SPIEGEL START 01/2021
Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Das Magazin für Uni und Arbeit
SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.
Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.
Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
STUDIUM UND BERUFSEINSTIEG
BACHELOR OF
CORONA
Die Pandemie hat Studierenden viel abverlangt – eine ganze Generation
wurde von der Politik ignoriert. Zugleich hat Corona gezeigt, dass Uni
auch anders geht. Den Hochschulbetrieb könnte das nachhaltig verändern.
TEXT MARIE-CHARLOTTE MAAS
FOTOS BETTINA THEUERKAUF, LISA NOTZKE, MARINA WEIGL
I
rgendwann verlor Betty Lohmeyer die Geduld. Im März,
als der lange Shutdownwinter sich langsam seinem Ende
näherte, nach zwölf Monaten im Homeoffice, hatte die
25-jährige Studentin die Nase voll. Von der Ungewissheit,
von den immer gleichen Vertröstungen durch Politik und Uni -
bürokratie, von dem Versprechen, dass es bestimmt bald zurück
in die Präsenzlehre gehe. »Ich hatte monatelang tagein, tagaus zu
Hause gesessen, virtuelle Vorlesungen besucht und allein für meine
Klausuren gelernt – anfangs noch mit dem Gefühl, einen Beitrag
für die Gemeinschaft zu leisten. Doch als dann nach und nach
viele wieder ins normale Leben zurückkehrten,
als immer mehr Ältere geimpft wurden und es
hieß, dass die Schulen zurück in den Präsenz -
unterricht sollten, während zugleich nicht ein
Wort über uns Studierende verloren wurde,
fühlte ich mich einfach nur noch abgehängt.«
Es war der Moment, so erzählt es Loh -
meyer heute, an dem ihre Geduld in Frustration
umschlug. Eine Frustration, die sich wenig später
als Antriebskraft erweisen sollte.
Lohmeyer hat im Herbst 2020 ihren Bachelor
in Wirtschaft und Politik abgeschlossen
und studiert jetzt den Master International Business and Sustain -
ability an der Uni Hamburg. Sie ist eine von knapp drei Millionen
Studierenden in Deutschland, die vor anderthalb Jahren aus der
Normalität ihres Hochschullebens geschleudert wurden – hinein
in einen sonderbaren Schwebezustand, in dem von ihnen erwartet
wurde, dass sie mit dem Lernen weitermachen, aber ohne das
akademische und soziale Gerüst des Unialltags. Welche Zumutung
das war und immer noch ist, welche Belastung für die Psyche
vieler Studierender, das schien für Politik und Gesellschaft nur
eine untergeordnete Rolle zu spielen. Eine Generation Studierender
ist in der Coronakrise schlicht vergessen worden.
»Als viele wieder
ins normale Leben
zurück kehrten,
fühlte ich mich
abgehängt.«
Betty Lohmeyer, Studentin
Als die Pandemie im März 2020 Deutschland erreichte,
wurden Hochschulen, Bibliotheken und Mensen geschlossen,
Campusse lagen verwaist. Auf der Tagesordnung standen in den
folgenden Monaten unzählige Stunden vor dem Laptop, Gruppen -
arbeiten über Zoom oder Microsoft Teams. Wenn zwischendurch
doch mal Treffen mit Kommiliton:innen möglich waren oder persönliche
Gespräche mit Lehrenden, wirkten sie wie Relikte aus
längst vergangenen Zeiten. Manch einer zog zurück ins Kinderzimmer,
viele verloren nicht nur die sozialen Kontakte, sondern
auch ihre Nebenjobs.
Anderthalb Jahre lang veränderte sich für
die Studierenden wenig. Im Wintersemester
soll nun endlich Normalität auf die Campusse
der Republik zurückkehren, so zumindest das
offizielle Versprechen. Die Hochschulen wollen
wieder mehr Präsenz wagen, die Mensen wieder
mehr Miteinander erlauben. Lange war
nicht überall klar, wie das funktionieren soll –
ob mit Abstand oder Maske, ob nur für Ge -
impfte, Genese und Getestete, und wer wird
das alles kontrollieren? Doch Studieren soll
möglichst wieder der soziale Prozess werden,
der es für viele vor der Pandemie war, darüber ist man sich einig.
Wird es also bald vorbei sein mit der Corona-Uni? Wird man irgendwann
alles vergessen, das Chaos, den Frust, die Einsamkeit?
Hört man sich um an den Hochschulen in Deutschland,
glauben daran nur wenige. Viele sind nach wie vor skeptisch, ob
die Rückkehr zur Präsenzlehre im Winter wirklich gelingt, zumal
wenn die Infektionszahlen steigen oder es eine neue Virusmutante
gibt. Und selbst wenn: Corona hat den Hochschulbetrieb verändert
– und die Studierenden. Nach anderthalb Jahren Pandemie gibt
es längst eine neue Normalität. Und so ist es an der Zeit für eine
Zwischenbilanz: Was wird bleiben von den Pandemieerfahrun-
Nr. 1 / 2. 10. 2021 SPIEGEL START 11