstation spazieren wir mit Taschenlampen ausgerüstet<br />

durch die Dunkelheit. Der Schnee knirscht unter unseren<br />

Füßen. Zehn Minuten später stehen wir vor dem Iglu-Dorf. Ich<br />

sehe nur eine Holztür in einem Schneehaufen. Immer noch kann<br />

ich mir nicht wirklich vorstellen, wie es dahinter aussieht. Doch<br />

dann öffnet sich die Tür und wir tauchen ein in eine andere Welt,<br />

bestehend aus Eis und Schnee. Wir laufen durch weite Gänge, die<br />

sich wie ein Hotelflur durch den Schneeberg schlängeln – links<br />

und rechts davon geht’s in die Iglu-Zimmer. Jedes schmückt eine<br />

eigene Eisskulptur, je nach Thema individuell gestaltet. Au-<br />

58 | <strong>Griaß</strong> di’ Allgäu

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