Griaß di´Winter: Zeit zum Träumen
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ALLGÄU ENTDECKEN | Faszination Schnee<br />
in einem stetigen Umwandlungsprozess befinden, in einer<br />
ständigen Metamorphose. Diese beginnt bereits, wenn die<br />
Erdanziehungskraft und der Wind die Schneeflocken durch die<br />
Atmosphäre wirbeln und die Kristalle durch unterschiedlich<br />
temperierte und feuchte Luftschichten fallen. Dabei kann man<br />
beobachten, dass die vom Himmel fallenden Neuschnee-Kristalle<br />
stets eine sechseckige Form als Grundmuster haben – Experten<br />
sprechen von einer hexagonalen Struktur.<br />
Unter dem Mikroskop erschließt sich dem Betrachter eine<br />
schier endlos erscheinende Vielfalt von Kristallen, Sternen,<br />
Stiften und verschiedenen Verästelungen, von becherförmigen<br />
Kleinstgestalten und von Prismen unterschiedlichster Größe.<br />
Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass jede Flocke ein Unikat<br />
ist. Kein Schneekristall gleicht dem anderen. Denn zu individuell<br />
ist die Entstehungs- und Umwandlungsgeschichte jeder<br />
Flocke. Damit überhaupt Schneeflocken entstehen können, muss<br />
die Temperatur in einer Wolke unter null Grad liegen.<br />
Dann legt sich Luftfeuchtigkeit um einen Kondensationskern<br />
– ein kleinstes natürliches Staubpartikel, das bei Temperaturen<br />
im Plus-Bereich auch für die Entstehung von Regentropfen notwendig<br />
ist.<br />
Sind die Schneekristalle groß und schwer genug, beginnen sie,<br />
auf den Boden zu fallen. Getrieben von Schwerkraft<br />
und Wind tanzen sie hinab, bis zu 95 Prozent<br />
beträgt der Luftanteil einer Schneeflocke. Die<br />
größten je beobachteten Flocken hatten einen<br />
Durchmesser von zwölf Zentimetern, der Durchschnitt liegt<br />
bei weniger als drei Zentimetern.<br />
Die anmutig vom Himmel tanzenden Flocken, der verschneite<br />
Winterwald oder die wie in weiße Watte gepackte Landschaft<br />
sind aber nur eine Seite des Naturphänomens Schnee. Schadenträchtige<br />
Großlawinen, die in den Alpen jährlich bis zu 200 Todesopfer<br />
fordern, Siedlungen und Verkehrswege unter sich begraben,<br />
sind die Kehrseite der Medaille.<br />
Der Lawinenwinter 1998/99 mit der Katastrophe von Galtür<br />
in Tirol hat im Alpenraum hunderte von Menschen das Leben<br />
gekostet und allein in der Schweiz einen Sachschaden von 350<br />
Millionen Euro angerichtet. Der vergangene Winter forderte<br />
nach Lawinen ebenfalls seine Opfer. Im Allgäu vor allem in den<br />
Bergwäldern.<br />
Seit Jahrhunderten hat der Mensch versucht, Gesetzmäßigkeiten<br />
der Entwicklung von Lawinen zu durchschauen – aufgrund<br />
der überaus komplizierten Materie aber nur mit mäßigem Erfolg.<br />
Das Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos<br />
(Schweiz) gilt seit über 80 Jahren als die Adresse der Schnee-<br />
Wissenschaft. Weil jahrzehntelang in einem oft falsch verstandenen<br />
Interesse von Verkehr und Tourismus zu weit in lawinengefährdete<br />
Gebiete gebaut worden ist, kommt dem vorbeugenden<br />
Schutz heute eine ganz wichtige Rolle zu. Dabei geht es um teure<br />
Lawinen-Verbauungen aus Holz und Metall, vor<br />
allem aber um die Pflege und die Neuanpflanzung<br />
eines stabilen Bergwaldes im alpinen<br />
„Ei, beim Herakles,<br />
das ist ja ein Ding,<br />
kleiner als ein Tropfen,<br />
dazu von regelmäßiger<br />
Gestalt...“<br />
Fotos rechts: Schnee kann sogar<br />
ein Haus dekorieren (wie hier auf dem Nebelhorn)<br />
und in vielen Formen auftreten –<br />
<strong>zum</strong> Beispiel als zackiges Eiskristall.<br />
88 | <strong>Griaß</strong> di’ Allgäu